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MAX OHNEFALSCH - RICHTER
zweiten besser als beim ersten. Diese Frisur ist der archaisch-
griechischen Kunst auf Kypros geläufig.
Den Augen beider Köpfe fehlt noch die plastische An-
gabe der Brauen. Die grossen Augen des zweiten Kopfes sind
nach archaischer Weise besser und weicher modelliert als die
kleinen des andern. Ebenso ist der Mund auf Taf. XII besser
gebildet. Er zeigt in beiden Fällen ein mässiges archai-
sches Lächeln, etwas stärker bei dem Kopfe auf Taf. XII, wo
die Lippen, besonders die untere, breiter sind. Auch sind die
Wangen hier voller und weicher, auf Tafel XI magerer, mit
kräftiger betonten Backenknochen.
Die interessanteste steinerne Apollon-Statue aus dem Hei-
ligtum von Frangissa, lebensgross, in ihrer ganzen Länge er-
halten, bekleidet, bärtig und sehr altertümlich, befindet sich im
Cyprus Museum zu Nicosia und wird in meinem Tamassos
und Idalion erscheinen. Als Furtwängler sie dort bei seinen
beiden Besuchen Cyperns 1889 und 1894 wiederholt zu sehen
Gelegenheit hatte, konnte er nicht umhin, diese Statue für
eines der bedeutendsten, vollendetsten und ältesten Werke
früher archaischer Kunst und für eine kyprische Arbeit zu
erklären. Sie besteht denn auch aus kyprischem Kalkstein.
So hat das von so manchem Archäologen zu Unrecht viel
geschmähte Kypros au der Entwickelung der griechisch-ar-
chaischen Kunst auch regen Anteil gehabt, wenn auch der
Insel die volle Höhe griechisch-archaischer und klassischer
Kunst verschlossen blieb. Sobald das Werk über Tamassos
und Idalion erscheint, und im ‘Neuen Museum’ in Berlin die
vortreffliche kyprische Sammlung neu aufgestellt dem Publi-
cum wieder zugänglich ist, dürfte man erkennen, dass sich
die Berliner Sammlung kyprischer Bildwerke mit denen an-
derer Museen in der Übersicht der Perioden wie in seltenen
Einzelstücken wohl messen kann. Vieles davon stammt aus
meinen Ausgrabungen in Tamassos und Idalion.
Berlin, Juli 1915.
Max Ohnefalsch - Richter.
MAX OHNEFALSCH - RICHTER
zweiten besser als beim ersten. Diese Frisur ist der archaisch-
griechischen Kunst auf Kypros geläufig.
Den Augen beider Köpfe fehlt noch die plastische An-
gabe der Brauen. Die grossen Augen des zweiten Kopfes sind
nach archaischer Weise besser und weicher modelliert als die
kleinen des andern. Ebenso ist der Mund auf Taf. XII besser
gebildet. Er zeigt in beiden Fällen ein mässiges archai-
sches Lächeln, etwas stärker bei dem Kopfe auf Taf. XII, wo
die Lippen, besonders die untere, breiter sind. Auch sind die
Wangen hier voller und weicher, auf Tafel XI magerer, mit
kräftiger betonten Backenknochen.
Die interessanteste steinerne Apollon-Statue aus dem Hei-
ligtum von Frangissa, lebensgross, in ihrer ganzen Länge er-
halten, bekleidet, bärtig und sehr altertümlich, befindet sich im
Cyprus Museum zu Nicosia und wird in meinem Tamassos
und Idalion erscheinen. Als Furtwängler sie dort bei seinen
beiden Besuchen Cyperns 1889 und 1894 wiederholt zu sehen
Gelegenheit hatte, konnte er nicht umhin, diese Statue für
eines der bedeutendsten, vollendetsten und ältesten Werke
früher archaischer Kunst und für eine kyprische Arbeit zu
erklären. Sie besteht denn auch aus kyprischem Kalkstein.
So hat das von so manchem Archäologen zu Unrecht viel
geschmähte Kypros au der Entwickelung der griechisch-ar-
chaischen Kunst auch regen Anteil gehabt, wenn auch der
Insel die volle Höhe griechisch-archaischer und klassischer
Kunst verschlossen blieb. Sobald das Werk über Tamassos
und Idalion erscheint, und im ‘Neuen Museum’ in Berlin die
vortreffliche kyprische Sammlung neu aufgestellt dem Publi-
cum wieder zugänglich ist, dürfte man erkennen, dass sich
die Berliner Sammlung kyprischer Bildwerke mit denen an-
derer Museen in der Übersicht der Perioden wie in seltenen
Einzelstücken wohl messen kann. Vieles davon stammt aus
meinen Ausgrabungen in Tamassos und Idalion.
Berlin, Juli 1915.
Max Ohnefalsch - Richter.