ZUM GEBÄLK DES ATHENATEMPELS IN PRIENE.
Von AR A4 IN VON GERKAN.
In den Athenischen Mitteilungen XXXIX 1914, 72 tf. veröftentlichte
W. Wilberg eine Studie über den Gebälkaufbau des Tempels der Athena
Polias in Priene, in der er zum Schluß kommt, daß technische Erwägungen,
wie auch künstlerische Bedenken das einstige Vorhandensein eines Frieses
zur unabweisbaren Notwendigkeit machen. Seine Resultate sind bisher
nicht ernstlich widerlegt worden und fallen umsomehr ins Gewicht, als
er in der Lage war, die Baureste an Ort und Stelle zu prüfen, und als
Mitarbeiter bei den Ausgrabungen vollen Anspruch auf Autorität hat.
So sieht beispielsweise P. Wolters in der von ihm bearbeiteten 10. Auflage
von Springers Handbuch der Kunstgeschichte sich veranlaßt, zu be-
merken (S. 154), daß 'gegen den bisher angenommenen Alangel des
Frieses beim Tempel in Priene neuerdings Gründe angeführt sind, die
aber noch nicht durchschlagend scheinend
Eine Nachprüfung des Tatbestandes ist gegenwärtig, ohne Besuch
der Ruinenstätte, sehr schwierig, da keine der bisher veröffentlichten
Publikationen vollständig ist, sondern sie sich gegenseitig nur ergänzen
sollen; naturgemäß wird man dabei die eine oder die andere Frage, die
seinerzeit besonders in Betracht zu ziehen kein Anlaß voriag, unbeant-
wortet finden, und die wenigen in Berlin in den Museen befindlichen
Architekturproben können das reiche Material, das in Priene verblieben
ist, nicht ersetzen. Gleichwohl lassen sich die Reste noch soweit über-
blicken, daß es angezeigt erscheint, die Entscheidung der Frage, ob ein
Fries am Tempel vorhanden war, nicht auf unbestimmte Zeit zu vertagen.
Im Folgenden soll gezeigt werden, daß Wilbergs Beobachtungen, so
richtig sie in den meisten Fällen an sich sind, doch nicht zu den von ihm
gezogenen Folgerungen zwingen, daß sie ihnen vielmehr in manchen
Punkten widersprechen, und daß verschiedene Schwierigkeiten, die das
Fehlen eines Frieses zur Folge haben soll, sich in anderer Weise restlos
Von AR A4 IN VON GERKAN.
In den Athenischen Mitteilungen XXXIX 1914, 72 tf. veröftentlichte
W. Wilberg eine Studie über den Gebälkaufbau des Tempels der Athena
Polias in Priene, in der er zum Schluß kommt, daß technische Erwägungen,
wie auch künstlerische Bedenken das einstige Vorhandensein eines Frieses
zur unabweisbaren Notwendigkeit machen. Seine Resultate sind bisher
nicht ernstlich widerlegt worden und fallen umsomehr ins Gewicht, als
er in der Lage war, die Baureste an Ort und Stelle zu prüfen, und als
Mitarbeiter bei den Ausgrabungen vollen Anspruch auf Autorität hat.
So sieht beispielsweise P. Wolters in der von ihm bearbeiteten 10. Auflage
von Springers Handbuch der Kunstgeschichte sich veranlaßt, zu be-
merken (S. 154), daß 'gegen den bisher angenommenen Alangel des
Frieses beim Tempel in Priene neuerdings Gründe angeführt sind, die
aber noch nicht durchschlagend scheinend
Eine Nachprüfung des Tatbestandes ist gegenwärtig, ohne Besuch
der Ruinenstätte, sehr schwierig, da keine der bisher veröffentlichten
Publikationen vollständig ist, sondern sie sich gegenseitig nur ergänzen
sollen; naturgemäß wird man dabei die eine oder die andere Frage, die
seinerzeit besonders in Betracht zu ziehen kein Anlaß voriag, unbeant-
wortet finden, und die wenigen in Berlin in den Museen befindlichen
Architekturproben können das reiche Material, das in Priene verblieben
ist, nicht ersetzen. Gleichwohl lassen sich die Reste noch soweit über-
blicken, daß es angezeigt erscheint, die Entscheidung der Frage, ob ein
Fries am Tempel vorhanden war, nicht auf unbestimmte Zeit zu vertagen.
Im Folgenden soll gezeigt werden, daß Wilbergs Beobachtungen, so
richtig sie in den meisten Fällen an sich sind, doch nicht zu den von ihm
gezogenen Folgerungen zwingen, daß sie ihnen vielmehr in manchen
Punkten widersprechen, und daß verschiedene Schwierigkeiten, die das
Fehlen eines Frieses zur Folge haben soll, sich in anderer Weise restlos