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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 7
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Rueß, Bernhard: Das neue Kloster von Schussenried, [4]
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— 64

Katharina, Barbara und Venusta Märtyrin, so-
dann je ein von Papst Innozenz XI., Benedikt XIII.
und Benedikt XIV. geweihtes Agnusdei, endlich
eine Goldmünze des letztgenannten Papstes, ein
spanisches Kreuz und eine Silbermünze der da-
mals regierenden Kaiserin und Königin Maria
Theresia. Der Grundstein ist jedoch nicht außen
an der Ecke des Hauses gelegt worden, sondern
mehr einwärts bei dem „Ausgang des Vorschusses",
d. h. Ende des Mauervorsprunges, wie der Stein
mit der Zahl 1752 daselbst zu erkennen giebt?)
Bei der Grundsteinlegung war der Bau schon
einige Fuß über die Wasserschläge (b. h. jene
Steine, die sich über den Kellerlöchern befinden)
emporgewachsen?) Den 13. und 14. Oktober 1752
hat mau bereits den Dachstuhl des Westslügels
aufgerichtet. Den 16. und 17. wurden die Leisten
und Latten ausgenagelt und das Gebäude mit
Platten gedeckt. Unterdessen wurde am vierten
Stockwerk des Pavillons so emsig weitergearbeitet,
daß auch dieser Theil des Hauses noch vor Winter-
gedeckt werden konnte. Am Nachmittag des
26. Oktobers wurde ein Richtfest gefeiert. Unter
Trompeten- und Paukenschall, unter Trommeln
und Pfeifen, unter beständigem Schießen, Jauchzen
und Vivatrufen wurde nach altem Herkommen der
Maien im oberen Wirthshaus („Löwen") abge-
holt. Ein Zimmergeselle hielt eine Anrede und
Danksagung. Hierauf wurde der Maien auf den
obersten Theil des Pavillons gesteckt. In den
folgenden Tagen wurde der ganze, bereits fertig-
gestellte Gebäudetheil mit Platten bedeckt. So
war denn schon im zweiten Baujahr das ganze
neue Hofgebäude im Rohbau fertig geworden?)
Im Jahre 1753 schritt die Bauthätigkeit wieder
energisch voran. Die bereits fertiggestellten
Parthieen wurden geweißnet, quadrirt und die
Kapitülle der Lisenen aus Stuck hergestellt, inner-
halb Scheidewände errichtet; aber auch die Fun-
damentirung der iveiter zu bauenden Theile des
Hauses wurde fortgesetzt. Am Schluß dieses
Baujahres war der ganze Nordflügel und vom
Ostflügel eine Länge von 100 Schuh bis zur
Sockelhöhe gemauert. Die Säulen und Gewölbe
der Keller waren gleichfalls vollendet unb die
Zimmer so weit gefördert, daß die Stuccatoren
arbeiten konnten. Die etwa 26 Maurer hatten
im Spätherbst solchen Eifer gezeigt, daß ihnen
trotz des kürzeren Tages der volle Lohn >vie beim
langen Tag verwilligt werden konnte?) Mit dem
Ausmauern des Nordflügels ist man am 1. August
1754 zu Ende gekommen, so daß man noch am
gleichen Tag mit dem Legen des Gebälkes an-
heben konnte. An jedem der ungemein langen
und schweren Balken hatten 24, bisweilen noch
mehr Männer zu tragen. Es war eine herbe
Mühe, all' die Massen Holz über die hohen Ge-
rüste mühsam hinaufzuschleppen. Ende September
und Anfangs Oktober 1754 konnte man den Rest
der Balken legen, die Dachstühle ausrichten und
mit Platten decken. Dann wurde die Bibliothek

') Archivregister. Tomus I. Lade I. Fas-
zikel 4. Nr. 70.

2) D. N. Seite 328.

3) D. N. Seite 336.

4) D. N. Seite 355.

in Gewölbeform mit Latten versehen und alle
Keller ^gewölbt?) Gegen Schluß des Monats
Glli 1/55 wurde der im vorhergehenden Jahr
ausgebaute Nordslügel verputzt, getüncht und au
einigen Stellen stuccatirt?) Auf das Kirchen-
patrocinium, das St. Magnussest, dieses Jahres
(6. September) fanden sich ungewöhnlich viele
Gäste ein; denn abgesehen von den religiösen
Beweggründen, hatte auch das Verlangen, den
neuen Klosterbau zu sehen und zu bewundern,
sehr viele Fremde nach Schussenried geführt.
Manche derselben wurden sogar schon in den
Neubau einlogiert?) Im Januar und Februar
1756 wurden aus den Leiden Ziegelhütten der
Gemeinde viele Tausende gebrannter Steine zur
Erstellung des Ostslügels beigeführt. Weil man
dieselben aber zu hoch, nemlich 2 bis 3 Klafter-
hoch, aus einander thürmte, so sielen sie mehrmals
wieder über den Hausen und verursachten doppelte
Mühe?) Anno 1757 war der Bau unter dem
Schutz Gottes soweit fortgeschritten, daß man
gegen Sonnenaufgang am Mittelgebäude des
Ostslügels oberhalb des Museums der Mönche
eine Gedächtnißinschrist anbrachte. Sie lautete:
Deo T. O. M. Auspice,

Jutrice Dei Matre Virgine,

D.D. Norberti et Magni Jutamine
Domus Ista Praemonstrata
Benedicto XIV. S. S. Pontifice
Francisco I. R. A. Caesare
Exstrui

Coepta ab Abbate Re et Nomine Magno
Anno Domini
CI3.I3.CC.LI.

Conlinuata ab Ejus Successore Nicolao
anno a partu Virgineo
CI3.T3.CC.LVII.

Pro

Canonicorum habitaculo
et

Hospitum commodo?)

Eine Stockwerkhöhe über dieser Inschrift eben-
falls an der Ostfront des Kapitelhauses war als
Schmuck befestigt der mehrere Zentner schwere,
vergoldete Name Mariä, aus dem Dache dieses
Gebäudetheiles aber prangten als Zierathen die
Sonne und der Mond, ebenfalls aus Metall?)

Mit dem Jahre 1757 hat man die Bauthätig-
keit noch nicht ganz eingestellt, sondern ein paar
Jahre lang weitergearbeitet. Wenn übrigens
Memminger in der Beschreibung des Oberamtes
Waldsee und auf ihm fußend andere behaupten,
der Bau sei erst anno 1770 sistirt worden, so
ist eine solche Meinung als irrig zu bezeichnen.
Im Baukostenverzeichniß ist nemlich schon in den
Jahren 1762 und 63 keine einzige Frohnfuhre
oder Ehrensahrt mehr angemerkt. Dagegen wer-
den darin allerdings noch anno 1763, ja sogar
noch um's Jahr 1765 wenigstens auf einige hundert

>) D. N. Seite 416 und 420.

O Seite 432.

3) D. N. Seite 436.

4) D. N. Seite 438.

5) Archiv-Register. Tom. I. Lade I. Faszikel 4.
Nr. 85.

°) BKV. Seite 28 und 36.
 
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