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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Anhang vollständig abgedruckt sind. Weiter enthält
das Handbuch eine Definition vorgeschichtlicher und
geschichtlicher Denkmale und ein Glossar denkmal-
pflegerischer und kunsthistorischer Fachbegriffe.
Innerhalb der Provinz waren alle Konservatoren über
die reine Denkmalinventarisation und beratende Tä-
tigkeiten hinaus in Form von Publikationen und Vor-
trägen aktiv. Reimers publizierte in den Jahrbüchern
des Provinzialmuseums150 über die Restaurierung ver-
schiedener Altarbilder und zeigte dabei fortgeschritte-
ne konservatorische Ansätze. So machte er deutlich,
dass Restaurierungen für kirchliche Zwecke anderen
Ansprüchen genügen müssten als solche für die mu-
seale Präsentation. Liturgische Zusammenhänge
müssten gewahrt und Darstellungen daher erkennbar
sein. Die Folgerung daraus wäre jedoch nicht die
Übermalung oder Rekonstruktion eines Bildes, son-
dern vielmehr die Durchführung von zurückhaltenden
Ergänzungen.
Auch durch Vorträge versuchte er das Fachpublikum
für die Sache der Denkmalpflege zu gewinnen. So
sprach er im Historischen Verein für Niedersachsen
1909 zur Geschichte und zu den Aufgaben der
Denkmalpflege und beklagte die fehlende Informa-
tionsweitergabe der Vertrauensmänner für die
Denkmalpflege, die den Provinzialkonservator über
geplante Instandsetzungen und Umbauten zu infor-
mieren hatten.151 Ferner wies er darauf hin, dass
Restaurierungen sachgemäß durchzuführen seien.
Grundsatz der Denkmalpflege sei es, dass „nach
Möglichkeit nur die Substanz zu festigen und von
weitergehender Restaurierung und Neubemalung
abzusehen"’52 sei. Er wandte sich gegen solche Maler-
und Restaurierungsfirmen, die, ohne Sinn und Gespür
für das Alter eines Denkmals, mehr renovierten als
konservierten. „Das ... sind unsere grimmigsten Fein-
de, die Kosmeten mit ihrer Schönmacherei, die keinen
Riß und keinen Sprung sehen können, ohne ihn zu
überkleistern und mit möglichst bunten Farben anzu-
streichen."153
Heinrich Siebern hatte bereits vor seiner Tätigkeit als
Provinzialkonservator an der Inventarisierung der han-
noverschen Denkmale mitgearbeitet und widmete
sich auch während seiner Tätigkeit als Provinzialkon-
servator verstärkt dieser Aufgabe. Unter ihm als Bear-
beiter entstanden zahlreiche Inventarisationsbände.
Die schriftlichen Quellen zu den ausgewählten Wand-
malereien lassen ihn auch als engagierten Konser-
vator erscheinen, der im Grunde eine konservatori-
sche Herangehensweise zeigte, diese aber nicht
immer durchsetzen konnte.154
Hermann Deckert setzte sich nach dem Zweiten
Weltkrieg besonders für die Eigenständigkeit der
Denkmalpflege ein und hielt es für unabdingbar, dass
die Konservatoren ein Einspruchsrecht bei allen denk-
malpflegerischen Belangen hätten. Er schlug die
Einrichtung wissenschaftlicher Forschungsstellen und
die Gründung einer Kommission unter Hinzuziehung
von Restauratoren vor, die sich mit Ausbildungsfragen
und mit der Organisation von Restaurierungen
beschäftigen sollten.155 Zudem war er seit 1949 Grün-
dungsmitglied des Arbeitsausschusses des Evange-
lischen Kirchbautages und hielt bei dessen Veran-
staltungen regelmäßig Vorträge zur Restaurierung
kirchlicher Denkmale.
Im hessischen, zu Preußen gehörenden Teil der Graf-
schaft Schaumburg wirkte von 1915-1926 der als
Konservator für den Bezirk Hessen-Kassel zuständige
Architekt und Kunsthistoriker Alois Holtmeyer. In der
Denkmalinventarisation für den Regierungsbezirk
Kassel war er von 1907 bis 1928 tätig. Daneben war
er als Landbauinspektor für die Hochbauverwaltung
der Reichsbahn in Kassel mit Entwurf und Bau ver-
schiedener Bahngebäude beschäftigt.
Holtmeyers denkmalpflegerische Grundsätze waren
stark konservatorisch geprägt. Die Quellen zur
Restaurierung der Chorausmalung der Kirche zu
Auetal-Hattendorf belegen, dass er Übermalungen
und Rekonstruktionen der mittelalterlichen Ausma-
lung ablehnte, dem Wunsch der Kirchengemeinde
aber insofern entgegen kam, dass er der Rekonstruk-
tion der dekorativen Malerei zustimmte. Seine
Aussagen deuten auf fortschrittliche Methoden in der
denkmalpflegerischen Arbeit hin. Neben einer ableh-
nenden Haltung gegenüber der Überarbeitung und
Verfälschung historischer Kunstwerke vertrat er die
Ansicht, dass malerische Neuschöpfungen nicht als
Imitation historischer Stile, sondern als zeitgenössi-
sche Kunst zum Ausdruck kommen sollten.157 Holt-
meyer war in seinem Bezirk engagiert und progressiv.
Überregional gehört er jedoch nicht zu den bekann-
ten Persönlichkeiten in der Geschichte der Denk-
malpflege.
Dem Schriftverkehr zu den Restaurierungen der aus-
gewählten Wandmalereien ist zu entnehmen, dass die
Konservatoren ihrer Beratungsaufgabe nachkamen.
Den Bitten von Kirchengemeinden um Ortsbegehun-
gen und fachlichen Rat folgte im allgemeinen recht
zügig ein Besuch oder doch zumindest eine schriftli-
che Empfehlung. Letztere betraf auch die Beschäf-
tigung von erfahrenen Kirchenmalern für Restaurie-
rungen. Eine kontinuierliche Betreuung der Restau-
rierungsmaßnahmen von Seiten der Provinzialkonser-
vatoren erfolgte dagegen nicht, was bei der großen
Zahl an denkmalpflegerisch zu betreuenden Objekten
allein aus Kapazitätsgründen auch nicht hätte
gewährleistet werden können. So sind beispielsweise
für den Zeitraum März 1910 bis März 1911 für die
Provinz Hannover 240, für den gleichen Zeitraum
1913/14 226 denkmalpflegerische Maßnahmen ver-
zeichnet.158
Praktisch-methodische Anweisungen bezüglich der
Restaurierungen sind in den Quellen spärlich und,
wenn vorhanden, allgemein gehalten. Hinweise auf
Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen
Anhang vollständig abgedruckt sind. Weiter enthält
das Handbuch eine Definition vorgeschichtlicher und
geschichtlicher Denkmale und ein Glossar denkmal-
pflegerischer und kunsthistorischer Fachbegriffe.
Innerhalb der Provinz waren alle Konservatoren über
die reine Denkmalinventarisation und beratende Tä-
tigkeiten hinaus in Form von Publikationen und Vor-
trägen aktiv. Reimers publizierte in den Jahrbüchern
des Provinzialmuseums150 über die Restaurierung ver-
schiedener Altarbilder und zeigte dabei fortgeschritte-
ne konservatorische Ansätze. So machte er deutlich,
dass Restaurierungen für kirchliche Zwecke anderen
Ansprüchen genügen müssten als solche für die mu-
seale Präsentation. Liturgische Zusammenhänge
müssten gewahrt und Darstellungen daher erkennbar
sein. Die Folgerung daraus wäre jedoch nicht die
Übermalung oder Rekonstruktion eines Bildes, son-
dern vielmehr die Durchführung von zurückhaltenden
Ergänzungen.
Auch durch Vorträge versuchte er das Fachpublikum
für die Sache der Denkmalpflege zu gewinnen. So
sprach er im Historischen Verein für Niedersachsen
1909 zur Geschichte und zu den Aufgaben der
Denkmalpflege und beklagte die fehlende Informa-
tionsweitergabe der Vertrauensmänner für die
Denkmalpflege, die den Provinzialkonservator über
geplante Instandsetzungen und Umbauten zu infor-
mieren hatten.151 Ferner wies er darauf hin, dass
Restaurierungen sachgemäß durchzuführen seien.
Grundsatz der Denkmalpflege sei es, dass „nach
Möglichkeit nur die Substanz zu festigen und von
weitergehender Restaurierung und Neubemalung
abzusehen"’52 sei. Er wandte sich gegen solche Maler-
und Restaurierungsfirmen, die, ohne Sinn und Gespür
für das Alter eines Denkmals, mehr renovierten als
konservierten. „Das ... sind unsere grimmigsten Fein-
de, die Kosmeten mit ihrer Schönmacherei, die keinen
Riß und keinen Sprung sehen können, ohne ihn zu
überkleistern und mit möglichst bunten Farben anzu-
streichen."153
Heinrich Siebern hatte bereits vor seiner Tätigkeit als
Provinzialkonservator an der Inventarisierung der han-
noverschen Denkmale mitgearbeitet und widmete
sich auch während seiner Tätigkeit als Provinzialkon-
servator verstärkt dieser Aufgabe. Unter ihm als Bear-
beiter entstanden zahlreiche Inventarisationsbände.
Die schriftlichen Quellen zu den ausgewählten Wand-
malereien lassen ihn auch als engagierten Konser-
vator erscheinen, der im Grunde eine konservatori-
sche Herangehensweise zeigte, diese aber nicht
immer durchsetzen konnte.154
Hermann Deckert setzte sich nach dem Zweiten
Weltkrieg besonders für die Eigenständigkeit der
Denkmalpflege ein und hielt es für unabdingbar, dass
die Konservatoren ein Einspruchsrecht bei allen denk-
malpflegerischen Belangen hätten. Er schlug die
Einrichtung wissenschaftlicher Forschungsstellen und
die Gründung einer Kommission unter Hinzuziehung
von Restauratoren vor, die sich mit Ausbildungsfragen
und mit der Organisation von Restaurierungen
beschäftigen sollten.155 Zudem war er seit 1949 Grün-
dungsmitglied des Arbeitsausschusses des Evange-
lischen Kirchbautages und hielt bei dessen Veran-
staltungen regelmäßig Vorträge zur Restaurierung
kirchlicher Denkmale.
Im hessischen, zu Preußen gehörenden Teil der Graf-
schaft Schaumburg wirkte von 1915-1926 der als
Konservator für den Bezirk Hessen-Kassel zuständige
Architekt und Kunsthistoriker Alois Holtmeyer. In der
Denkmalinventarisation für den Regierungsbezirk
Kassel war er von 1907 bis 1928 tätig. Daneben war
er als Landbauinspektor für die Hochbauverwaltung
der Reichsbahn in Kassel mit Entwurf und Bau ver-
schiedener Bahngebäude beschäftigt.
Holtmeyers denkmalpflegerische Grundsätze waren
stark konservatorisch geprägt. Die Quellen zur
Restaurierung der Chorausmalung der Kirche zu
Auetal-Hattendorf belegen, dass er Übermalungen
und Rekonstruktionen der mittelalterlichen Ausma-
lung ablehnte, dem Wunsch der Kirchengemeinde
aber insofern entgegen kam, dass er der Rekonstruk-
tion der dekorativen Malerei zustimmte. Seine
Aussagen deuten auf fortschrittliche Methoden in der
denkmalpflegerischen Arbeit hin. Neben einer ableh-
nenden Haltung gegenüber der Überarbeitung und
Verfälschung historischer Kunstwerke vertrat er die
Ansicht, dass malerische Neuschöpfungen nicht als
Imitation historischer Stile, sondern als zeitgenössi-
sche Kunst zum Ausdruck kommen sollten.157 Holt-
meyer war in seinem Bezirk engagiert und progressiv.
Überregional gehört er jedoch nicht zu den bekann-
ten Persönlichkeiten in der Geschichte der Denk-
malpflege.
Dem Schriftverkehr zu den Restaurierungen der aus-
gewählten Wandmalereien ist zu entnehmen, dass die
Konservatoren ihrer Beratungsaufgabe nachkamen.
Den Bitten von Kirchengemeinden um Ortsbegehun-
gen und fachlichen Rat folgte im allgemeinen recht
zügig ein Besuch oder doch zumindest eine schriftli-
che Empfehlung. Letztere betraf auch die Beschäf-
tigung von erfahrenen Kirchenmalern für Restaurie-
rungen. Eine kontinuierliche Betreuung der Restau-
rierungsmaßnahmen von Seiten der Provinzialkonser-
vatoren erfolgte dagegen nicht, was bei der großen
Zahl an denkmalpflegerisch zu betreuenden Objekten
allein aus Kapazitätsgründen auch nicht hätte
gewährleistet werden können. So sind beispielsweise
für den Zeitraum März 1910 bis März 1911 für die
Provinz Hannover 240, für den gleichen Zeitraum
1913/14 226 denkmalpflegerische Maßnahmen ver-
zeichnet.158
Praktisch-methodische Anweisungen bezüglich der
Restaurierungen sind in den Quellen spärlich und,
wenn vorhanden, allgemein gehalten. Hinweise auf