Heidelberg
im Spiegel der Nachkriegszeit
inst, im Orleanschen Kriege, erlitt Heidelberg
so starke Zerstörungen, wie im Laufe früherer
Jahrhunderte wohl kaum eine andere StadtDeutsch-
lands. Im zweiten Weltkriege hat die Stadt das
seltene Glück gehabt, in dieser Hinsicht besser
davon zu kommen. Zwar hat sie den Krieg mit der
Zerstörung ihrer sämtlichen Flußbrücken, dar-
unter der weltberühmten, das Stadtbild zusammen
mit dem Schloß beherrschenden Alten Brücke, und
aller Flußstege, mit 'erheblichen Beschädigungen
ihrer Versorgungsanlagen und ihrer Straßen, der
Zerstörung des Tiergartens, der Vernichtung oder
Beschädigung einer Anzahl von öffentlichen
Gebäuden, Fabriken und Wohnhäusern bezahlen
müssen, ist aber doch im Kern unzerstört geblieben.
So hat sie ohne ihr Zutun den Ruf der „unzerstör-
ten Stadt“ erhalten, was in Verbindung mit der
landschaftlich, klimatisch und verkehrsmäßig be-
vorzugten Lage und dank ihres alten Ruhmes als
Universitätsstadt, Fremdenverkehrs- und Kultur-
zentrum dazu geführt hat, daß, zum Teil schon im
Kriege, ein starker Bevölkerungszustrom nach
Heidelberg eingesetzt hat und der Stadt über 13000
Ostflüchtlinge zugewiesen wurden. Außerdem ist
sie Sitz des Hauptquartiers der amerikanischen
Armee geworden, was wiederum zu einer außer-
ordentlichen Inanspruchnahme von öffentlichen
Gebäuden, Hotels, Gaststätten, gewerblichen und
Wohnräumen durch die Besatzungsmacht führte.
So ist es nicht verwunderlich, daß, obwohl die
Stadtverwaltung sich notgedrungen gegen weite-
ren Zuwachs unter den gegenwärtigen Umständen
nach Kräften wehrt und obwohl Tausende zwangs-
weise aus der Stadt evakuiert wurden, um Platz zu
schaffen, die Einwohnerzahl von 84000 im Jahre
1939 auf über 117000 gestiegen ist, die Angehörigen
der Besatzungsmacht ungerechnet.
Damit ist die Stadt gewissermaßen über Nacht in
wahrhaft amerikanischem Tempo - denn noch 1945
betrug die Einwohnerzahl nur 91000 - zur Groß-
stadt geworden. Sie steht hinsichtlich der Zunahme
der Einwohnerzahl nach dem letzten Kriege an
der Spitze sämtlicher Großstädte der US-Zone.
Das Bild der geruhsamen, romantischen, in ihre
Schönheit verträumt eingesponnenen Universitäts-,
Wohn- und Fremdenstadt hat sich merklich ge-
ändert.
Diese sprunghafte Entwicklung der Stadt hat die
schwersten kommunalpolitischen Probleme gezei-
tigt. Der Rock ist der Stadt zu eng geworden. Die
Wohnraumnot ist verheerend, die Versorgungs-
anlagen: Strom, Gas, Wasser, Schlachthof, reichen
nicht aus, die Verkehrsbetriebe können die Zahl
der zu befördernden Menschen nicht mehr bewäl-
tigen, Straßen und Plätze sind für den Verkehr zu
eng, die Schulen, die Kliniken und Krankenhäuser,
die Altersheime, Jugendheime, Kinderheime und
sonstigen sozialen Einrichtungen sind zu klein ge-
worden, selbst die Friedhöfe reichen nicht aus.
Dazu drängt von draußen weiterer Zustrom nach
Heidelberg. Neue Industrien und sonstige Unter-
nehmungen begehren Ansiedlungsmöglichkeit; die
vorhandenen Betriebe wollen sich ausdehnen. Der
Zustrom zur Universität ist, trotz Einführung des
Numerus clausus, außerordentlich stark.
Dabei hat sich die Struktur der Stadtbevölkerung
in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich gewandelt.
Von den reichen Villenbesitzern, Industriellen,
Kaufleuten, Rentnern, Pensionären sind manche
verschwunden oder verarmt, ihre Häuser z. Zt. be-
schlagnahmt, oder zu Mietshäusern geworden. Die
Fremdenindustrie, einst die Haupteinnahmequelle
der Stadt, ist durch die Beschlagnahme sämtlicher
großen und der meisten mittleren Hotels und Gast-
im Spiegel der Nachkriegszeit
inst, im Orleanschen Kriege, erlitt Heidelberg
so starke Zerstörungen, wie im Laufe früherer
Jahrhunderte wohl kaum eine andere StadtDeutsch-
lands. Im zweiten Weltkriege hat die Stadt das
seltene Glück gehabt, in dieser Hinsicht besser
davon zu kommen. Zwar hat sie den Krieg mit der
Zerstörung ihrer sämtlichen Flußbrücken, dar-
unter der weltberühmten, das Stadtbild zusammen
mit dem Schloß beherrschenden Alten Brücke, und
aller Flußstege, mit 'erheblichen Beschädigungen
ihrer Versorgungsanlagen und ihrer Straßen, der
Zerstörung des Tiergartens, der Vernichtung oder
Beschädigung einer Anzahl von öffentlichen
Gebäuden, Fabriken und Wohnhäusern bezahlen
müssen, ist aber doch im Kern unzerstört geblieben.
So hat sie ohne ihr Zutun den Ruf der „unzerstör-
ten Stadt“ erhalten, was in Verbindung mit der
landschaftlich, klimatisch und verkehrsmäßig be-
vorzugten Lage und dank ihres alten Ruhmes als
Universitätsstadt, Fremdenverkehrs- und Kultur-
zentrum dazu geführt hat, daß, zum Teil schon im
Kriege, ein starker Bevölkerungszustrom nach
Heidelberg eingesetzt hat und der Stadt über 13000
Ostflüchtlinge zugewiesen wurden. Außerdem ist
sie Sitz des Hauptquartiers der amerikanischen
Armee geworden, was wiederum zu einer außer-
ordentlichen Inanspruchnahme von öffentlichen
Gebäuden, Hotels, Gaststätten, gewerblichen und
Wohnräumen durch die Besatzungsmacht führte.
So ist es nicht verwunderlich, daß, obwohl die
Stadtverwaltung sich notgedrungen gegen weite-
ren Zuwachs unter den gegenwärtigen Umständen
nach Kräften wehrt und obwohl Tausende zwangs-
weise aus der Stadt evakuiert wurden, um Platz zu
schaffen, die Einwohnerzahl von 84000 im Jahre
1939 auf über 117000 gestiegen ist, die Angehörigen
der Besatzungsmacht ungerechnet.
Damit ist die Stadt gewissermaßen über Nacht in
wahrhaft amerikanischem Tempo - denn noch 1945
betrug die Einwohnerzahl nur 91000 - zur Groß-
stadt geworden. Sie steht hinsichtlich der Zunahme
der Einwohnerzahl nach dem letzten Kriege an
der Spitze sämtlicher Großstädte der US-Zone.
Das Bild der geruhsamen, romantischen, in ihre
Schönheit verträumt eingesponnenen Universitäts-,
Wohn- und Fremdenstadt hat sich merklich ge-
ändert.
Diese sprunghafte Entwicklung der Stadt hat die
schwersten kommunalpolitischen Probleme gezei-
tigt. Der Rock ist der Stadt zu eng geworden. Die
Wohnraumnot ist verheerend, die Versorgungs-
anlagen: Strom, Gas, Wasser, Schlachthof, reichen
nicht aus, die Verkehrsbetriebe können die Zahl
der zu befördernden Menschen nicht mehr bewäl-
tigen, Straßen und Plätze sind für den Verkehr zu
eng, die Schulen, die Kliniken und Krankenhäuser,
die Altersheime, Jugendheime, Kinderheime und
sonstigen sozialen Einrichtungen sind zu klein ge-
worden, selbst die Friedhöfe reichen nicht aus.
Dazu drängt von draußen weiterer Zustrom nach
Heidelberg. Neue Industrien und sonstige Unter-
nehmungen begehren Ansiedlungsmöglichkeit; die
vorhandenen Betriebe wollen sich ausdehnen. Der
Zustrom zur Universität ist, trotz Einführung des
Numerus clausus, außerordentlich stark.
Dabei hat sich die Struktur der Stadtbevölkerung
in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich gewandelt.
Von den reichen Villenbesitzern, Industriellen,
Kaufleuten, Rentnern, Pensionären sind manche
verschwunden oder verarmt, ihre Häuser z. Zt. be-
schlagnahmt, oder zu Mietshäusern geworden. Die
Fremdenindustrie, einst die Haupteinnahmequelle
der Stadt, ist durch die Beschlagnahme sämtlicher
großen und der meisten mittleren Hotels und Gast-