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III. Ihre Erhaltung.
Bei der Erhaltung alter Mauern fragt es sich, oh das Bauwerk unter
Dach ist, ob das Dach schadhaft ist und das Mauerwerk dem Verderben durch
Feuchtigkeit und Frost preisgibt.1)
Die von oben eindringende Feuchtigkeit wirkt in dreifacher Weise ver-
derblich, indem sie den Mörtel ausspült, indem sie den in den Mauerrissen
und Fugen angesiedelten Pflanzen Nahrung gibt, sie am Leben erhält und
veranlasst, dass ihre Wurzeln immer tiefer eindringen und die Fugen immer
weiter auseinandersprengen, und drittens dadurch, dass die eingedrungene
Feuchtigkeit bei Frost gefriert, sich ausdehnt und die Risse und Ritzen bei
jedem Temperatur wechsel weiter macht. Was dagegen vorzunehmen, ist selbst-
verständlich eine Dachausbesserung. Die Risse zu verschmieren, hüte man sich
wohl, denn der Riss ist da, weil die Mauer hier wegen grösserer oder kleinerer
Setzungen auseinander klaffen muss, und das, was man in den Riss hineinbringt,
oder womit man ihn auskeilt, vermehrt nur das Übel, da es den Riss weder
zusammenankert, noch zusammenzukleben im stände ist; dazu reicht kein Mörtel
aus! Das Ausfugen selbst ist überhaupt von sehr zweifelhaftem Nutzen. Soll
der Riss, wie billig, vor den Augen verschwinden, so sind die zunächst an-
stehenden Steine, zumal wenn sie locker sind, herauszunehmen und durch
längere, quer über den Riss reichende Läufer zu ersetzen.
Der, welcher diese und die nachfolgenden Arbeiten leiten soll, ist nicht
ganz leicht zu wählen, da weder ein vielbeschäftigter und eiliger, nur Nützlichkeits-
zwecke kennender Praktiker, noch ein des technischen Verständnisses barer
Gelehrter die Aufgabe lösen wird. Es gehört dazu ein technisch erfahrener,
mit Sinn und Ehrfurcht für das Altertum begabter Mann, der seine Arbeiter
zu wählen und ihnen für jeden einzelnen Fall das Notwendige und Charakte-
ristische des nebenanstehenden Mauerwerks deutlich zu machen weiss. Dies
auch äusserlich treu nachzuahmen, wird ihre Aufgabe sein, die der Mindest-
fordernde im Verding nicht löst. Der Mörtel darf nie bis aussen vortreten,
sodass er abgestrichen werden muss und das Geflickte schon von fern her er-
kennen lässt, sondern die Fugen sind, wo dies nicht bei dem Alten anders ist,
offen zu halten. Der Mörtel muss in der Farbe dem Alten gleichen, ebenso
wie alle wettergebräunten Steine als Bekleidsteine wieder verwandt werden
müssen. Es ist uns schon wiederholt vorgekommen, dass man mit Selbst-
zufriedenheit uns Wiederherstellungen an alten Burgen gezeigt hat, die sich
bereits auf stundenweite Entfernung als helle Flecken bemerklich gemacht hatten;
fürwahr ein trauriger Anblick.
Hat das Mauerwerk kein Dach oder Zinnenabschluss, so nehme man eine
Schicht von 30 bis 40 cm Höhe ab, lege die Bekleidsteine geordnet zur Seite
und baue die Mauer stückweise, hoch oder niedrig, unter Benutzung jener
Steine im früheren Verband mit gutem Cementmörtel wieder auf, jedoch so,
dass sie oben eine 10 bis 15 cm tiefe Mulde bildet, unregelmässig bis an die
Bekleidsteine reichend, bald hoch, bald tief, wie es die zufällige Abtreppung
’) Wir benutzen hier unseren Aufsatz im Centralblatt der Bauverwaltung, August 1884.
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III. Ihre Erhaltung.
Bei der Erhaltung alter Mauern fragt es sich, oh das Bauwerk unter
Dach ist, ob das Dach schadhaft ist und das Mauerwerk dem Verderben durch
Feuchtigkeit und Frost preisgibt.1)
Die von oben eindringende Feuchtigkeit wirkt in dreifacher Weise ver-
derblich, indem sie den Mörtel ausspült, indem sie den in den Mauerrissen
und Fugen angesiedelten Pflanzen Nahrung gibt, sie am Leben erhält und
veranlasst, dass ihre Wurzeln immer tiefer eindringen und die Fugen immer
weiter auseinandersprengen, und drittens dadurch, dass die eingedrungene
Feuchtigkeit bei Frost gefriert, sich ausdehnt und die Risse und Ritzen bei
jedem Temperatur wechsel weiter macht. Was dagegen vorzunehmen, ist selbst-
verständlich eine Dachausbesserung. Die Risse zu verschmieren, hüte man sich
wohl, denn der Riss ist da, weil die Mauer hier wegen grösserer oder kleinerer
Setzungen auseinander klaffen muss, und das, was man in den Riss hineinbringt,
oder womit man ihn auskeilt, vermehrt nur das Übel, da es den Riss weder
zusammenankert, noch zusammenzukleben im stände ist; dazu reicht kein Mörtel
aus! Das Ausfugen selbst ist überhaupt von sehr zweifelhaftem Nutzen. Soll
der Riss, wie billig, vor den Augen verschwinden, so sind die zunächst an-
stehenden Steine, zumal wenn sie locker sind, herauszunehmen und durch
längere, quer über den Riss reichende Läufer zu ersetzen.
Der, welcher diese und die nachfolgenden Arbeiten leiten soll, ist nicht
ganz leicht zu wählen, da weder ein vielbeschäftigter und eiliger, nur Nützlichkeits-
zwecke kennender Praktiker, noch ein des technischen Verständnisses barer
Gelehrter die Aufgabe lösen wird. Es gehört dazu ein technisch erfahrener,
mit Sinn und Ehrfurcht für das Altertum begabter Mann, der seine Arbeiter
zu wählen und ihnen für jeden einzelnen Fall das Notwendige und Charakte-
ristische des nebenanstehenden Mauerwerks deutlich zu machen weiss. Dies
auch äusserlich treu nachzuahmen, wird ihre Aufgabe sein, die der Mindest-
fordernde im Verding nicht löst. Der Mörtel darf nie bis aussen vortreten,
sodass er abgestrichen werden muss und das Geflickte schon von fern her er-
kennen lässt, sondern die Fugen sind, wo dies nicht bei dem Alten anders ist,
offen zu halten. Der Mörtel muss in der Farbe dem Alten gleichen, ebenso
wie alle wettergebräunten Steine als Bekleidsteine wieder verwandt werden
müssen. Es ist uns schon wiederholt vorgekommen, dass man mit Selbst-
zufriedenheit uns Wiederherstellungen an alten Burgen gezeigt hat, die sich
bereits auf stundenweite Entfernung als helle Flecken bemerklich gemacht hatten;
fürwahr ein trauriger Anblick.
Hat das Mauerwerk kein Dach oder Zinnenabschluss, so nehme man eine
Schicht von 30 bis 40 cm Höhe ab, lege die Bekleidsteine geordnet zur Seite
und baue die Mauer stückweise, hoch oder niedrig, unter Benutzung jener
Steine im früheren Verband mit gutem Cementmörtel wieder auf, jedoch so,
dass sie oben eine 10 bis 15 cm tiefe Mulde bildet, unregelmässig bis an die
Bekleidsteine reichend, bald hoch, bald tief, wie es die zufällige Abtreppung
’) Wir benutzen hier unseren Aufsatz im Centralblatt der Bauverwaltung, August 1884.
5*