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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0160
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Gottfried v. Lücken

der die Figur dargestellt ist, aus ihm heraus. Erst gab man der unbeweg-
lich dastehenden Gestalt den Diskos als Attribut in die Hand, ohne an
dem alten Typus das geringste zu verändern. Im V. Jahrhundert be-
herrscht das Motiv des Diskoswerfens die ganze Haltung. Wie die Ent-
wicklung von der starren Haltung der Frühzeit zu größerer Freiheit
und Beweglichkeit in der Freiplastik vor sich ging, können wir in den
meisten Fällen nicht mehr verfolgen; das erhaltene Material ist zu ge-
ring. Nur b.i einigen Beispielen sind wir besser daran, und es ist auch
hier interessant zu sehen, wie in der Plaslik Motive auftauchen, die die
Malerei lange vorher kennt.
Als mit dem Beginn des frührotfigurigen Stils die Vasenmaler
immer größere Freude am präzisen Erfassen einer momentanen Situation
fanden, da gaben sie mit Vorliebe den Waffenläufer nicht mehr laufend,
sondern in einem bestimmten Moment i), wahrscheinlich am Beginn des
Kampfes, in dem der Läufer die beiden Kniee ein wenig beugt, den Ober-
körper vorwärts neigt und die rechte Hand vorstreckt, während die linke
den Schild hält. Wohl das früheste uns erhaltene Beispiel findet sich
auf einer Schale des Euphronios im Cabinet des Medailles in Paris (Hartwig,
Meisterschalen Tat. 16); doch kommen Figuren, die genau so bewegt
sind, schon früher in anderen Haltungen vor ^). Die Plastik nimmt erst
in der Zeit nach dem streng rotfigurigen Stil dieses Motiv auf. Die
tübinger Bronze 3) ist in dieser Haltung gegeben.
Welche Sparsamkeit bei der archaischen Plastik in der Verwendung
ihrer Typen herrscht, das zeigen vor allem die Darstellungen des Diskos-
wurfes. Während die schwarzfigurige Vasenmalerei hier eine Fülle von
Haltungen gibt, bleiben die Bildhauer lange bei ihren alten Schemata.
Sie geben entweder dem 'Apollotypus' einen Diskos in die Hand
oder, wenn sie die Bewegung darstellen wollen, verwenden sie eine Haltung,
die sich nicht sehr vom Typus des Angreifenden unterscheidet: der linke
Am: ist mit meist rechtwinkliger Beugung im Ellenbogen erhoben, wäh-
b Arch. Jahrb. X 1895, 182.
5 Kachryiion, Hartwig, Meisterschalen Tat. 1; Epiktetisch, Furtwängter,
Sammlung Saburoff Tat. 53. Der 'Chiasmus' wird hier nicht berührt.
b Brunn-Bruckmann, Taf. 351 b; Arch. Jahrb. 1 1886 Tat. 9; Bulle,
Der schöne Mensch s Taf. 89.
Ü Vgl. die Beispiele oben S. 153 Anm. 4.
 
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