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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Die Restauration der Kirche zur Liebenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0071

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scheinnng des Heilandes, in lichtem Ge-
wände und an feiner Wolke stehend, ist
von großartiger Wirkung.

Das Gegenstück hievon zeigt die V i-
s i o n d e s h l. A n t o n i u s v o n P a d n a,
eine Kopie, die einzige unter den Gemäl-
den, nach Mnrillo (1617—1682). Es
ist bekannt, wie Mnrillo verschiedene solche
visionäre Erscheinungen mit der ganzen
Gluth seiner malerischen Phantasie geschil-
dert und zu ihrer Versinnlichnng die ganze
Pracht, den vollen Zauber seiner kolori-
stischen Kunst entfaltet hat. Fngel hat
ihn trefflich nachgeahmt und jenen visio-
nären Vorgang gewählt, in welchem das
Christkind dem Heiligen in goldigem Licht-
glauze erscheint und er dasselbe ans seinen
Armen trägt.

Wir kommen zur
letzten und größten
Komposition in
der Kapelle,
dem Bild der
V c r e h -

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u 11 d

des Krnzifixns der Vater, gleichfalls ans
einem Stuhle sitzend, den tobten Christus
hält, wo dann die Taube zwischen beiden
schwebt. Dieser letztern Auffassung hat

sich unser Meister angeschlossen. Es ver-

einigt diese Art der Darstellung das nner-
forschliche Geheimniß der Trinität mit
dem der Menschwerdung Jesu Christi und
unserer Erlösung, enthält also den Inbe-
griff aller Geheimnisse unseres heiligen
Glaubens. Nicht allein die heiligste Drei-
einigkeit, sondern besonders auch die Er-
lösung durch deu bittern Tod des Heilandes
soll uns vor Angen geführt werden. Aus
einem erhabenen Throne, angethan mit der
Tiara und dem faltenreichen Mantel, in
der Linken das Scepter, nimmt die obere
Mitte die großartige Gestalt von Gott
Vater ein, ans seinem
Schooße mit der

Rechten den halb-

anfrechtsitzen-
den Leichnam
des Hei-
lands

Anbetung der h e i l i g st c n Dreifal-
tigkeit am Tympanon des Chorbogens, wohl
das bedeutendste Werk, das Füget überhaupt
bisher in seinem Kunstschaffen geliefert hat.
Der vorhandene Ranm war für die projektirte
Darstellung gerade nicht ein günstiger zu
nennen und bedurfte es daher eines nicht
gewöhnlichen Kompositionstalentes, um ihn
so ausznnützen, wie geschehen ist. In der
Mitte oben sehen wir die drei göttlichen
Personen in der Art abgebildet, wie sie
unter dem Namen „Gnadenstnhl" be-
kannt ist. Wenn nämlich die christliche
Kunst im Mittelalter, besonders im 14.,
15. und 16. Jahrhundert, die Trinität
bildlich geben wollte, geschah es gewöhn-
lich in der Weise, daß sie Gott den himm-
lischen Vater in menschlicher Gestalt den
heiligen Geist als Taube und den Sohn
am Kreuze abbildete, oder auch, daß statt

teud. Der heilige Geist in der Gestalt
der Taube schwebt vor der Brust des Vaters.

Daß diese erhabene Darstellung so
recht ein Andachtsbild im eigentlichen Sinn
des Wortes sein und besonders auch die
Freude über die vollbrachte Erlösung ans-
drücken soll, sehen wir ans den weiteren
Beigaben. Rechts und links von dem gött-
lichen Gnadenstuhle schweben zunächst je
drei liebliche, singende Engelsgestalten, vor
demselben knieeu verehrend und anbetend
Maria und der hl. Johannes der Täufer,
dann folgen die heiligen Apostel, je drei zu
jeder Seite, hierauf verschiedene Heilige
des Alten und Neuen Testamentes, links
St. Benediktus mit dem Kelch und der
Schlange, St. Clara mit der Monstranz,
St. Sebastian mit Pfeil und Rüstung,
St. Hieronymus mit Buch, St. Gallus mit
Stab und dem Bären zu seinen Füssen,
 
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