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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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3. Heft
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Naegele, Anton: Ein alter Tübinger Jubiläumspokal aus einer Ulmer Goldschmiedswerkstatt des 17. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0095

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Becher angebracht, die blumenkelchartig gebildet und gebuckelt sind. Drei ver-
goldete Röhren verbinden die drei Gefäße miteinander. In der Mitte erhebt
sich ein Baumstamm mit Weinranke und kleiner Winzerfigur. Zwischen den
drei Bechern sehen wir drei kleine Putten mit Kränzen freistehend. Zwischen
den Buckeln ist vergoldetes Laubwerk eingraviert. Über dem Ganzen wächst
aus der Mitte des Stamms eine weibliche Figur auf, die als Bekrönung des
kleinen, doch vielgestaltigen Werks wirkt. Auf den drei Bechern lesen wir je
eine Inschrift: Monumentum Pacis in Memoriam Jubilaei ab Incluta Univer-
sitate Tubingensi A.O.R. M, DCLXXV1I splendidissime celebrati erectum ab Im-
periali Libera Civitate Esslinga. Fridens Dancmahl Wegen dess bey Wohllöbl.
Universitet Tübingen im Jahr Christi 1677 Feyerligst begangenen Jubilaei Auf-
gerichtet von dess H. Reichs freien Statt Eßlingen.

Gleich anderen Städten und Ständen hat also auch die Reichsstadt Eß-
lingen zum zweiten Iahrhundertjubiläum der Landesuniversität ein kostbares
Kleinod gestiftet. In Kriegönot verschleudert, hat sich dieser IubiläumSbecher in
die Kunstkammer eines nach Frankfurt verzogenen oberschwäbischen Grafen ge-
rettet und wurde bei einer Ausstellung Frankfurter Kirchensilbers und Privat-
besitzes an Goldschmiedearbeiten vor Jahren einmal ausgestellt.

Wer ist der Meister dieses nach seiner Bestimmung und künstlerischen
Arbeit nicht alltäglichen Werks? Nach dem Beschauzeichen, das in Rosenbergs
Merkzeichen der Goldschmiede angeführt ist, stammt der Pokal aus Ulm er
Werkstatt. Das Meisterzeichen, ein großes K im geschweiften Schild, weist
mit Sicherheit auf den Namen Kien len, eine in mehreren Generationen
nachweisbare alte Ulmer Goldschmiedsfamilie. Nach dem trefflichen ersten
Ulmer Museumsbericht vom Jahre 1925 besitzt diese großartige, jüngst auS-
gebaute Sammlung nur ein einziges Werk aus Kienlens Werkstatt, und zwar
von Hans Kienlen einen silbernen Pokal, besten Bauch ein Elfenbeinring mit
dem Relief eines Bacchanals, besten Deckel eine Elfenbeinftatuette mit Amor
ziert. Genauer werden wir durch die im Museumsbesitz befindliche Zunft-
tafel der Goldschmiede UlmS seit dem Jahr 1501, wie durch das von 1449
bis 1857 fortgeführte Goldschmiedewappenbuch des Ulmer Archivs unter-
richtet. Nach den von Kustos Häberle in der Deutschen Goldschmiede-
zeitung kürzlich Veröffentlichten Namenlisten lernen wir gar sieben Gold-
schmiede dieses Namens, teils mit Wappenschild, teils mit Meisterzeichen,
kennen: Marx Kienlin 1568; Kienlin Jung 1612, 1652 Zunftmeister, 1655
Münzmeister zu Ulm; Hans Ludwig Kienle 1622, 1655 mit seinem Bruder
Marx zum Münzmeister vom Rat erwählt; Hans Ludwig Kienle der Ienger
1649; Hanß Adam Kienlin 165 1, 1665 Erwählter des Rats, 1665 Bau-
und Feuergeschworener, 1666 zum Pflegambt kommen; Tobias Kühnlen
1659; Hans Adam Kienlen Jung 1682, 1696 Zunftmeister.

Welcher von den beiden Hans Kienlin ist nun der Meister unseres
Tübinger Universitätspokals? Der ältere Hans Adam Kienlin trat nach der
Zunfttafel im Jahre 1651 in die Goldschmiedezunft ein, der jüngere Adam
Kienlin im Jahre 1682. Seit dem Jahre 1545 bedeutet dies zugleich das
Jahr der Anfertigung des Meisterstücks. So dürfte wohl nur der ältere Hans

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