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Gottfried v. Lücken
dargestellt, ohne sich stark in die Tiefe zu entwickein. Vielleicht standen
auch diese Figuren gleich den Giebelgruppen vor einer Wan-d, wodurch
der reliefartige Charakter ja noch verstärkt würde und die schwierigen
Probleme der Statik sich leichter lösen ließen. Noch die Gestalten des
attalischen Weihgeschenks standen ja vor einer Mauer i).
Etwas ganz Neues dagegen bietet die Gruppe der Tyrannenmörder-).
Hier sind die Figuren nicht nur durch den erzählten Vorgang zusammen-
gehalten, es ist wirklich ein Erscheinungszusammenhang gegeben. Die
Gruppe hat tatsächlich Tiefe, und die Figuren stellen sich in der Seiten-
ansicht so hintereinander dar, daß sie sich mit einem Blick zusammen-
fassen lassen. Auch zu dieser Art, Figuren aufeinander zu komponieren,
läßt sich schon in der schwarzfigurigen Vasenmalerei Ähnliches finden.
Die korinthische und frühe attisch schwarzfigurige Vasenmalerei liebt
es, mehrere Körper so hintereinander im Profil darzustellen, daß immer
ein Profil hinter dem anderen erscheint und die hinteren Profile wie die
Schatten der vorderen wirken 3). Aber im entwickelten schwarzfigurigen
Stil wird auch die hintere Figur ihres Eigenwertes bewußt, ihre Haltung
differenziert sich von der der vorderen, sodaß sie nicht mehr nur wie
eine Wiederholung dieser wirkt ^). Man liebt es, bei solchen Kompo-
sitionen die Gestalten möglichst verschieden voneinander zu bilden. Die
eine ist bärtig, die andere unbärtig, die eine erhebt den rechten Arm, die
andere den linken (Gerhard, A.V. 100). Damit ist die Komposition der
Tyrannenmördergruppe, soweit sie sich in der Fläche darstellen läßt, im
wesentlichen gegeben. Im Profil gesehen erinnert die Gruppierung der
Tyrannenmörder stark an Vasenbilder wie Gerhard, A.V. 259, 1. Hier
p Pausanias 125; v. Bienkowski, Darstellungen der Gallier 64 f.; v. Saiis,
Der Attar von Pergamon 32.
b Nachdem der einzige bis dahin unbezweifeite Zeuge über die Gruppe
des Antenor, die Wiener Lekythos, von Hauser (Arch. Jahrb. X 1895, 203
Anm. 26) in das V. Jahrhundert gesetzt wird, wissen wir über diese Gruppe
nichts. (Ameiung, Neue Jahrb. f. d. kiass. A!t. XIX 1907, 537; Studniczka,
ebenda XVIII 1906, 545).
3) Furtwängier-Reichhold Tat. 1/2; Pottier, Vases ant. du Louvre Tat.
48 E 34. Vgl. auch die Rinderraubmetope vom Schatzhaus der Sikyonier in
Delphi, HomoIIe, Fouilles de Delphes IV Tat. 4.
0 Besonders Amasis ist hier wichtig. Wiener Vorlegebl. 1889 Taf. 3, 2;
Adamek, Unsignierte Vasen des Amasis Taf. 2; JHS. XIX 1899 Taf. 5; ferner;
Gerhard, A.V. 31—34, 39, 42, 44.
Gottfried v. Lücken
dargestellt, ohne sich stark in die Tiefe zu entwickein. Vielleicht standen
auch diese Figuren gleich den Giebelgruppen vor einer Wan-d, wodurch
der reliefartige Charakter ja noch verstärkt würde und die schwierigen
Probleme der Statik sich leichter lösen ließen. Noch die Gestalten des
attalischen Weihgeschenks standen ja vor einer Mauer i).
Etwas ganz Neues dagegen bietet die Gruppe der Tyrannenmörder-).
Hier sind die Figuren nicht nur durch den erzählten Vorgang zusammen-
gehalten, es ist wirklich ein Erscheinungszusammenhang gegeben. Die
Gruppe hat tatsächlich Tiefe, und die Figuren stellen sich in der Seiten-
ansicht so hintereinander dar, daß sie sich mit einem Blick zusammen-
fassen lassen. Auch zu dieser Art, Figuren aufeinander zu komponieren,
läßt sich schon in der schwarzfigurigen Vasenmalerei Ähnliches finden.
Die korinthische und frühe attisch schwarzfigurige Vasenmalerei liebt
es, mehrere Körper so hintereinander im Profil darzustellen, daß immer
ein Profil hinter dem anderen erscheint und die hinteren Profile wie die
Schatten der vorderen wirken 3). Aber im entwickelten schwarzfigurigen
Stil wird auch die hintere Figur ihres Eigenwertes bewußt, ihre Haltung
differenziert sich von der der vorderen, sodaß sie nicht mehr nur wie
eine Wiederholung dieser wirkt ^). Man liebt es, bei solchen Kompo-
sitionen die Gestalten möglichst verschieden voneinander zu bilden. Die
eine ist bärtig, die andere unbärtig, die eine erhebt den rechten Arm, die
andere den linken (Gerhard, A.V. 100). Damit ist die Komposition der
Tyrannenmördergruppe, soweit sie sich in der Fläche darstellen läßt, im
wesentlichen gegeben. Im Profil gesehen erinnert die Gruppierung der
Tyrannenmörder stark an Vasenbilder wie Gerhard, A.V. 259, 1. Hier
p Pausanias 125; v. Bienkowski, Darstellungen der Gallier 64 f.; v. Saiis,
Der Attar von Pergamon 32.
b Nachdem der einzige bis dahin unbezweifeite Zeuge über die Gruppe
des Antenor, die Wiener Lekythos, von Hauser (Arch. Jahrb. X 1895, 203
Anm. 26) in das V. Jahrhundert gesetzt wird, wissen wir über diese Gruppe
nichts. (Ameiung, Neue Jahrb. f. d. kiass. A!t. XIX 1907, 537; Studniczka,
ebenda XVIII 1906, 545).
3) Furtwängier-Reichhold Tat. 1/2; Pottier, Vases ant. du Louvre Tat.
48 E 34. Vgl. auch die Rinderraubmetope vom Schatzhaus der Sikyonier in
Delphi, HomoIIe, Fouilles de Delphes IV Tat. 4.
0 Besonders Amasis ist hier wichtig. Wiener Vorlegebl. 1889 Taf. 3, 2;
Adamek, Unsignierte Vasen des Amasis Taf. 2; JHS. XIX 1899 Taf. 5; ferner;
Gerhard, A.V. 31—34, 39, 42, 44.