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Bernhard Schweitzer
dunklen Zeiten der Vorgeschichte und des Mythos zu schaffen: die Mitte
und 2. Hälfte des V. Jahrhunderts. Schwieriger ist das Alter jener zweiten
Fassung der Atthis zu erraten. Es ist alte Überlieferung, daß Eratosthenes
und Apollodor nach der Reihe der spartanischen Könige gezählt haben
(Diod. I 5, 1; Plut. Lyk. 1), und Jacoby ist schnell zu dem zweiten Schritt
bereit, die Kürzung der attischen Archontenliste und das Datum 1184/3
für Trojas Fall für ein Werk des Eratosthenes zu erklären*). Dürfen wir
ihm wirklich eine so plumpe Korrektur, wenn nicht Fälschung Zutrauen ?
Dem Leiter des Museions, der den Echtheitsbeweis für die in der Bibliothek
vorhandene Erdbeschreibung des Hekataios antiat, dem ersten, der sich
einen 'Philologen' nannte, dem Lehrer des Aristophanes von Byzanz?
Für Ed. Schwartz ist denn auch die methodische Forschung des Erato-
sthenes kein Gegenstand der Frage mehU). Es läßt sich aber doch noch
einiges mehr feststellen. Zwischen dem festen Jahr 683/2 und dem ersfen
Jahr des Demophon bei Eratosthenes 1183/2 liegen genau 500 Jahre;
das sind 15 Generationen zu je 33 Jahren. Das kann unmöglich das
zufällige Ergebnis einer Kompilation der attischen Archontenliste mit
den spartanischen Fasten sein, sondern ist eine zu irgend einer Zeit vor-
genommene attische Reduktion des alten Schemas auf der Grund-
lage der neuen Berechnung der Generation zu 33W Jahren. Möglich
ist dabei immerhin, daß der Wunsch mitspielte, eine Annäherung an
andere chronologische Systeme, vielleicht gerade die spartanische Herr-
scherreihe herzustellen. Ein solches Interesse an Sparta wäre am leich-
testen zu erklären im IV. Jh. v. Chr., als Xenophon seinen Staat der
Lakedaimonier schrieb, einen letzten und ernsthaften Ausläufer der
während des peloponnesischen Krieges in Athen hochgekommenen
Lakonomanie, als Thebens kurzer Machtrausch und dann später die
wachsende makedonische Gefahr aller Augen auf die Vaterstadt Lykurgs
lenkten. Auch das um die gleiche Zeit entstandene Geschichtswerk des
Ephoros scheint ja im Allgemeinen mit einer Generation zu 33 üg Jahren
gerechnet zu habeiP). Er selbst aber als mögliche Ursache für die Um-
U Klio II 1902, 430.
2) a. a. O. 69: 'Eratosthenes und Apollodor haben die Zahlen der Könige
nicht gemacht: sie hätten es gesagt, wenn sie keine vorgefunden hätten.' Anders
freilich: Charakterköpfe " n ioif.
2) Das geht aus seinen bekannten Ansätzen für die Heraklidenwanderung
(1070/69: Clem. Alex. Strom. I 403 P) und dem Faß Trojas (1136; vgi. C. F.
Bernhard Schweitzer
dunklen Zeiten der Vorgeschichte und des Mythos zu schaffen: die Mitte
und 2. Hälfte des V. Jahrhunderts. Schwieriger ist das Alter jener zweiten
Fassung der Atthis zu erraten. Es ist alte Überlieferung, daß Eratosthenes
und Apollodor nach der Reihe der spartanischen Könige gezählt haben
(Diod. I 5, 1; Plut. Lyk. 1), und Jacoby ist schnell zu dem zweiten Schritt
bereit, die Kürzung der attischen Archontenliste und das Datum 1184/3
für Trojas Fall für ein Werk des Eratosthenes zu erklären*). Dürfen wir
ihm wirklich eine so plumpe Korrektur, wenn nicht Fälschung Zutrauen ?
Dem Leiter des Museions, der den Echtheitsbeweis für die in der Bibliothek
vorhandene Erdbeschreibung des Hekataios antiat, dem ersten, der sich
einen 'Philologen' nannte, dem Lehrer des Aristophanes von Byzanz?
Für Ed. Schwartz ist denn auch die methodische Forschung des Erato-
sthenes kein Gegenstand der Frage mehU). Es läßt sich aber doch noch
einiges mehr feststellen. Zwischen dem festen Jahr 683/2 und dem ersfen
Jahr des Demophon bei Eratosthenes 1183/2 liegen genau 500 Jahre;
das sind 15 Generationen zu je 33 Jahren. Das kann unmöglich das
zufällige Ergebnis einer Kompilation der attischen Archontenliste mit
den spartanischen Fasten sein, sondern ist eine zu irgend einer Zeit vor-
genommene attische Reduktion des alten Schemas auf der Grund-
lage der neuen Berechnung der Generation zu 33W Jahren. Möglich
ist dabei immerhin, daß der Wunsch mitspielte, eine Annäherung an
andere chronologische Systeme, vielleicht gerade die spartanische Herr-
scherreihe herzustellen. Ein solches Interesse an Sparta wäre am leich-
testen zu erklären im IV. Jh. v. Chr., als Xenophon seinen Staat der
Lakedaimonier schrieb, einen letzten und ernsthaften Ausläufer der
während des peloponnesischen Krieges in Athen hochgekommenen
Lakonomanie, als Thebens kurzer Machtrausch und dann später die
wachsende makedonische Gefahr aller Augen auf die Vaterstadt Lykurgs
lenkten. Auch das um die gleiche Zeit entstandene Geschichtswerk des
Ephoros scheint ja im Allgemeinen mit einer Generation zu 33 üg Jahren
gerechnet zu habeiP). Er selbst aber als mögliche Ursache für die Um-
U Klio II 1902, 430.
2) a. a. O. 69: 'Eratosthenes und Apollodor haben die Zahlen der Könige
nicht gemacht: sie hätten es gesagt, wenn sie keine vorgefunden hätten.' Anders
freilich: Charakterköpfe " n ioif.
2) Das geht aus seinen bekannten Ansätzen für die Heraklidenwanderung
(1070/69: Clem. Alex. Strom. I 403 P) und dem Faß Trojas (1136; vgi. C. F.