DIE GRIECHISCHE BÜHNE
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Logeion gespielt worden sein könne». Und an anderer Stelle
schreibt derselbe Gelehrte [Gott. Gel. Anz. 1897, S. 29): «Dass
Chor und Schauspieler sich ursprünglich auf demselben Niveau,
in der Orchestra, bewegt haben, ist für jeden, der heute noch
den Anspruch erheben will, in der Theaterkontroverse gehört
zu werden, selbstverständlich». Während also die älteren
Schriftsteller von einer erhöhten Bühne nichts wissen und daher
zur Puchsteinschen Ergänzung durchaus nicht stimmen, scheinen
allerdings die Nachrichten der jüngeren Zeit das Vorhanden-
sein einer hohen Bühne für das hellenistische Theater zu be-
zeugen. Auf diese jüngeren Nachrichten, namentlich auf die
Angaben eines Pollux und Vitruv, beruft sich daher auch Puch-
stein, um seine Ergänzung der Ruinen zu begründen, ja sie
sind es ganz allein, die ihn zu seiner Rekonstruktion bewogen
haben. Er glaubt den Angaben des Pollux und Vitruv zu folgen,
wenn er den Ruinen trotz ihres Sträubens und trotz des Wider-
spruchs der älteren literarischen Überlieferung einen von der
Orchestra getrennten hohen Spielplatz aufzwingt.
Die wichtige Frage, ob er hierzu berechtigt ist, ob Vitruv
und Pollux wirklich vom hellenistischen Theater sprechen und
daher zu seiner Ergänzung und Erklärung herangezogen werden
dürfen, müssen wir ausführlich besprechen und werden ihr
daher einen besonderen Abschnitt (IV.) widmen. Wir werden
dort sehen, dass Pollux allerdings vom hellenistischen oder
altgriechischen Theater redet und auch über dem Proskenion
ein Logeion kennt, aber von einer hohen Bühne als dem ge-
wöhnlichen Spielplätze der Schauspieler gar nichts weiss. Vitruv
dagegen redet, wie wir ebenfalls beweisen werden, durchaus
nicht vom hellenistischen oder altgriechischen Theater, sondern
von dem griechischen Theater seiner eigenen Zeit, von einem
Typus, den wir aus zahlreichen Ruinen der römischen Zeit sehr
gut kennen, und der sich von dem gewöhnlichen römischen
Theater gerade in denjenigen Punkten unterscheidet, welche
Vitruv als unterscheidende Merkmale seines griechischen und
seines römischen Theaters hervorhebt.
Hier wollen wir nur kurz prüfen, ob Puchstein bei seiner Er-
gänzung der Ruinen auch wirklich den Angaben des Pollux
und Vitruv gefolgt ist, Wir sehen dabei zunächst davon ab.
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Logeion gespielt worden sein könne». Und an anderer Stelle
schreibt derselbe Gelehrte [Gott. Gel. Anz. 1897, S. 29): «Dass
Chor und Schauspieler sich ursprünglich auf demselben Niveau,
in der Orchestra, bewegt haben, ist für jeden, der heute noch
den Anspruch erheben will, in der Theaterkontroverse gehört
zu werden, selbstverständlich». Während also die älteren
Schriftsteller von einer erhöhten Bühne nichts wissen und daher
zur Puchsteinschen Ergänzung durchaus nicht stimmen, scheinen
allerdings die Nachrichten der jüngeren Zeit das Vorhanden-
sein einer hohen Bühne für das hellenistische Theater zu be-
zeugen. Auf diese jüngeren Nachrichten, namentlich auf die
Angaben eines Pollux und Vitruv, beruft sich daher auch Puch-
stein, um seine Ergänzung der Ruinen zu begründen, ja sie
sind es ganz allein, die ihn zu seiner Rekonstruktion bewogen
haben. Er glaubt den Angaben des Pollux und Vitruv zu folgen,
wenn er den Ruinen trotz ihres Sträubens und trotz des Wider-
spruchs der älteren literarischen Überlieferung einen von der
Orchestra getrennten hohen Spielplatz aufzwingt.
Die wichtige Frage, ob er hierzu berechtigt ist, ob Vitruv
und Pollux wirklich vom hellenistischen Theater sprechen und
daher zu seiner Ergänzung und Erklärung herangezogen werden
dürfen, müssen wir ausführlich besprechen und werden ihr
daher einen besonderen Abschnitt (IV.) widmen. Wir werden
dort sehen, dass Pollux allerdings vom hellenistischen oder
altgriechischen Theater redet und auch über dem Proskenion
ein Logeion kennt, aber von einer hohen Bühne als dem ge-
wöhnlichen Spielplätze der Schauspieler gar nichts weiss. Vitruv
dagegen redet, wie wir ebenfalls beweisen werden, durchaus
nicht vom hellenistischen oder altgriechischen Theater, sondern
von dem griechischen Theater seiner eigenen Zeit, von einem
Typus, den wir aus zahlreichen Ruinen der römischen Zeit sehr
gut kennen, und der sich von dem gewöhnlichen römischen
Theater gerade in denjenigen Punkten unterscheidet, welche
Vitruv als unterscheidende Merkmale seines griechischen und
seines römischen Theaters hervorhebt.
Hier wollen wir nur kurz prüfen, ob Puchstein bei seiner Er-
gänzung der Ruinen auch wirklich den Angaben des Pollux
und Vitruv gefolgt ist, Wir sehen dabei zunächst davon ab.