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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 23.1898

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Heft 2-3
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Dörpfeld, Wilhelm: Das griechische Theater Vitruvs, 2
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Litteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39188#0367

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DAS GRIECHISCHE THEATER YITRUYS

355

Hinweis auf ein von Reisch (S. 332) für ein Stadtthor, von
Anderen (so namentlich von E. Pitersen, Rom. Mitth. XII
S. 14 0) für eine Skenenfassade erklärtes Terrakottarelief. Ich
teile Petersens Ansicht, dass es ein Proskenion mit Oberstock
und einer Bühne davor darstellt und weiss, dass auch Reisch
jetzt auf Grund des von Petersen ermittelten Thatbestandes
dieser Ansicht beizutreten geneigt ist. Da die Bühne sehr nie-
drig und vorne nicht mit Säulen,sondern mit Kränzen verziert
ist, haben wir unzweifelhaft die Nachbildung einer gewöhn-
lichen steinernen italischen Bühne vor uns. Dass keine Treppe
an ihr vorhanden ist, beweist nichts, weil viele italische
Bühnen, wie die Phlyakenvasen beweisen, keine Treppen
hatten. Wie trotzdem Bethe von dieser Bühne sagen kann :
'Gedacht werden kann sie nur auf dem hohen hellenistischen
Proskenion, ebenso wieVitruv sie beschreibt und einige Phlya-
kenvasen sie zeigen’, und wozu er dann noch tadelnd hinzu -
fügt: 'Dies kleine Monument sollte doch überzeugen; jeden-
falls darf es nicht mehr ignorirt werden’, haben wir vergebens
zu ergründen versucht. Mit dem hellenistischen Proskenion hat
die Bühne des neapeler Reliefs schlechterdings nichts zu thun.
Damit sind die Gründe erledigt, mit denen Bethe seine Theo-
rie, dass das Proskenion die gewöhnliche griechische Bühne
sei, zu stützen weiss. Ist auch nur eines dieser Argumente
stichhaltig? Giebt es unter ihnen, nachdem das Zeugniss Vi-
truvs in Fortfall gekommen ist, auch nur ein einziges, das
sich nicht mit Leichtigkeit widerlegen liesse? Bei einzelnen
müssen wir uns sogar wundern, wie Bethe sie überhaupt an-
führen konnte.
Und mit solchen Argumenten wird eine Theorie verteidigt,
die nicht nur der Entwicklungsgeschichte des Theaters, son-
dern dem künstlerischen Gefühl, den mathematischen Regeln,
der Erfahrung vieler Jahrhunderte und selbst der urkundli-
eben Überlieferung widerspricht. Dass man glauben und lehren
konnte, die griechischen Schauspieler hätten in hellenistischer
Zeit allgemein auf dem Dache einer Säulenhalle gespielt, wäh-
rend sie im V. Jahrhundert sicher, wie seihst Bethe zugiebt,
 
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