Fayence- und Porzellanfabriken des 18. Jahrh. in hess.-nass. Gebiete. 155
des Fortbestehens der Anstalt erörterte. In erster Linie war man dafür, die
in der Gegend vorhandenen vorzüglichen Materialien, die im übrigen Deutschland
nicht ebensogut gefunden wurden, auszubeuten. Den Einwohnern eine Ein-
nahme verschaffen, den Insassen des Zuchthauses Arbeitsgelegenheit nachweisen,
die herrschaftlichen Revenuen vermehren, den Ruhm des Landesherrn ver-
grössern, waren gute Dinge. Alles dies fiel jedoch nicht schwer genug auf die
Wagschale, wenn man bedachte, wieviel Ilolz der Pächter jährlich nötig hatte.
Statt der konzessionierten 100 Klafter jährlich verbrauche die Fabrik in 12 Jahren
3960 Klafter Holz. Diese in Kohlen verwandelt, würden 1320 Fuder, das
Fuder zu 18 Fl. gerechnet, den Betrag von 23 760 Fl. gegeben haben, während
jetzt, die Klafter zu 2 Fl. 30 Kreuzer gerechnet, nur 9900 Fl. gelöst worden
seien. Folglich seien der Nationalwirtschaft 13 860 Fl. entgangen, wobei man
gar nicht einmal an Hammerschmiede, Bergleute, Kleinfeuer-Handwerker zu
erinnern brauche, die durch die Kohlen in ihren Betrieben gefördert worden
wären. „Wieviele herrschaftliche Gelder würden hiervon haben können bezahlet,
wie viel mehr Unterthanen im Lande erhalten werden?" Die 2280 Fl. Facht,
die die Fabrik in 12 Jahren abgeworfen haben würde, erst 180 Fl., später
200 Fl., könnten für diesen Ausfall nicht entschädigen.
Indes der Verfasser dieses Gutachtens, Kammerrat Ilabel, mochte die
Fadenscheinigkeit seiner Beweisführung selbst fühlen. So führte er noch ein
anderes Argument gegen die Fortsetzung der Manufaktur ins Feld. Die Kunst,
Fayence zu brennen, sei in Wiesbaden keine neue. Seit undenklichen Zeiten
werde hier die Töpferkunst, von der sie nur ein Zweig sei, betrieben. Die
10 Häfner, die heute noch in Wiesbaden arbeiteten und zusammen 47 Personen
ernährten, würden zu stark durch den Fabrikbetrieb benachteiligt. Statt der
4—6 mal haltbareren irdenen Geschirre wolle alle Welt, durch den äusseren
Schein geblendet, nur noch die zerbrechliche Fayence kaufen. Alle Bürger-
und Bauerküchen legten Zeugnis von dieser verderblichen Neigung ab, die um
so mehr zu beklagen sei, als mit dem Beginne der Fabrik seit 1770 eine nicht
wegzuleugnende Verfeinerung sich in der Stadt offenbare. „Die Bequemlichkeit,
Weichlichkeit und der Luxus im hiessigen Amte in Ansehung der vermehrten
Ofen, der Herdfeuer, der warmen Getränke habe zugenommen." Das sei alles
um so bedauerlicher, als das Einkommen, das die Fabrikarbeiter bezögen, auch
wieder unnütz verausgabt würde. Das meiste davon ginge nach Mainz für
Kaffee, Zucker, Mehl. Die kräftigen Männer, die die Fabrik jetzt an sich
gefesselt habe, würden in anderer Beschäftigung ebensoviel verdienen.
So war denn nach dieser Beurteilung der Vorteil, der der Stadt aus dem
neuen Etablissement erwuchs, im Grunde nur klein. „Offenherzig und nach
Pflicht zu reden ist die Fabrik seither zum grössten Nachteile der Untertanen,
zum offenbaren Schaden des herrschaftlichen Interesses betrieben worden."
Dennoch wollte selbst dieses so rigorose Gutachten sich im Jahre 1785
noch nicht zur Aufhebung der Fabrik verstehen, sondern liess sich dahin aus,
dass man auf strengere und schärfere Beobachtung des Pachtkontraktes dringen
müsse. Man dürfe dem Pächter nicht mehr als 100 Klafter Holz zu kaufen
erlauben. „100 Klafter Holz vor ein Geschirr, das doch fast alles wieder aus
dem Lande kommt, ist ein beträchtlicher Verlust."
des Fortbestehens der Anstalt erörterte. In erster Linie war man dafür, die
in der Gegend vorhandenen vorzüglichen Materialien, die im übrigen Deutschland
nicht ebensogut gefunden wurden, auszubeuten. Den Einwohnern eine Ein-
nahme verschaffen, den Insassen des Zuchthauses Arbeitsgelegenheit nachweisen,
die herrschaftlichen Revenuen vermehren, den Ruhm des Landesherrn ver-
grössern, waren gute Dinge. Alles dies fiel jedoch nicht schwer genug auf die
Wagschale, wenn man bedachte, wieviel Ilolz der Pächter jährlich nötig hatte.
Statt der konzessionierten 100 Klafter jährlich verbrauche die Fabrik in 12 Jahren
3960 Klafter Holz. Diese in Kohlen verwandelt, würden 1320 Fuder, das
Fuder zu 18 Fl. gerechnet, den Betrag von 23 760 Fl. gegeben haben, während
jetzt, die Klafter zu 2 Fl. 30 Kreuzer gerechnet, nur 9900 Fl. gelöst worden
seien. Folglich seien der Nationalwirtschaft 13 860 Fl. entgangen, wobei man
gar nicht einmal an Hammerschmiede, Bergleute, Kleinfeuer-Handwerker zu
erinnern brauche, die durch die Kohlen in ihren Betrieben gefördert worden
wären. „Wieviele herrschaftliche Gelder würden hiervon haben können bezahlet,
wie viel mehr Unterthanen im Lande erhalten werden?" Die 2280 Fl. Facht,
die die Fabrik in 12 Jahren abgeworfen haben würde, erst 180 Fl., später
200 Fl., könnten für diesen Ausfall nicht entschädigen.
Indes der Verfasser dieses Gutachtens, Kammerrat Ilabel, mochte die
Fadenscheinigkeit seiner Beweisführung selbst fühlen. So führte er noch ein
anderes Argument gegen die Fortsetzung der Manufaktur ins Feld. Die Kunst,
Fayence zu brennen, sei in Wiesbaden keine neue. Seit undenklichen Zeiten
werde hier die Töpferkunst, von der sie nur ein Zweig sei, betrieben. Die
10 Häfner, die heute noch in Wiesbaden arbeiteten und zusammen 47 Personen
ernährten, würden zu stark durch den Fabrikbetrieb benachteiligt. Statt der
4—6 mal haltbareren irdenen Geschirre wolle alle Welt, durch den äusseren
Schein geblendet, nur noch die zerbrechliche Fayence kaufen. Alle Bürger-
und Bauerküchen legten Zeugnis von dieser verderblichen Neigung ab, die um
so mehr zu beklagen sei, als mit dem Beginne der Fabrik seit 1770 eine nicht
wegzuleugnende Verfeinerung sich in der Stadt offenbare. „Die Bequemlichkeit,
Weichlichkeit und der Luxus im hiessigen Amte in Ansehung der vermehrten
Ofen, der Herdfeuer, der warmen Getränke habe zugenommen." Das sei alles
um so bedauerlicher, als das Einkommen, das die Fabrikarbeiter bezögen, auch
wieder unnütz verausgabt würde. Das meiste davon ginge nach Mainz für
Kaffee, Zucker, Mehl. Die kräftigen Männer, die die Fabrik jetzt an sich
gefesselt habe, würden in anderer Beschäftigung ebensoviel verdienen.
So war denn nach dieser Beurteilung der Vorteil, der der Stadt aus dem
neuen Etablissement erwuchs, im Grunde nur klein. „Offenherzig und nach
Pflicht zu reden ist die Fabrik seither zum grössten Nachteile der Untertanen,
zum offenbaren Schaden des herrschaftlichen Interesses betrieben worden."
Dennoch wollte selbst dieses so rigorose Gutachten sich im Jahre 1785
noch nicht zur Aufhebung der Fabrik verstehen, sondern liess sich dahin aus,
dass man auf strengere und schärfere Beobachtung des Pachtkontraktes dringen
müsse. Man dürfe dem Pächter nicht mehr als 100 Klafter Holz zu kaufen
erlauben. „100 Klafter Holz vor ein Geschirr, das doch fast alles wieder aus
dem Lande kommt, ist ein beträchtlicher Verlust."