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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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4. Heft
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Rueß, Bernhard: Zur frühesten Baugeschichte des Klosters Schussenried, [2]: die Periode des teilweisen Neubaus des alten Klosters
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0134

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Unter dem Nachfolger Rohrers, nämlich unter Abt Mattbias Binder
(1653 — 56) mußte immer noch an den abgebrannten Gebäulichkeiten fort-
gebaut werden, da ja nach des Chronisten Ausspruch das Kloster zu einem
Steinhaufen geworden war. Namentlich aber ist dem Prälaten Augustin
Arzet (1656 — 66) nachzurühmen, daß er die letzten verwüsteten Reste des
Stiftes wieder bewohnbar machen ließ. Er hat namentlich den Konventsbau
(die eigentliche Mönchswohnung) wieder von der Asche säubern und Herstellen
lasten. Den Riß dazu hat ihm der Baumeister von Isny gefertigt. Hiefür ver-
ehrte man dem Architekten fünf harte Gulden, weil derselbe „weder Parocken
noch einen Hirschdegen getragen hat". Nach Fertigung des Ristes wurde der
bereits rühmend erwähnte Maurermeister Hans Lutz von Riedlingen wieder
berufen. Derselbe erschien mit sieben Gesellen und begann noch im Herbst des
Jahres 1656 ein Stockwerk abzutragen und die ausgebrannten Mauern zu
untermauern. Enorme Anstrengungen erforderte das Ab- und Ausräumen der
Brandstätte. Hiezu wurden von Abt Augustin die Klosteruntertanen in be-
stimmten Abteilungen aufgeboten, und zwar fanden diese Frondienste im
Monat September statt. Als die „vornehmsten Schaffer" wurden die Schus-
senrieder und Michelwinnader bei diesem Anlaß erfunden, ihnen wurde des-
halb die Ehre zuteil, das am 30. September ohne jeglichen Unfall geschehene
Aufrichten deö DachftuhleS besorgen zu dürfen. Nach getaner Arbeit wurden
ihnen vom Prälaten zwei Eimer Wein zum besten gegeben. Unter ungewöhn-
lich großer Teilnahme deS Volkes fand sodann an dem auf einen SamStag
gefallenen 7. Oktober 1656 in der Wallfahrtskirche zu Steinhaufen eine
Dankfeier für den bedeutend geförderten Wiederaufbau des durch die Flam-
men vernichteten Klosters statt. Bei diesem Dankgottesdienst hielt der Abt
Augustin selbst die Predigt über das Thema von der „Dankbarkeit Mariä
gegen Gott und unserer Nachahmung Mariens in dieser Tugend" (Chronik,
3. Teil, S. 207). Übrigens war jetzt der Wiederaufbau der zerstörten Gebäu-
lichkeiten noch keineswegs zu Ende geführt. Vielmehr setzte ihn Abt Arzet im
Frühjahr 1657 fort. Er berief auf jeden Tag vier Bauern aus dem Kloster-
herrschaftögebiet, welche die noch übrige Hälfte des daniederliegenden Kon-
ventSbaueS abzuräumen hatten (Chronik, S. 2I I). Bevor der Prälat im
April 1657 zum Generalkapitel nach Prämonftrat abreiste, vergab er zuvor
noch dem Schreiuermeifter Sebastian Manz von RoppertSweiler das Getäfer
im Refektorium und zwei Türen für 100 fl., die Bretter, Nägel und den
Leim gab das Stift her. Auch zu anderen Schreinerarbeiten wurde S. Manz
beigezogen; man gab ihm die schmale Kost beim Nachtisch; es war noch kein
„gedingter" Klosterschreiner da. Täglich erhielt er 12 kr. an Geld, ferner
drei Brote an den Werktagen, an den Feiertagen aber zwei; Wohnung hatte
er eine eigene in RoppertSweiler (Chronik, S. 219). Leider hat dieser Kloster-
schreiner Manz am Fastnachtdienstag 1659 seinen Freund, den Obermüller
Herz, aus Versehen auf der Schießftätte erschoffen; er floh zu den Kapuzinern
nach Riedlingen. Der Leichnam des Herz aber wurde in die St. VeitS-Kapelle
getragen, dort während der Nacht bewacht, am Aschermittwoch, nachmittags
2 Uhr, sodann in St. Martin begraben (S. 228).

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