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Heidelberg College [Hrsg.]
Alt-Heidelberg: Heidelberg College magazine — 1888

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Nr. 17 (22. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70377#0043
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P e r k e o

- Wer/ m'r graö r'rrr poetische Fahrwasser Dm, Witt ich
/ Euch aach de Gcdankegang vun'erekLerch kwwermittle, den sc
m'r die Dääg korz vor ihrm ^chterbdaag schriftlich hott
zukumme lofse. Sie scggt schtcrwend:

Gor: sei Lob unn Dank,
daß endlich die Sach aus d'r
Well g'schafft is, die schun
so viel Schtaab uffgewerwlt >
unN bei eewe so viel 's Bauch-
weh verursacht hott. Ich meen -
die Bergbahnfroog, die glick-
licherweis jetzt so weit ge-
diehe is, daß des Leferenz-
Ellmer'sche Projekt durchgangc
nun 's Mai-Aruoldi'sche in's z
Wasser g'falle is. Ob m'r s
den durchgangene alte Gaul !
Widder kricht, weeß keen !
Schterblicher, dann der Weg, -
den'r genumme, is so glatt
unn schlipferig, daß e Ein-
fange schier gar unmeeglich
is. Nix deschtowcniger is uns
MH MOMawwcr doch c Bergbahn g'si-
ckwrt unn drumm Hut ab vor
" dem Unnernemme, deß so noth-
.. wendig war, wie's dääglich
Brod, wann d'r „Brinz Carl"
zu seine altang'schtammte Rechte kumme will unn aach noch
was initzuredde hott usf dcre vorurthcilsbesangene Welt. Ich
sag, daß die Bergbahn e Bedirfriiß sor unser heitigi Zeit is,
dann laafe will jo keen Dcifl mehr, de Weg uff's Schloß
unn die Molkekur find m'r aach kaum unn Schcese gibts jo
hier unner finfzig Penning keeni, korzum, die Bergbahn is
so nvthwendig wie's Oktroa, ohne deß keen Mensch hier mehr
leewe odderschterwe kennt. Als druff, nix wie'em Fortschritt g'hul-
digt; ich loß mich aach emool mit dere Zukunftsbergbahn
nuffschlenkere unn mach dann mein Bedrachtunge iwwer „Einst
und Jetzt." Ich setz mich dann in die sc Verrüfe, awwer
doch „gut, alt Zeit" zurick, die doch uff solidem Fundament
geruht hott unn ruf dem Bergbahnkondukrenr dann verdrau-
lich zu:


„Wie sah sich die Sache ganz anders doch an,
Als Großvater noch seine Reisen gethan!
Die Mutz' auf dem Ohr und den Ulmer im Mund,
So saß er in Postwagens hinterstem Grund.
!
Und naht sich der Wagen dann Ort oder Stadt,
So war auf dem Posthorn ein Stücklein parat.
Das tönt an den Häusern hellklingend herauf,
Manch' Fensterlcin flog da vor Neugierde auf.
Und unter dem Hcfthor, das Käpplein zur Hand
Dienstfertigen Lächelns der Posthalter stand.
Es hemmte der „Schwager" des Viergespanns Trab,
„Im „Pfalzerhof" ist's gut sein, hier fteig'n wir ab!"

Da lieg' ich arme Lerche! — still und sterbcnstraurig,
Vom Tvdesschmerz auf's Waldmoos hingestreckt.
Dieweil im Tanngeäft, noch feucht und winterfchaurig,
Ein Uhu schreiend meine Schwestern schreckt!
Ich büß' cs schwer, so schwer, mein hoffnungsfrohes Singen,
Und allzu frühe muß mein Herz zerspringen!
Ich kam zu Euch an einem holden Tage,
Und lieblich klang mein Evangelium:
Das sei der Lenz, der an die Pforte schlage,
Die bräutliche, der Zeit — nun ist sie stumm!
Der Himmel aber ist mit Schneegewölk vermauert,
Und nur das Rabenpack vergnügt auf Beute lauert.
Wie haben mir die dicken schwarzen Schreier
Und deren Spießgesellen zugesetzt!
Weil nimmermehr mein Lied nach der Philister leier,
So rief der Schelmenchor: „Seht, wie das Luder hetzt!"
Die Welt war ruhig, fromm und ohne Mackel,
Nun schleudert man uns hoch hinein die Kriegesfackel.

Ich aber sang mein „Werde" ohn' Ermatten,
Bis nun der harte Frost mein heißes Leben traf;
Doch, niedersinkend in des Waldes Schatten,
Ruf's muthig ich den schwarzen Feinden nach:
„Geht auch mein Lebenslicht in Nacht und Schnee zu Ende,
So ist es dennoch Zeit der Frühlingssonnenwende!"
Deß Lersl hott m'r also deß arme Dhierle g'schickt unn
mich gebcete, es jo nit mißzuverschtehe; non, ich bin seim
Wunsch noochkummc unn hab's richtige rausg'funne, macht
Jhr's, bitte, aach so, liewe Leser!

Arithruogrisph
von H. G.
6. 2. 7. 9. 4. 7. 1. männlicher Vorname.
10. 7. 8. 5. 14. 10. deutsche Stadt.
7. 5. 8. 9. 10. 3. ein Karolinger.
7. 5. 3. 4. 7. 4. 2. deutsches Lied.
4. 12. 15. 10. 8. 10. 14. 10. Stadt des Perserreiches.
14. 5. 16. 10. 7. 2. 18. Dichter des 18. Jahrhunderts.
18. 8. 10. 18. 18. 17. 20. 3. 8. Salzbergwerk.
8. 2. 1. 15. 20. 19. 8. 20. Stadt in Afrika.
4. 20. 15. 5. 4. 10. Insel Europas.
2. 5. 9. 10. 14. 14. 2. 8. 4. 3. geistlicher Ritterorden.
14. 4. 8. 13. 9. 10. 20. 8. Bestandthcil des Auges.
Die Anfangsbuchstaben, sowie die Endbuchstaben jeweils
von oben nach unten gelesen, ergeben den Titel zweier Da-
men, beide von einem berühmten deutschen Dichter verfaßt.

Doch heut' ist das Alles vergangene Mähr;
Der Posthalter kommt nicht im Käpplein mehr her.
Der wandernde Enkel wird schnöde taxitt
Vom Häuptling der Kellner, gar fein parfümirt.
Das „Absteigen" ist nicht mehr Sille im Land;
Der Glückliche, der noch ein Zimmerchen fand,
Man führt ihn im „Prinz Carl" sechs Treppen hinan
Und — wenn er's bezahlt, auf elektrischer Bahn.

Auflösung des Räthsels in voriger Nummer:
Donnerwetter.
Richnge Lösungen gingen ein von C. Berberich, hier. F. Egel,
Neidenstein. Ferd. Apfel, Handschuhsheim. Frau Luise Gruner,
Ittlingen. Fran Seyfried, Ooerschefflenz.

Verantwortlicher Redakteur: Philipp Klausner, Heidelberg.
Druck ».Verlag von Car! Pfeffer vorm. Wurm L Pfeffer, Heidelberg.

L G Gratis-Beilage. v rr 4 ^4 mit Haupt-Blatt 10 Hfg.


Gin verbittertes Herz.
Roman von Adolph v. P l at t c n st e i n c r.
20) (Fortsetzung.)
Draußen war indessen finstere Nacht geworden und
von den hohen schlanken Thürmcn der Stadt läutete es
neun Uhr.
Mops schickte Barbara in das Krankenzimmer und er
selbst tappte die dunkle Treppe hinab. — Kaum halte er die
Thüre geöffnet, so trat ihm ein in einen Mantel gehüllter
Mann entgegen.
„Herr Mops!" rief dieser leise.
„Ich bin es, gnädiger Herr!"
„Lassen Sie das, Mops! sagen Sic mir mir, wie
cs geht?"
„Schlecht Herr Rittmeister, recht schlecht!"
Der Rittmeister mußte sich an die graue Steinwand lehnen,
so sehr griff ihn diese Nachricht an.
„Herr Mops", sagte er nach einer längeren Pause,
„Sie müssen mir heute eine Bitte gewähren. Ich muß
sie sehen und sollte ich noch einmal vor die Gnädige treten
müssen."
„Ich kann nicht, Herr Rittmeister!"
„Ich muß sie sehen, Mops, weigern Sie sich nicht länger."
„Es geht wahrhastig nicht, Herr Rittmeister! Wie sollte
ich es denn auch bewerkstelligen? Ja, wenn die Gnädige sich
zur Ruhe begeben würde — aber daran ist heute nicht
zu denken."
„Ich weiß es vom Hofraih, daß es schlimm um sie steht,
aber eben deßhalb muß ich sie noch einmal sehen, oder — ich
werde mit ihr —"
„Nicht solche Worte, Herr Rittmeister!" sagte Mops, sich
abwendend und nach dem Taschentuche fassend. Erft nach
einer Weile fuhr er fort:
„So gerne ich Ihnen zu Willen sein möchte, so darf
ich es doch nicht wagen. Das unglückliche Kind phanlasirt
ohnedies Tag und Nacht von Ihnen. Bedenken Sie, Herr
Rittmeister, wenn Sie von ihr in einem lichten Moment
erkannt würden? — Wenn ich die Schuld an ihrem Tode
trüge, ich vermöchte dereinst nicht ruhig zu sterben. Ach, was
haben Sie gethan —"
Mops bewirkte durch diese Andeutungen gerade das Gegen-
theil. Die Möglichkeit des Erkennens spornte den Rittmeister
nur noch mehr an. Dringender und überzeugender flössen

ihm die Worte von den Lippen, bis endlich Mops, in seiner
Hcrzcnsgüte, die Sache noch einmal in Erwägung zog.
„Herr Rittmeister", sagte er nach einigem Nachdenken,
„wenn es nicht respcktwidrig gegen die Gnädige wäre, eins
Nothlüge zu gebrauchen, so wüßte ich ein Mittel, das sie
bestimmen könnte, das Bett der Kranken am kurze Zeit
zu verlassen."
„Nein, Mops, ich will Sie zu keiner Lüge verleiten —
Sic sollen mir nur das Zimmer zeigen, wo sic liegt."
„Nein, nein, Herr Rittmeister, so geht es nicht, aber ich
werde die Sache möglich zu machen suchen. Wie wäre cs,
wenn Tie nach einer guten Stunde hier auf- und abgingen?
Ich könnte Sie dann zu jeder Minute finden und holen."
„Gul!" sagte der Rittmeister, den Mantel fester um sich
ziehend, als fühlte er Frost von innen heraus, und gleich
darauf war er Mopsens Blicken entschwunden.
Als Mops die Thüre geschlossen, war es ihm, als knarrte
über ihm die Treppe und als würde die Verbindungsthüre
in's Vorderhaus geöffnet und geschlossen, doch nahmen ihn
seine Gedanken, dem Rittmeister zu Diensten zu sein, so
sehr in Anspruch, daß er es vergessen, bevor er die lctzlc
Treppe erreichte.
Er konnte nicht wissen, daß Ursula den Brief gefunden
und daß diese dem Kutscher den Auftrag gegeben, um neun
Uhr im Tennen des Hinterhauses zu lauschen.
„Warle nur, alter Sünder, ich werde Dir eure Suppe
einbrockcn, an der Du Dein Leben lang zu essen hast!" murmelte
dieser, als er sich über den Gang und die Treppen hinab in
die Kutschcrstube schlich, worin sich Ursula, seitdem fie sich
ohne Aufsicht wußte, häuslich niedergelassen.
„Melden Sie mich augenblicklich bei Fräulein Aurora!"
sagte er zu ihr, als er die Thüre geschlossen.
„Um diese Zeit — cs ist ja bald zehn Uhr!"
„Thun Sie, was ich Ihnen sage. Sie hat eben noch
Licht gehabt, ich sah es durch das Schlüsselloch."
„Dais ich denn nichts zuvor wissen?"
„Dazu ist keine Zeil mehr vorhanden —nur vorwärts!"
Johann folgte Ursula auf dem Fuße. Bor Aurora's
Zimmer stehend horte er nach einigem Hin- und Hcrreden!
„Er mag eintrcten!"
Inmitten des Zimmers stehend, crwartcle sic ihn.
Sic, die wir nie anders als in schwerer Seide gesehen,
steht im einfachen HauSkleide vor uns. Das abgehärmte
Gesicht zeugt von durchwachten Nächten. Sic mußte namen-
 
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