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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 7
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Schermann, Theodor: Die christliche Ostung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0059

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51

die Apostelkirche von Konstantinopel,')
welche scheint's der sonstigen Sitte der
Orientierung nicht entgegenstand. Eine
weitere auf Befehl Konstantins in Jeru-
salem erbaute Basilika^) erwähnt derselbe
Geschichtsschreiber ausführlich; die Leiter
des Baues waren Bischof Makarios und
Landpfleger Drakillianos (326—336).
„Drei P f o r t e u an der O st feite herrlich
erbaut, nehmen die Menge der Hinein-
strömenden auf. Diesen gegenüber, an
der Spitze des königlichen Hanfes war
der Hauptteil des Ganzeil, das Hemis-
phärion, die Apsis." Gerade diese heilige
Grabkirche voll Jerusalem wird von
Walafrid StraboB als Westkirche ange-
führt, lind zwar mit dem Bemerken: er
wolle hier die Abweichung liieht tadeln,
da praktische Gründe vorgeherrscht. Außer
diesen geschichtlichen Materialiell fehlt es
im Morgenlande an weiteren Quellen.
Trotz der hier beinerkten mannigfachen
westlichen Richtung war doch wohl die
Vorschrift der apostolischen Konstitutionen^)
ill Geltulig: „erstens fei das Haus läng-
lich und gegen Osten gekehrt; auf beiden
Seiten gegen Morgen die für die Priester
bestimmten Nebengebäude."

Jnl fünfte n und sechste li I a h r h ll ll -
d e r t herrschte ill R o m keine sichere Regel; es
kommen allerlei Schwankungen vor. Nach
Osten erbaut waren: 5. Baolo (386 voll
Theodosius nlld Honorius errichtet), 2.
2abina (425 voll Papst Cölestin erbaut),
5. Lorenzo fuori le mura (432—440),
während andere Kirchen wie 5. Maria
Maggiore (auch Basilica Siciniana oder
Liberiana genannt 352 — 432), S. croce
in Gerusalennne in RomH (Basilica ]
Sessoriana c. 400), S. Andrea di Bar-
bara (ein durch Papst Siliiplicius, 467
bis 483, umgeweihter Heibentempel) nach

0 Euseb. Vita Constant. 1. IV c. 58—59
(1210 B— C).

2) Euseb. Vita Constant. ]. III c. 33 ; c.
35—38 (1094 B—1097 A).

3j Li'o de incr. et exord c. 4 (ed. Ivnöpfler.
p. 9).

4) apost. const. 1. II n. 57 (ed. Lagarde.
p. 84).

s) Aug. Stegensek, Architekton. Untersuchung
von s. ci-nce in Gerusalennne in Rom. Rom.
Quartalschr. für christl. Altertumskunde und
Kirchengesch. IV, 3. Rom. 1900. S. 177.

Westen oder nach Süden gerichtet waren,')
„vielleicht als wollten alle nach der Opser-
stätte der Apostelsürsten hinzieleli, auf
welche der Herr seine Kirche gründete".

Daß aber alle diese Verschiedenheiten
> nur Ausnahmen waren, geht aus einer
Beschreibung des Bischofs Panlillus von
Nola (409—431) hervor, welche er über
die von ihm erbaute Felixkirche gab. Der
hl. Felix wurde außerhalb Nola ans
einem Rasenplatz begraben und würde
unbeachtet geblieben sein, wenn nicht ein
auf dem Grabe entströmendes Licht auf
die Wunderkraft des Heitigell anfmerksain
gemacht hätte. Man erbaute über dem
Grabhügel eine Basilika. Bald erhob
sich um das Grab eine neue Stadt, da
man zil dell Gebeinen des hl. Felix noch
einen Splitter vom Kreuze Christi und
andere Retiqnien brachte?) Die erste
Basilika wurde min zu kleinH und so
baute der Bischof statt dieser eine neue
größere. Da glaubt sich nun der Bauherr
entschntdigen zu müssen, daß er feinen
neuen Bau nicht wie gewöhnlich nach
Osten gerichtet habe, weil er ihn nur als
„Anhängsel" seiner Felixkirche betrachtet
wissen wollte?)

In Neuron?) suchte Kaiser Justinian
(527—565) durch Erbauen seiner Sophien-
kirche zu dem Tempelbau des Königs
§ Morno ein Gegenstück herzustelleu; und
zwar legte er nach christlicher Weise seinen
Bau gegen Osten an mit Biegung nach
Süden, gegen Jerusalem, seinen Neben-
buhler. Aber auch diese Kirchenrichtung
behielt trotz kaiserlicher Laune ihre Be-
deutung, wie überhaupt in byzantinischen
Kirchen die Ostung beibehalten wurde:
2. Vitale in Ravenna; der Dom in
Ferrara?)

1) I. G. Gutensohn, I. M. Knapp und Bunsen,
Die Basiliken des christlichen Rom oder Denk-
male der christl. Baukunst. München. 1843. Vgl.

! Alb. Kuhn. S. 294 ff. 10 Lief.

2) Carm. XVI 1, 131 ff. (ed. G. de llartel,
Corpus sciipt. eccles. Lat. Vol. XXX. p. 103
Yindob. 1894. Vgl. carm. XXIV, 301 ff).

3) Carm XXVI 'i>. 246 .

4) Ep. XXXII, c. 10 f. ;ed. G. de llartel:

; Corpus script. eccles. Lat. Vol. XXVIII.

p 286 Vindob. 1894).

6) Alb. Kuhn, Die Epoche des byzanl. Bati-
; stils und dessen Ausläufer. S. 317 ff., 11. Lief.

I Alb. Kuhn, ebend. S. 328 und Salzenberg,
■ Altchriftl. Baudenkmale. S. 16.
 
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