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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 44.1919

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Lücken, Gottfried von: Archaische griechische Vasenmalerei und Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29500#0173
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Archaische griechische Vasenmaierei und Piastik

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Motiv erst uni die Mitte des V. Jahrhunderts bei zahlreichen Athena-
statuen. Auch zu der Art, wie sich der 'Narkissos' und die Gestalten des
Praxiteles leicht an einen Stamm zur Seite stützen, findet man schon
auf den streng rotfigurigen Vasen Verwandtes. Zwischen der Haltung
des Apollon Sauroktonos des Praxiteles und des Jünglings an der Säule
auf einer Schale des Brygos^) besteht kein prinzipieller Unterschied.
Allerdings ist das Motiv bei den späteren Statuen statisch weiter durch-
dacht, indem sich die gestützte Körperhälfte hebt, während auf den Vasen-
bildern beide Schultern in gleicher Höhe liegen.
Nur für den Kontrapost lassen sich in der Malerei keine Vorstufen
finden. Zwar die Verschiebung im Becken sehen wir in der Vasenmalerei
gleichzeitig mit der Beugung im Knie bei Euthymides aufkommen,
während in der attischen Plastik der Ephebe von der Akropolis und
der Körper des blonden Epheben die frühesten Beispiele dafür bieten.
Dagegen heben im streng rotfigurigen Stil die Stehenden die über dem
Spielbein liegende Brusthälfte nicht höher als die andere.
Mit einer oft etwas naiven Entdeckerfreude suchen die Bildhauer
immer wieder die Bewegung zu geben. Dabei ändert sich das innerste
Wesen dieser Kunst von Grund auf. Wer von Statuen, die vor den Perser-
kriegen entstanden sind, herkommend, die Plastik der ersten Hälfte des
V. Jahrhunderts betrachtet, glaubt vor einer ganz neuen Kunst zu stehen,
so sehr hat sich alles gewandelt. Die früheren Statuen schienen mehr
architektonische Gebilde als lebende Wesen zu sein. Das wird jetzt
anders. Die starre Schönheit und feierliche Unbeweglichkeit der sym-
metrischen Steingebilde, bei denen jedes Glied unverrückbar festzuliegen
scheint, hat aufgehört, und an ihre Stelle tritt die Freude am lebendigen
Gewächs. Alle Regelmäßigkeit wird vermieden. Nicht mehr die ruhenden
Formen bietet die Gestalt dar. Man will das Leben fassen. Dem Beschauer
wird ein Vorgang vorgeführt, an dem er einen Augenblick teilnehmen darf.
Die Statue hört auf ein tektonisches Gebilde zu sein, sie will die rhyth-
mische Schönheit der bewegten Gestalt offenbaren.
7. Erklärungsversuche.
Es ist eine der sonderbarsten Erscheinungen in der Geschichte der
griechischen Kunst, daß bis zu einem bestimmten Moment beide Künste

p Hartwig, Meisterschaien Tat. 34; Furtwängter-Reichhotd, Text Π 124,
 
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