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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen — Petersberg: Imhof, Heft 41.2014

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Zum Personenkreis in der Wandmalereirestaurierung Niedersachsens
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Zum Personenkreis in der Wandmalereirestaurierung Niedersachsens

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die Vermeidung von Übermalungen und umfangrei-
chen Ergänzungen lassen konservatorische Ansichten
erkennen. Die Konservatoren konnten die Kirchenge-
meinden und Maler aber in vielen Fällen offenbar
nicht von ihren Ansichten überzeugen, denn häufig
kam es bei den Restaurierungen zu umfangreichen
Übermalungen. Dass die Konservatoren dennoch
kaum von ihrem Recht auf Sistierung der Arbeiten
Gebrauch machten, lässt sich dahingehend interpre-
tieren, dass sie keine ständige Kontrolle über die
Einhaltung der Vorgaben hatten. Mangelnde eigene
praktische Erfahrung und Vorbilder sowie ein unzurei-
chendes Angebot an qualifizierten Kirchenmalern
mögen weitere Gründe sein. Bei anstehenden Restau-
rierungen empfahlen die Konservatoren jedenfalls
immer wieder dieselben Kirchenmaler.
Die hannoverschen wie die übrigen preußischen
Denkmalpfleger waren darauf angewiesen, dass ihre
Vertrauensmänner denkmalpflegerisch relevante,
geplante Veränderungen meldeten oder dass Kirchen-
gemeinden und Privateigentümer sich aus eigener
Initiative an sie wandten. Da die denkmalpflegeri-
schen Bestimmungen für Eigentümer auch Belastun-
gen und Pflichten bedeuteten, hatten die Konserva-
toren viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Letztlich
waren ihre Möglichkeiten eingeschränkt und sie hat-
ten Kompromisse einzugehen.
Im Herzogtum Oldenburg zog der Oberkirchenrat für
denkmalpflegerische Entscheidungen externe Berater
hinzu.159 Er hatte beispielsweise 1896 der Edewechter
Nikolaigemeinde den Direktor des Kunstgewerbemu-
seums, Georg Hermann Narten, als Sachverständigen
empfohlen, der Maßnahmenvorschläge und eine
Kostenkalkulation für die Restaurierung des Altars
anfertigen sollte.160 Freilegeproben an den Wänden
der Alexanderkirche in Wildeshausen, die der Direktor
des Stadtarchivs, Baurat Sello, 1892 offenbar eigen-
mächtig vorgenommen hatte, wurden dagegen vom
Oberkirchenrat missbilligend betrachtet.161
Staatlicher Denkmalpfleger für Baudenkmäler war
von 1911 bis 1924 Baurat Rauchheld, anschließend
Regierungsbaurat Wohlschläger.162 Über ihre Tätigkei-
ten im Zusammenhang mit den in dieser Arbeit be-
handelten Wandmalereien besteht keinerlei Kennt-
nis.163
Einzig belegt ist eine rege Korrespondenz zwischen
dem Kirchenmaler Morisse und dem Vorsitzenden des
Vereins für Altertumskunde und Landesgeschichte,
Professor Rüthning, der sich für die Verbreitung der
Ergebnisse der Restaurierungen und auch für deren
Teilfinanzierung einsetzte.164
Im braunschweigischen Raum setzte sich seit 1902
vor allem der Ausschuss für Denkmalpflege für die
denkmalpflegerischen Belange ein. Der Architekt und
geheime Baurat Hans Pfeifer war in der herzoglichen
Baudirektion in Braunschweig tätig und Gründungs-
mitglied des Ausschusses für Denkmalpflege. Pfeifer

hatte die Leitung über die Instandsetzungsmaß-
nahmen in der Kirche zu Braunschweig-Melverode.
Der Initiative des Denkmalpflegeausschusses war es
zu verdanken, dass in Melverode vor Beginn der
Restaurierung detaillierte Zeichnungen und Kopien
der Wandmalereien hergestellt und fundierte kunst-
historische und ikonografische Studien angestellt
wurden. Die anschließende Restaurierung deutet auf
ein Bewusstsein über den Wert des Originals, auf die
Kenntnis vergleichbarer Beispiele und damit auf eine
aktive Teilnahme am Geschehen in Denkmalpflege
und Restaurierung hin.
Ganz andere Kräfte bewirkten den Umbau des Braun-
schweiger Doms von 1935-1940, der nicht aus denk-
malpflegerischen Gründen begonnen wurde, sondern
vor allem dem Plan zur Schaffung eines Staatsdomes
unterlag. Dieses Projekt begann mit Öffnung und
Umbau der Gruft Heinrichs des Löwen. Nach der
nationalsozialistischen Ideologie bot sich der Braun-
schweiger Dom besonders an, da Heinrich der Löwe
als Vorläufer der nationalen Politik Hitlers angesehen
wurde. Der Gruftumbau wurde initiiert durch den
braunschweigischen Ministerpräsidenten Dietrich
Klagges, der bereits seit 1925 Mitglied der nationalso-
zialistische Partei war und enge Kontakte zu Adolf
Hitler pflegte. Durch Vermittlung Hitlers wurden die
Architekten Walter und Johannes Krüger aus Berlin
mit den Entwürfen zum Gruftumbau beauftragt.155
Der viel weitreichendere Umbau des Doms, der nach
den ersten Grabungen und Entwürfen zur Gruftum-
gestaltung folgte, ist jedoch nach der jüngsten
Publikation durch van Dyke und Fuhrmeister nicht
mehr Klagges, sondern vielmehr Johannes Duerkop,
dem Direktor des Vaterländischen Museums in Braun-
schweig und Referenten beim braunschweigischen
Volksbildungsministerium, zuzuschreiben.166 Duerkop
war es, der 1936 ein Gutachten über die Ausmalung
des Braunschweiger Doms verfasste und die
Malereien des späten 19. Jahrhunderts als wertlos
bezeichnete. Daraufhin beauftragten die Architekten
Krüger den Maler Rudolf Curdt mit Freilegungsproben
der mittelalterlichen Malereien, deren Ergebnisse von
Duerkop begeistert aufgenommen wurden. Er emp-
fahl daraufhin die Restaurierung des gesamten
Hauptschiffs, wobei Malereien und Ausstattung des
19. Jahrhunderts zu entfernen seien. Obwohl Duer-
kops Vorschläge in ihrer äußerst purifizierenden Form
viel weiter gingen als die bisherige Planung, wurden
sie weitgehend angenommen.167 Klagges stand ver-
mutlich hinter den Plänen Duerkops, denn von ihm
stammt ein Schreiben von 1938, das die Wiederauf-
stellung des neuzeitlichen Inventars aus denkmalpfle-
gerischen Gründen als unmöglich bezeichnete, da
dadurch der Dom als altdeutsches Bauwerk beein-
trächtigt würde.168
Für die ev.-luth. Landeskirche Hannovers waren zwi-
schen 1899 und 1939 drei Konsistorialbaumeister
 
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