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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 26.1901

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Wide, Sam: Eine lokale Gattung boiotischer Gefässe
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https://doi.org/10.11588/diglit.41307#0160
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SAM WIDE

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Annali 1839 Taf. Q (rotfig. Amphora, jetzt in München) und
Gerhard Auserlesene Vasenbilder II 124. Da dieser Typus um
die Mitte des V. Jahrhunderts in Griechenland verschwindet,
dürfen wir ihn bei einer ungefähren Zeitbestimmung unserer
Gefässe verwenden. Freilich darf dabei nicht vergessen wer-
den, dass die Boioter in manchen Dingen sehr konservativ
waren, und dass sich in Boiotien ein Typus länger hat halten
können als in Athen und anderen fortgeschrittenen griechi-
schen Städten.
Die Haartracht der Frau am Wasserbecken findet sich ähn-
lich auf Gefässen des benachbarten Eretria aus der zweiten
Hälfte des V. Jahrhunderts, z. B. auf dem έπίνητρον aus Ere-
tria, das von Hartwig (Έφημερις άρχαιολ. 1897, 140) um 440—430
angesetzt wird. Ein anderes Beispiel derselben Haartracht fin-
den wir auf einer eretrischen Pyxis im britischen Museum
(Catalogue of Vases in the British Museum III pl. XX), die
wohl einige Jahrzehnte jünger ist als jenes έπίνητρον.
Durch diese Vergleichungen werden unsere Gefässe etwa in
die zweite Hälfte des V. Jahrhunderts vor Chr. gewiesen. Viel
tiefer möchte ich nicht herabgehen, denn trotzdem der Künst-
ler im Stande ist seine Figuren in freien und zwanglosen Bewe-
gungen zu zeichnen, bleibt doch ein gewisser Archaismus an
seiner Darstellung haften. Vor allem erinnere ich an die Äus-
serungen des Frontalitätsgesetzes. Doch muss ich ausdrücklich
bemerken, dass diese Datierung nur mutmaasslich und nicht
sicher ist, da wir ja von der boiotischen Vasenchronologie so
wenig wissen.
Von den hier besprochenen Gefässen hat eines ein beson-
deres Interesse durch den Inhalt der Darstellung, der Teller
mit der thronenden Göttin, auf den ich etwas näher eingehe.
Wir haben vor uns ein Kultbilcl — wenn die obige Datierung
richtig ist—etwa aus der Mitte des V. Jahrhunderts, darstellend
Demeter oder Persephone. Wer gemeint ist, lässt sich, wenn
man auch mehr der Benennung als Demeter sich zuneigen
wird, mit Bestimmtheit nicht sagen. Denn Demeter und Kore
sind, wenn sie einzeln, sehr oft sogar wenn sie beide zusammen
dargestellt sind, schwer von einander zu unterscheiden. Die
Göttin trägt auf dem Kopfe einen Polos—eine Kopfbedeckung,
 
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