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Mell, Max [Oth.]
Almanach der Wiener Werkstätte — Wien, Leipzig: Rosenbaum, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.49109#0145
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Sie überhaupt davon nicht, und nehmen
Sie diese Form hin nicht als ein will-
kürliches System erdachter Regeln sondern
als die sinnvolle Folge des Lebens selber.
Tun Sie nichts blos um dieser Form
willen, aber versäumen Sie nie, alles in
dieser Form zu tun. Ihre Schönheit hat ‘
den Ruf eines esprit fort nicht nötig, um '
sich bemerkbar zu machen. Das aber
ist das zweite wovor Sie sich hüten
müssen: Sie haben entartete oder ver-
unglückte Schwestern, die im ruhigen
Gang der Dinge für sich kein Heil
erblicken. Also beginnen sie eine höhere
Sittlichkeit zu lehren, sich über Form und
Regel hinwegzusefcen, zur »freien Liebe«
einzuladen, und alles dies in der nicht immer
undeutlichen Hoffnung, wenigstens einem
Schüchternen zu sich Mut zu machen.
Halten Sie sich diese Frauen und dieses ' ’
Gerede vom Leibe, wenn Ihnen die
Freiheit ihres Tuns wertvoller ist als die
Freiheit ihrer Worte. Diese Frauen meinen,
mit der Intelligenz — mein Gott! — das
zu ersehen was ihnen fehlt. Zeigen Sie <
nie mehr Intelligenz als Ihre Schönheit
verträgt, da& man nicht meint, auch Sie
trieben dieses falsche Spiel vertauschter

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