Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Kümmel, Konrad: Die kirchlichen Metallarbeiten, [13]: eine systematische Darstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0072

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Retabelwerk, Lettchterbank, Krönung, ltitb
Die auf Dem Altar stehenden getriebenen
Silbervasen mit getriebenen Blumen und
den Leuchtern. Es märe wohl einer ein-
gehenden Beschreibung werth, um so mehr,
als die alte Arbeit brillant ist und als
sich an den verschiedenen Theilen des kost-
baren Altaraufsatzes fast die ganze Spät-
zeit der Renaissance mamfeftirt. Die
Basen z. B. sind offenbar noch Barock
früher Art, Tabernakel uub Haupttheile
seiner Umgebung Rokoko auf der glän-
zeudsten Höhe, die großen Altarleuchter
mit ihren nüchternen Obeliskenformen s
klassizistisch. Dieser letzte, von verschwun-
dener Pracht zeugende Silberaltar des
Landes läßt einen ahnen, in welchent Reich-
thum unb Glanz die Klöster-, Stifts- und
reichen Stadtpfarrkirchen der kathol. Lait-
destheile an beit Festen der Christenheit
geschimmert habest zit Gottes Ehre und
des christlichen, katholischen Volkes berech-
tigtem Stolze, das da sich selber als
natürlichen Mitbesitzer ititb Mitgenießer
dieser Pracht ansehen durfte. Ein wei-
terer kleiner Silberaltaraufsatz steht in
der Stiftskirche in Ellwangen auf einem
Pfeileraltare (Evangelienseite nächst beut
Kreuzaltar); er hat reizende Rokokoformen
unb ist gleich dein Hochaltaraufsatz eilt
Juwel der Treibkunst. Der hl. Blttt-
Altaranfsatz in Weingarten, drei Meter
lang, mit Leuchterbaitk, Tabernakel und
Kreuzigungsgruppe war auch ganz aus
Silber getriebett, er wurde „säknlarisirt"
und an Stelle deren eine Copie ans Holz
und versilbert gestellt. Wir glauben üb-
rigens, daß sich noch utehr Silbertabernakel
uub Altaraufsätze iu Barock und Rokoko
int Laude finden sollten.

Vielleicht dürfte es sich bei einer Neu-
auflage der „Württ. Kunstalterthümer"
eutpfehlen, iu der allgemeinen Einleitung
(IV. Kleinkunst) beit dort behandelten sechs
Rubriken aus der Metallkleinkunst eine
siebente einznfügen mit beut Titel: „Altar-
theile aus Metall", unter welcher dann
Antependien, Tabernakel, Retabelwerk,
Altarleuchter und -Kruzifixe subsumiert
werden könnten.

In neuerer Zeit sind die größeren
Treibarbeiten wieder in unserer Diözese
eingeführt worden unter Prälat Dr.
Schwarz ans der Werkstätte von Gütz in

Regensbnrg, meistens nach Zeichnungen
des dortigen Domvikars D engl er; so
z. B. in Ellwangen (Kreuzaltar und Mutter-
gottes-Altar) und Nenhausen a. F. Die
zwei ersterett Altäre sind romanisch mit ge-
triebenett Reliefs, der letztere frühgothisch
mit Nischen und Nundfiguren. Dazu fontutt
der Heiligblut-Altar unter der Kuppel in
Weingarteti, späteres Barock mit Motiven
ans der Kirche selbst und Kreuzignngs-
gruppe, nach Enttvürfett des Verfassers
dieser Abhandlung. Leider sittd beut betr.
Treibkünstler, der allent tiach eben bis
dahin ttur auf rotnanisch-steife Figttren cin-
gearbeitet war, die beibett Figuren von
Johannes uub Maria nichts weniger als
stilgemäß gelungen, auch der Krnzisixus
ist tnehr modertt. Taberttakelthüre uub
Leuchterbank sind fleißig uub reich ge-
trieben. —

Auch diesett Artikel schließen mir mit einem
zweifachen Wunsch: 1. es ntöchte ein illu-
strirtes Ittventar der tverthvollen
kirchl. Kleinkunst unseres Landes, bezw.
der Diözese Rottettburg mit Text bald
gegeben werden. Matt köttttte dasselbe
auch in Einzeltheilen erscheinett lasset!,
z. B. Kelche (welch eine Zusatntnettstellttng
vott ca. 3—400 Kelchen gäbe das!),
Monstranzen, Vortragkreuze, Statuett, Re-
liqniarien tt. s. w. u. s. tv. iu getriebener
und sonstiger Goldschtniedearbeit! Welches
üRaterial für Künstler, Kunstliebhaber,
Geistliche ak Besteller und für die Arbeiter
der Werkstätten!

2. wünschten wir dringend, es möchte
doch von alten zum Gebrauche des Hei-
ligstett bieneitbeu Metallgeräthen jede
Fabrikarbeit wegbleiben, also Theile von
Ntessingguß, vott gestanztent und geprägtem
Blech u. drgl., und eS möchte strettg
darauf gedrttngen werdett, daß hiebei
überall nur Handarbeit thätig wäre, wo-
tnöglich selbst bei Herstellttttg der Cttppett
ttttd runden Füße, (doch ist das „Drücken"
dieser Theile ttoch atn ttteistenangättgig); ttttd

3. es möchte bei großen Neuanschaffungen,
besonders in den speziellen Altargerätheu
ein Sachverständiger vor der Bestellung
bezw. beim Abschluß des Auftrags und
ttach Ablieferung der Waare gehört werden.
Das lohnt sich immer; itt tnanchen Fällen
hat inan ohne solch einen Rath schon
schlimme Erfahrungen gemacht.
 
Annotationen