IV
Vorwort.
scheint uns in den verschiedenen Zeiten als ein nach gleichen Grundsätzen?
erfolgender. Die menschliche Natur zeigt sich allenthalben als dieselbe und’
Menschen wie Völker besitzen, wenn sie auf derselben gleichwerthigen Ent-
wicklungsstufe angelangt sind, unabhängig von einander dieselben Ideen und
technischen Fertigkeiten. Ueberall erscheint uns der zubehauene Feuerstein
als die ursprüngliche Waffe oder das erste Geräth; die Anfänge der Töpferei,,
das Formen des plastischen Thons zu Urnen und Kochgeschirren sind allent-
halben gleich; der Tumulus hat in Europa dieselbe Form wie in Nord-
amerika ; der südamerikanische Sambaqui, der Muschelhaufen auf den Anda-
manen, die dänischen Kjökenmöddinger zeigen kaum Verschiedenheit; die Men-
hirs und Dolmen, welche indische Naturvölker noch jetzt errichten, weichen
nicht ab von jenen, die in unserm Erdtheil als Zeugen längst dahingegangener-
Geschlechter übrig blieben. Von den mäandrischen Verzierungen auf den
Urnen der südamerikanischen Indianer, der Griechen und Römer sprechend’
bemerkt schon Alexander von Humboldt (Ans. d. Nat. I. 284): „Die Ur-
sachen dieser Ärmlichkeiten beruhen mehr auf psychischen Gründen, auf
der innern Natur unsrer Geistesanlagen, als dass sie Gleichheit der Abstam-
mung und alten Verkehr der Völker beweisen“ und er traf damit vor vielen
Jahren, als die Anfänge einer Völkerpsychologie kaum vorhanden waren, das
Richtige.
Es ist daher, wo wir solche Uebereinstimmungen finden, von vorn-
herein zunächst an eine unabhängige Entstehung derselben, an eine generaün.
aequivoca zu glauben. Wenn der menschliche Geist überall derselbe und-
die gleichen Anlagen überall vorhanden sind, so folgt daraus, dass analoge
Ideen, übereinstimmende Sitten und Gebräuche, gleichviel in welcher Gegend
der Mensch auch lebt, von ihm erzeugt werden, dass eine Sitte, eine aber-
gläubige Meinung des Eskimos in ihrer Wesentlichkeit dieselben sein können,,
wie die entsprechenden eines innerafrikanischen Negers, während die polare
Umgebung des Einen, die tropische des Andern nur im untergeordnetem
Masse ändernd und örtlich färbend einzuwirken vermögen.
Der Volksaberglauben, die Geister und Zaubermittel, die Orakel und
Omina, welche bei uns als Ueberreste der frühesten Kulturentwicklung unsres
Geschlechtes fortbestehen, sind keine müssige Erfindung, sondern allgemeines.
Eigenthum der Menschheit, sie kennzeichnen die Stellung des Menschen gegen-
über der Aussenwelt in jenem Zeiträume, in welchem ihm noch die wissen-
schaftliche Erfahrung über die Dinge und Ereignisse der Aussenwelt abgehen.,,
wo der .Naturmensch mit noch unentwickelten Geisteskräften der Welt gegen-
Vorwort.
scheint uns in den verschiedenen Zeiten als ein nach gleichen Grundsätzen?
erfolgender. Die menschliche Natur zeigt sich allenthalben als dieselbe und’
Menschen wie Völker besitzen, wenn sie auf derselben gleichwerthigen Ent-
wicklungsstufe angelangt sind, unabhängig von einander dieselben Ideen und
technischen Fertigkeiten. Ueberall erscheint uns der zubehauene Feuerstein
als die ursprüngliche Waffe oder das erste Geräth; die Anfänge der Töpferei,,
das Formen des plastischen Thons zu Urnen und Kochgeschirren sind allent-
halben gleich; der Tumulus hat in Europa dieselbe Form wie in Nord-
amerika ; der südamerikanische Sambaqui, der Muschelhaufen auf den Anda-
manen, die dänischen Kjökenmöddinger zeigen kaum Verschiedenheit; die Men-
hirs und Dolmen, welche indische Naturvölker noch jetzt errichten, weichen
nicht ab von jenen, die in unserm Erdtheil als Zeugen längst dahingegangener-
Geschlechter übrig blieben. Von den mäandrischen Verzierungen auf den
Urnen der südamerikanischen Indianer, der Griechen und Römer sprechend’
bemerkt schon Alexander von Humboldt (Ans. d. Nat. I. 284): „Die Ur-
sachen dieser Ärmlichkeiten beruhen mehr auf psychischen Gründen, auf
der innern Natur unsrer Geistesanlagen, als dass sie Gleichheit der Abstam-
mung und alten Verkehr der Völker beweisen“ und er traf damit vor vielen
Jahren, als die Anfänge einer Völkerpsychologie kaum vorhanden waren, das
Richtige.
Es ist daher, wo wir solche Uebereinstimmungen finden, von vorn-
herein zunächst an eine unabhängige Entstehung derselben, an eine generaün.
aequivoca zu glauben. Wenn der menschliche Geist überall derselbe und-
die gleichen Anlagen überall vorhanden sind, so folgt daraus, dass analoge
Ideen, übereinstimmende Sitten und Gebräuche, gleichviel in welcher Gegend
der Mensch auch lebt, von ihm erzeugt werden, dass eine Sitte, eine aber-
gläubige Meinung des Eskimos in ihrer Wesentlichkeit dieselben sein können,,
wie die entsprechenden eines innerafrikanischen Negers, während die polare
Umgebung des Einen, die tropische des Andern nur im untergeordnetem
Masse ändernd und örtlich färbend einzuwirken vermögen.
Der Volksaberglauben, die Geister und Zaubermittel, die Orakel und
Omina, welche bei uns als Ueberreste der frühesten Kulturentwicklung unsres
Geschlechtes fortbestehen, sind keine müssige Erfindung, sondern allgemeines.
Eigenthum der Menschheit, sie kennzeichnen die Stellung des Menschen gegen-
über der Aussenwelt in jenem Zeiträume, in welchem ihm noch die wissen-
schaftliche Erfahrung über die Dinge und Ereignisse der Aussenwelt abgehen.,,
wo der .Naturmensch mit noch unentwickelten Geisteskräften der Welt gegen-