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Das Kufi und das Naskhi

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kurz, die Oberlängen bedeutender. Dicke Punkte über und unter
den Buchstaben vervollständigen mit den schneckenförmigen Ein-
rollungen das Malerische des ganzen Schriftbildes. Für unser Auge
hat das Kufi nicht den Charakter von etwas Geschriebenem, sondern
von etwas Gemaltem. Das Schreibrohr und der Pinsel, denn die
Feder kannte man nicht, wurden wie ein Malpinsel gehandhabt.
Die Ornamentleisten als Textabschluß in einer Koranhandschrift
scheinen aus keiner anderen Welt als diese Schriftzeichen. Wie
sehr das Kufi den Charakter des Ornamentalen trägt, beweist
unter anderem, daß ein ungeübtes Auge die Schrift in einem Orna-
mentstreifen leicht übersieht.
Das Kufi macht eine Entwicklung durch vom Einfachen, Unge-
künstelten und Eckigen zum Gekünstelten, zum runden und?
blühenden Kufi. Schon das 3. Jahrh. d. H. zeigt den Beginn einer
Umbildung. Die Buchstaben sind gerundeter. Das Abrunden und
Verschnörkeln der Endbuchstaben geht im 4. Jahrh. weiter. Das
Kufi verschwindet allmählich aus den Koranen. — Mit den näch-
sten Jahrhunderten schreitet die Entwicklung der Schrift in diesem
Sinne fort. „Die Form der Endbuchstaben neigt zur Arabeske
hin“ (B. Moritz).
In Steininschriften unterscheidet Moritz drei Arten Kufi. Das
alte einfache, meist steife oder eckige Kufi verändert schon im
8. Jahrh. seinen Charakter. Die Köpfe einzelner Buchstaben werden
spitz in die Höhe gezogen. Die Bauinschrift von Ibn-Tülün bietet
dafür ein Beispiel.
Seine Endform erreicht das Kufi in seiner „blühenden“ Art
unter den Fatimiden, arabeskenartige Verschnörkelungen sind ihr
Charakteristikum. Mit der Dynastie der Fatimiden verschwindet
zugleich diese Schrift (1155). Für Kairo stellt v. Berchem das
Erscheinen des Naskhi fest. Die erste Inschrift, die Saladin, Salah
ed-Din der Ayubide, im Jahre 1183—84 auf der Zitadelle in Stein
meißeln ließ, war in Naskhi.
Unter den letzten Abbassiden in Baghdad wird das Kufi, das hier
in Mesopotamien und Syrien phantastisch verschlungene Formen
zeigt, als Schriftart weiter benutzt, in der Absicht, es vor dem
Verschwinden zu erretten (Abb. 22).
Ahlenstiel-Engel, Arabische Kunst. 4
 
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