Archaische griechische Vasenmaierei und Piastik
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ditnensioii in Wirklichkeit besaß, sie nur anfangs dein Zwang der Bild-
ebene folgend verleugnete, jetzt dazu kommen, die in seinem Charakter
liegenden Möglichkeiten voll auszunutzen. Bis weit in die Z it des schwarz-
figurigen Stils hinein hat man nur für die Vorderfläche Interesse. Aber
als im spätschwarzfigurigen und frührotfigurigen Stil die Vasenmaler
sich immer mehr bemühen, der Körperlichkeit gerecht zu werden, kann
sich auch das Relief dem nicht verschließen. Sogar beim Flachrelief
läßt sich das sehen. Bei den entwickelteren Friesen des Siphnierschatz-
hauses in Delphi *) ist ein ganz neuer Sinn für Tiefenwirkung erwacht.
Die Konturen springen nicht mehr plötzlich aus dem Grunde heraus,
ln allmählicher Rundung schwellen die Körper an. Indem man beide
Schultern nicht mehr in die gleiche Fläche legt, kommt man zur Drei-
viertelansicht mit ihrer starken plastischen Anregungskraft. Man emp-
findet Figuren und Hintergrund nicht mehr in gleichem Maße, wie das
früher zum Beispiel in Assos der Fall war, als etwas Homogenes; man
faßt die Figuren als kubische Gebilde auf, und sie bekommen dem Grunde
gegenüber eine Selbständigkeit, die ihnen früher fremd war. An manchen
Stellen will die geringe Erhöhung des Reliefs nicht mehr reichen, all' die
Körperlichkeit, die man darstellen wollte, zu fassen, und man dringt in
den Reliefgrund ein, wie besonders bei den Schilden (Homolle, Fouilles
de Delphes IV Tat. 11—14).
Jetzt mußte den Künstlern die starke Erhebung des Giebelreliefs
willkommen sein, um ihren Gestalten volle Körperlichkeit zu verleihen.
Am Megarerschatzhaus in Olympia-) kann man dies beobachten. Bei
der fast vollständig erhaltenen Gestalt des Schildtragenden geht die
Dreiviertelansicht weit in die Tiefe hinein, und von der Vorderfläche ist
außer dem Schild fast nichts mehr erhalten.
Für das Auge kann von Anfang an bei dem architektonischen Hoch-
relief ein Zusammenhang zwischen Hintergrund und Figur kaum be-
') Homoüe, Fouilles de Delphes IV Tat. 11—15; Kunstgesch. i. Bild. "
209, 4, 6 u. 210, 1, 2; Phot. Alinari 24754—05.
2) Olympia 111 Tat. 3—4. Die Verwandtschaft dieser Skulpturen mit
den Metopen vom Tempel F in Selinunt (Kekule, Die griechische Skulptur "
36), die auf gleicher Stufe mit den späten Meisterschalen stehen (Curtius, Berl.
Philol. Wochenschr. 1905, 1667) ist so groß, daß es nicht möglich ist, sic
mit Treu (Olympia Hl 14) in die Mitte des VI. Jahrhunderts zu setzen.
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ditnensioii in Wirklichkeit besaß, sie nur anfangs dein Zwang der Bild-
ebene folgend verleugnete, jetzt dazu kommen, die in seinem Charakter
liegenden Möglichkeiten voll auszunutzen. Bis weit in die Z it des schwarz-
figurigen Stils hinein hat man nur für die Vorderfläche Interesse. Aber
als im spätschwarzfigurigen und frührotfigurigen Stil die Vasenmaler
sich immer mehr bemühen, der Körperlichkeit gerecht zu werden, kann
sich auch das Relief dem nicht verschließen. Sogar beim Flachrelief
läßt sich das sehen. Bei den entwickelteren Friesen des Siphnierschatz-
hauses in Delphi *) ist ein ganz neuer Sinn für Tiefenwirkung erwacht.
Die Konturen springen nicht mehr plötzlich aus dem Grunde heraus,
ln allmählicher Rundung schwellen die Körper an. Indem man beide
Schultern nicht mehr in die gleiche Fläche legt, kommt man zur Drei-
viertelansicht mit ihrer starken plastischen Anregungskraft. Man emp-
findet Figuren und Hintergrund nicht mehr in gleichem Maße, wie das
früher zum Beispiel in Assos der Fall war, als etwas Homogenes; man
faßt die Figuren als kubische Gebilde auf, und sie bekommen dem Grunde
gegenüber eine Selbständigkeit, die ihnen früher fremd war. An manchen
Stellen will die geringe Erhöhung des Reliefs nicht mehr reichen, all' die
Körperlichkeit, die man darstellen wollte, zu fassen, und man dringt in
den Reliefgrund ein, wie besonders bei den Schilden (Homolle, Fouilles
de Delphes IV Tat. 11—14).
Jetzt mußte den Künstlern die starke Erhebung des Giebelreliefs
willkommen sein, um ihren Gestalten volle Körperlichkeit zu verleihen.
Am Megarerschatzhaus in Olympia-) kann man dies beobachten. Bei
der fast vollständig erhaltenen Gestalt des Schildtragenden geht die
Dreiviertelansicht weit in die Tiefe hinein, und von der Vorderfläche ist
außer dem Schild fast nichts mehr erhalten.
Für das Auge kann von Anfang an bei dem architektonischen Hoch-
relief ein Zusammenhang zwischen Hintergrund und Figur kaum be-
') Homoüe, Fouilles de Delphes IV Tat. 11—15; Kunstgesch. i. Bild. "
209, 4, 6 u. 210, 1, 2; Phot. Alinari 24754—05.
2) Olympia 111 Tat. 3—4. Die Verwandtschaft dieser Skulpturen mit
den Metopen vom Tempel F in Selinunt (Kekule, Die griechische Skulptur "
36), die auf gleicher Stufe mit den späten Meisterschalen stehen (Curtius, Berl.
Philol. Wochenschr. 1905, 1667) ist so groß, daß es nicht möglich ist, sic
mit Treu (Olympia Hl 14) in die Mitte des VI. Jahrhunderts zu setzen.