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Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Gewölbe- und Wandmalereien im Gebiet des heutigen Niedersachsen

Denkmalpflege in den ehemaligen Ländern Niedersachsens

Denkmalpflege innerhalb der staatlichen
und kirchlichen Verwaltung
Staatliche Denkmalpflege
Hannover unterstand als preußische Provinz (1866-
1918) der Gesetzgebung des preußischen Königs und
unterlag, wie alle anderen preußischen Länder, den
für Preußen geltenden denkmalpflegerischen
Bestimmungen. Braunschweig, Oldenburg und
Schaumburg-Lippe hatten als selbstverwaltete Länder
einen Sonderstatus und auch eine eigene
Denkmalpflege. Um ihre Souveränität zu wahren, hat-
ten sie sich jedoch in politischer Hinsicht stark an
Preußen angepasst.32 Ähnliches galt auch für denk-
malpflegerische Belange.33
Die Richtlinien für die Denkmalpflege seit 1900 hatten
ihre Grundlage zum großen Teil in Entwicklungen des
19. Jahrhunderts, so dass zunächst ein kurzer
Rückblick zu den Anfängen der institutionalisierten
Denkmalpflege in Preußen erfolgt.
1843 war durch eine Kabinettorder des preußischen
Königs Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) das Amt
eines Konservators begründet worden. Auf den dies-
bezüglichen Zirkularerlass vom 24. Januar 184434
stützten sich auch noch die späteren Verfügungen in
der Monarchie, als es bereits zur Gründung von
Provinzialkonservatorenstellen und einer kommuna-
len Selbstverwaltung der Provinzen gekommen war.
Der Zirkularerlass beinhaltete Aufgaben, Rechte und
Pflichten für den preußischen Konservator der
Kunstdenkmäler. Dieser hatte die Aufgaben sich einen
Überblick über die Denkmale der Monarchie zu ver-
schaffen und deren Inventarisation zu organisieren
und zu prüfen. Außerdem war er zur Planung und
Begutachtung von Restaurierungsvorhaben verpflich-
tet, hatte den Zustand von Denkmälern zu prüfen und
den Fortgang von Restaurierungsarbeiten zu überwa-
chen. Der Konservator der Kunstdenkmäler mit Sitz in
Berlin war direkt dem Königlichen Ministerium der
geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen-
heiten [Kultusministerium] unterstellt. Erster Inhaber
des Amtes seit 1843 war Ferdinand von Quast (1807-
1877).35
1866 fielen außer Hannover noch weitere, bis dahin
eigenständig verwaltete Länder an Preußen, so dass
der Arbeits- und Verwaltungsaufwand der Denkmal-
pflege durch Vergrößerung des Staatsgebietes und
durch wachsendes Interesse an der Erhaltung von
Denkmälern größer wurde und durch eine Person
nicht länger geleistet werden konnte.36 Zusammen
mit dem preußischen Konservator wirkten als staatli-
che Organe fortan die Oberpräsidenten und Regie-
rungen, daneben bildeten sich Provinzialverbände,
private Vereine und Gesellschaften, die „nebeneinan-

der, fast unvermittelt und zusammenhanglos"37 tätig
waren. Um die verschiedenen Organisationen der
Denkmalpflege koordinieren zu können, sollte es
1891 zu einer Neuorganisation der Denkmalpflege
kommen. In den preußischen Provinzen wurden Pro-
vinzialkommissionen berufen, da man davon ausging,
dass „eine zielbewußte und erfolgreiche Denk-
malpflege nur dann möglich sei, wenn eine freiwillige
Organisation in den Provinzen in engster Fühlung mit
dem Konservator und der staatlichen Fürsorge sich in
den Dienst der Denkmalpflege stelle".38
Die Provinzialkommissionen setzten sich aus verschie-
denen Mitgliedern der Provinzialausschüsse und
Landesdirektorien und weiteren Mitgliedern zusam-
men.
Der Zeitpunkt der Einrichtung von Provinzialkommis-
sionen in den einzelnen Provinzen und Ländern mag
darauf schließen lassen, welch unterschiedlichen
Stellenwert die Denkmalpflege besaß. Als erste
Provinz berief Schlesien 1891 eine Provinzialkommis-
sion, die meisten Provinzen folgten in den Jahren
1892 und 1 893.39 Der hannoversche Provinziallandtag
beschloss ihre Einsetzung am 13. Februar 1894,40
nachdem bereits 1891 die entsprechenden Regle-
ments getroffen worden waren.41 Die Berufungen in
Preußen waren 1896 weitestgehend abgeschlossen,
zuletzt folgte 1903 der Regierungsbezirk Wies-
baden.42
Die preußischen Provinzialkommissionen setzten sich
aus fünf (Westpreußen) bis 25 (Rheinprovinz) Mitglie-
dern zusammen. Neben dem Provinzialkonservator
gehörten dazu der jeweilige Landeshauptmann und
weitere Sachverständige, häufig Direktoren der
Landes- oder historischen Museen. Der Provinzialaus-
schuss bestand im Allgemeinen aus weniger Mitglie-
dern, in den meisten Provinzen gehörte der Provinzial-
konservator zu diesem engeren Ausschuss. In der Pro-
vinz Hannover setzte sich die Provinzialkommission
aus zehn Mitgliedern und sechs Stellvertretern zusam-
men, den engeren Ausschuss bildeten jedoch nur drei
Personen: Der Vorsitzende aus dem Landesdirekto-
rium, der Provinzialkonservator und ein weiteres Mit-
glied.
1891 war Schlesien auch die erste preußische Provinz,
die mit Hans Lutsch einen Provinzialkonservator be-
rief. Die meisten anderen Provinzen folgten bis 1894.
Hannover gehörte zu den Provinzen, die die Konser-
vatorenstelle erst recht spät einrichteten, im Jahre
1894.43 Wiesbaden folgte als letzter Regierungsbezirk
im Jahre 1901. Alle Provinzialkonservatoren waren
zunächst nebenamtlich tätig. In Westpreußen, Posen,
Westfalen und Hannover waren es die Direktoren der
Provinzialmuseen, die mit der Konservatorenaufgabe
betraut wurden.44 Erster Provinzialkonservator der
 
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