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Der Affenspiegel: satyrische Wochenschrift — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.48272#0029
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Heft 3.

Der Affenspiegel".

Seite 3.

„Wenn so eine märchenhafte Königin ein Kind be-
kommt, geht es von allem Anfang an schon wunderlich zu!"
Wieder nickten Alle ehrerbietig mit den Häuptern.
„Dieses Kind kam aber auf eine eminent wunderbare
Weise zur Welt!"
Alle nickten.
„Und, meine Herren Kollegen, weil dieses Kind auf
eine so wunderbare Weise Prinz geworden, auf eine Weise,
die mir in meinen lebenslänglichen zoologischen Studien auch
nicht einmal uutergekommeu, so — ist es ein Wunderkind".
Alle klatschten Beifall. Der Wunderarzt schnupfte
wieder. In diesem Augenblick kam der König aus dem
Gebnrtssalon.
Alle umringten ihn und wünschten ihm Glück: „Ein
Wunderkind, o wunderbarer König, ein Wunderkind!"
„Ein Wunderkind?" frug der König. „Hm! Es
kam mir ja immer schon wunderlich vor. Welchen Weg
nahm es?" „Welchen Weg?" frugen die Aerzte und sahen
sich verblüfft an, bis der Chirurge aus dem Orient das
Wort ergriff: O König, es kam auf einem ganz wunderbaren
Wege, den eben nur Wunderkinder wählen. Es kam auf
einem Wege, der gewöhnlichen Sterblichen verschlossen bleibt,
und der höchstens für eine solche Königin zum Gebären
mir prädestiniert erscheint."
Der König sah den Sprecher befriedigt an, griff in
die Hosentaschen und schenkte ihm den blauen Kalbsorden.
Dann ging er zurück ins Zimmer.
Dort bot sich ihm ein Bild der Zerstörung Die
Königin lag in Ohnmacht, die Hebedamen wanden sich in
Krämpfen, und in dem kleinen Brutapparat kletterte das so
neugeborene Knäblein umher und schrie unausgesetzt: „Mama!
Mama!"
Der König stand starr und wußte nicht, was er
denken sollte.
„Ein Wunderkind, ein ganz wunderbares Wunderkind"
schrieen die nacheilenden Aerzte und schüttelten die Köpfe.
Plötzlich kam dem großen Chirurgen mit dem blauen Kalbs-
orden eine erhabene Idee.

„O kleine Wunderhoheit", sprach er das Knäblein an,
das ihm sofort zuhörte, „kannst Du auch Papa sagen?"
„Nein" stammelte der Kleine, und Alle erschauerten
vor dem Wunder.
„Und warum nicht, Du Wunderkind?"
„Weil Mama und ich nicht wissen, wer es gethan hat!"
„O Wunder über Wnnder!" schrieen alle Hofleibürzte
und Hebedameu.
In diesem Augenblicke erwachte die Königin.
„Es ist der Falsche!" schrie sie irren Blickes. „Sie
haben ihn verwechselt! Ich wollte den Jüngeren haben!"
Der Kleine horchte: „Das Brüderchen?" frug er.
„Das ist noch zuhause."
Da ergriff Staunen alle Umstehenden.
„Halleluja", schrie der große Chirurg, „es ist noch
ein Knäblein zu erwarten. Die große Königin wird noch
von einem Prinzen entbinden. Das Wunderkind hat es
uns verkündet."
„Das wird die Nachgeburt sein", meinte weise ein kleiner
Arzt, aber niemand horchte auf ihn.
Alle warteten gespannt auf das zweite Knäblein — —
Da die Chronik hier abbricht, so weiß man nicht, was weiter
geschehen. Vielleicht hat die Chronik auch nicht ganz richtig
berichtet.
Möglicherweise hören wir später, wie lauge die Königin
noch Wunderknäbchen geboren hat.
R. H.


Bomben.


Geist.
Die Bibel spricht: „Und es schwebte der Geist
Über die Wasser dahin — —"
Diese Gegend lag, meine ich,
Weitab von Berlin.

An Roereu und Co.
Warum beim Anblick des nackten Apoll
Herr Roeren jammert und klagt?
Je nun, er hat an Apoll entdeckt,
Was ihm die Natur versagt.

Wenn Ihr beim Anblick der Nacktheit
Vor keuscher Angst gleich schwitzt,
Behaltet auch füglich die Hosen an,
Wenn Ihr am Nachtstuhl sitzt.

Herrn Sch ...... r in s Stammbuch.
Du hast mir, als ich ein Unabe, das «Zuchthaus prophezeit.—
Fürwahr, mein Lieber, Du warst ja immer ein großes
Licht!
Doch sterb' ich im Zuchthaus, so ist das nur ein neuer
Beweis,
Wie hoch ich über Dir stand. Du dickes Schafsgesicht!
 
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