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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0103

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89

geschmücktes Brustbild steht; unter diesem
Bilde aber erblickt mau einen Todteukopf
in einem eigenen Behälter, der bisher ver-
hüllt war, aber soeben beim Herannahen
deS Schiffes an das Land aufgedeckt wurde.
Die Ankömmlinge sind der hl. Gebhard
und sein Begleiter mit dem Haupte des
hl. Gregorius. Bereits ist der Abt des
Klosters mit seinem Konvent aus dem
primitiven Damme von Petershansen er-
schienen, — eine Menge Volkes, das uic&t
mehr sichtbar ist, folgte ihm wohl nach, —
und erhebt grüßend seine Rechte gegen
den ankommenden Bischof. Am jenseitigen
Ufer sieht man die grünen Anhöhen des
badischen Seekreises.

Was die technische Ausführung der
Bilder anlangt, so bot der für dieselbe
gegebene Raum nicht unbedeutende Schwie-
rigkeiten, besonders in den beiden letzge-
nannten Darstellungen. Wir haben es
nämlich bei ihnen, wie wir schon näher
beschrieben haben, mit Thematen zu thnn,
welche größere Volksmasseu, Prozessionen,
größere Landschaften u. dergl., zur An-
schauung bringen sollen, die also in erster
Linie mehr ein Breiteformat zu ihrer
Aufnahme erfordern, während die vorhan-
denen Räumlichkeiten größere Hochformate
sind. Fuget hat nun, — und darin
zeigt sich auch der Meister in der Technik,

•— um über diese Schwierigkeit hiuweg-
znkommen, so zu sagen ein ganz neues
Prinzip verfolgt: er ist weder nach
der hergebrachten Behandlung, dem Prin-
zip der sogenannten Froschperspektive, noch
nach derjenigen der allgemeinen üblichen
Kompositionsweise verfahren, sondern hat
im gewissen Sinne eine Art Vogelperspek-
tive angewandt. Man bekommt nämlich
bei eingebenderer Betrachtung der Bilder,
ohne daß sich vielleicht der Laie in der Kunst
von selbst darüber Rechenschaft geben kann,
den Eindruck, als ob mau die Scenen
von oben überfehe, oder wenigstens, als
ob man von einem etwas erhöhten Stand-
punkt aus die Vorgänge betrachten könnte.
Auch hat der Meister den Vortheil benützt,
daß er die Randfiguren in kühner Weife
scharf durchschnitt, wodurch in dem Be-
schauer die Empfindung erweckt wird, als
dehne sich die Scene noch in weitere Ferne
aus. Wie mir scheint, kam Herr Fugel
zur Beherrschung dieser — so zu sagen —

I Terrainschwierigkeit oder vielmehr zur
! glücklichen Lösung derselben, dadurch, daß
er in den letzten Jahren öfter in die Lage
kam, an einem großen Panorama arbeiten
zu können. Um Abwechslung in den
Lichteffekten zu erzeugen und um Farben-
monotonie zu vermeiden, ist jeder der drei
Darstellungen eine besondere Lichtstimmung
aufgedrückt: in dem hintersten Bilde sehen
wir den Farbeuton vom Interieur eines
Hauses, im mittleru das helle, zerstreute
Tageslicht und im vordern eine herrliche
Abeudstimmung am Bodeusee.

Was wir aber noch als einen beson-
ders hohen Vorzug in Beherrschung der
Technik von Seiten des Meisters aner-
kennen müssen, ist das, daß er seiner
Temperatechnik, die er angewendet, voll-
ständig den naturwahren Charakter der
Oelmalerei zu geben verstand, so daß wir
in den Bildern eine Leuchtkraft und Wirknng
sehen, die sonst nur der Oelmalerei eigen
ist; betrachtet man z. B. die Wiedergabe
des Wassers, so glaubt man, ein wirkliches
Oelgemätde vor sich zu haben.

Wir kommen nun an die sechs klei-
nen M eda i l l o ns bild er, welche als
Tonbilder Grau in Grau, auf Goldgrund
und ebenfalls in Tempera gemalt sind.
Ihre Behandlung ist ähnlich, wie wir sie
bei der italienischen Renaissance, z. B. in
den Stanzen des Vatikans, beobachten
können, wodurch der Maler eine so treff-
liche Abwechslung im Farbenspiele des
ganzen Kirchleins erzielte. Die Darstel-
lungen sind folgende:

1. Wie wir oben gesehen, wurde der
junge Gebhard in die Domschule nach
Konstanz ausgenommen, um unter der
Obhut und dem Unterrichte des hl. Bi-
schofs Konrad erzogen zu werden. Um
besser zu diesem Zwecke zu gelangen, nahm
der hl. Konrad den Knaben ganz in seine
Nähe und lernte ihn bald hochschätzen.
Da erzählt nun die Legende folgendes:*)
„Eines Tages hatte sich der Bischof in
wichtigen Augelegeuheiteu aus dem Hause
entfernt. Die kleine Schar seiner Pfleg-
besohleuen benützte diese Zeit zu unschul-
digen Scherzen, und unser Gebhard setzte
sich auf den bischöflichen Stnhl und spielte
unter seinen Genossen mit Anstand itnb

st Vrgl. Schund, I. c. S. 11.
 
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