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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 50.1925

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Loewy, Emanuel: Zur archaischen Statuenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.29494#0037
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ZUR ARCHAISCHEN STATUENKUNST

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geübten Kunst Anleitung für solche zu geben 1, ich iiberdies sehr
bezweifle.

Es ergeben sich aber noch stärkere Bedenken. Die er-
haltenen stehenden Gewandfiguren der assyrischen Monumental-
plastik 2 sind alle männlich, die entsprechenden griechischen alle
weiblich. Daß es assyrische weibliche gegeben habe, ist in
hohem Grade unwahrscheinlich 3. Es hätte also die beginnende
griechische Kunst mit der Herübernahme sofort eine Umtauschung
des Geschlechtes vorgenommen. Doch sie verzichtete nicht
ganz auf männliche bekleidet stehende Figuren. Ein Beispiel,
aus Samos, ist erhalten 4. Und was ist hier geschehen? Nicht
das assyrische Modell liegt zu Grunde, sondern in eigentümlich
kiinstlichem Verfahren ist dem ägyptischen nackten Jiingling
Gewand aufgepfropft. Daß etwa die Umwandlung des assy-
rischen Gewandes ins griechische Hindernisse bereitet hätte, darf
gewiß der nicht geltend machen, dem die Statue des Cheramyes
Kronzeugin fiir assyrischen Ursprung der Typen ist. Nicht genug:
dieser Ionier in Chiton und Himation erscheint, was die pla-
stische Ausfiihrung betrifft, jugendlich bartlos, obwohl Assyrien
fiir die plastische Darstellung des Bartes nahezu unmittelbär
verwertbare Anleitung bot. Und dasselbe wiederholt sich bei
einem anderen Ionier, dem schon erwähnten, thronenden, also
sicher wiirdig männlichen ‘Branchiden’ 5: auch dessen Wange
und Kinn sind ägyptisch glatt. Also gerade an Orten und bei
Aufgaben, bei denen man nach Rodenwaldts Annahme Befolgung
des assyrischen Modells am ehesten erwarten miißte, läßt es

1 So Rodenwaldt, Arch. Jahrb. XXVIII 1913, 313 und neuerdings
Pfuhl, AM. XXXXVIII 1923, 124f. Aber diese Annahme unterschätzt
die Größe des Schrittes von kleiner zu großer statuarischer Darstellung.

2 Diese hat Rodenwaldt im Auge, wenn er von den ‘noch stehenden
Denkmälern der Zeit Assurnazirpals und seiner Nachfolger’ spricht. Aber
auch wenn er im folgenden die Kleinplastik mitverstände, bleibt das
oben geäußerte Bedenken aufrecht.

3 Vgl. L. Curtius, a. O. 9. Zu der daselbst (1 ff.) gewürdigten weib-
lichen Statuette vgl. die beiden vorigen Anmerkungen sowie S.32 Anm. 3
und 4.

4 AM. XXXI 1906, 87f. (Wiegand), 165ff. (L. Curtius), Taf. X—XII;
Öst. Jahresh. XII 1909, 293f., Abb. 149f.

3 Perrot VIII 272, Abb. 109, Br.-Br. 141 a.
 
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