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Andreae, Bernard
Motivgeschichtliche Untersuchungen zu den römischen Schlachtsarkophagen — Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.14579#0075

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erscheint. Den rechten Arm hat er nach hinten hoch erhoben und gerade ausge-
streckt oder leicht gebeugt. Die Hand schwingt eine Lanze oder ist in großartiger
Befehlsgebärde ausgebreitet209. Mit Ausnahme des Feldherrn auf dem Großen
Ludovisischen Sarkophag (S. 16 A II 17), der aus dem Bilde herausblickt, hat
der reitende Feldherr seinen Kopf nach rechts dem Kampfgetümmel zugewandt.
Meist trägt sein Pferd ein Pantherfell als Schabracke270.

Obwohl das Motiv des Reiters die hinreißende Wucht des Angriffs überzeu-
gend zum Ausdruck bringt, erhält der Typus seine eigentliche Bedeutung nicht
wie die bisher betrachteten Typen aus der Absicht, ein besonders charakteristi-
sches, kompliziertes Motiv darzustellen, denn motivisch ist er so allgemein wie
nur irgendein Reiter, sondern aus der Anordnung im Zentrum der Komposition.

Im gleichen Motiv und ebenfalls im Mittelpunkt der Schlacht erscheint der rei-
tende Trajan auf dem großen am Konstantinsbogen wiederverwendeten Fries271.
Dort reitet der Kaiser über einen Barbaren hinweg, der unter dem Pferd in die
Knie gebrochen ist und nach rechts vornüberstürzt. Der gleiche Barbar begegnet
unter dem reitenden Alexander auf mehreren etruskischen Urnen272, die auf das
gleiche Vorbild zurückgehen wie das Alexandermosaik in Neapel. Dort ist zwar
die Darstellung unter dem Alexander zerstört. Nach dem Ausweis der Urnen be-
fand sich aber auf dem Alexandergemälde an der entsprechenden Stelle der
Vornüberstürzende273. Da der gleiche Vornüberstürzende auch unter dem in ähn-
lichem Motiv wie der Alexander erscheinenden Trajan begegnet, wird dies auf
der einen Seite bestätigt. Auf der anderen Seite wird dadurch aber auch be-
wiesen, daß die Darstellung auf dem trajanischen Fries durch den Alexander des
Alexandergemäldes angeregt wurde274, dessen Kopie im Alexandermosaik vor-
liegt. Durch seine zentrale Anordnung hat der reitende Trajan aber eine neue
Bedeutung erhalten. Er ist nicht mehr so sehr Teilnehmer als Beherrscher der
Schlacht. Das Neue liegt nicht in der Erfindung oder Umformung eines Typus
— denn der ist mit geringfügiger Veränderung der Haltung des rechten Armes275
übernommen —. sondern in der Komposition.

Der gleiche Typus eines in der Mitte des Bildes nach rechts galoppierenden
Reiters, der mit der Rechten eine Lanze schwingt, begegnet auf römischen Jagd-
sarkophagen270. Wiederum scheint ein Alexanderdenkmal die Anregung gegeben
zu haben: nach einer Vermutung G. Kleiners277 hängt die Darstellung des zentra-
len Reiters auf den römischen Jagdsarkophagen mit der durch das messenische
Relief im Louvre278 bekannten Bronzegruppe der Löwenjagd Alexanders von
Lysipp und Leochares27" zusammen, in der der Auftraggeber Kassander in die-
sem Motiv, allerdings nicht im Zentrum der Komposition, erscheint.

Die beiden neben den Schlachtsarkophagen wesentlichsten Vorkommen unse-
res Typus auf römischen Denkmälern wurden durch Darstellungen mit der Ver-
herrlichung Alexanders angeregt. Zur motivgeschichtlichen Erklärung des Feld-
herrn auf den Schlachtsarkophagen scheint ein Hinweis darauf, daß sich ein ähn-
licher Typus auf Münzen280 findet, und daß einige Bronzeappliken281 ihn wieder-
holen, demnach nicht notwendig262.

Denn es bedurfte wohl des Zurückgreifens auf ein monumentales Vorbild, um
diesem Typus durch die Einführung in einen neuen Bildzusammenhang neues
Leben zu schenken. Ein solches monumentales Vorbild könnte auch in diesem

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