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K. Pagenstecher
Da sich auch etwa ohnordnungen zutragen würden under den personen in den stiften,
sölte solches der obrikeit durch den dechan vermeldet und ahngezeiget werden und
mit rath derselbigen abgeschafft und gebessert. Es sollen auch die stifts personen
ohn allen außzug under der weltlichen obrikeit schütz und schirm sein und, wie landes
Ordnung und recht ist, recht nehmen und geben.
Von der Canonicen exercitiis.
Die horae canonicae mügen in stiften bei den canonicis, dieweil sie dieselbige
verstehen, in lateinischer sprachen gehalten werden, und dieweil die collecten uf die
sontage und de tempore (wie sie die nennen) gemeinglich rein sind, mage man solche
behalten und pleiben lassen. Aber die andern de sanctis, so gemeinglich ohnrein
und uff der heiligen ahnrufung gehen, müssen verbessert und waß der canonischen
schrift zuwidder außgethan werden. Es were auch nützlich und brechte den canonicis
grossen verstand, daß sie die capitula odder lectiones, die sie in iren horis lesen,
auß den capitibus, darauß sie genommen, ganz lesen mit einem kurzen summario,
denn also müssen sie daruff studieren und lesen mit vleiß und ahndacht. Man kündte
auch den ganzen psalter in die wuchen zu singen austeilen und den numerum psalmorum
kürzen, daß allein die fürnehmste für und für gesungen würden und bei jedem auch
ein summarium verlesen aus den summariis Viti Theodorici odder Doctoris Wenzelai
Linci, welche die canonici auß dem deutschen ins latein transferiren kündten propter
exercitium styli. Hierzu würde helfen das breviarium Clementis, darinnen alle malen
zu jeden gezeiten drei psalmi und drei lectiones, eine auß dem alten, die ander auß
dem newen testament, die dritte ex probatis ecclesiasticis scriptoribus zu singen und
zu lesen verordnet sind. Sunst sollen sie auch für sich ire privatas horas zu beten
haben, wie ein ieder Christ denn schuldig ist und sonderlich die so im geistlichen
ampt und kirchendienste sind, doch sine superstitione meriti et cultus.
Von der messe.
Solche mage bei den canonicis in lateinischer spräche gehalten werden, doch
ohn den impium canonem, welcher eine humana traditio ist, denen die apostel, wie
Gregorius schreibt, nicht gehabt, denn die haben allein des herren wort und des
herren gebot darzu gebrauchet. Deßgleichen soll sie auch ohn communicanten nicht
gehalten werden, und künden dieselbige wol haben, nach dem irer viel sind. Doch
were zu bedenken, wie oft in der wochen solches sölte geschehen, odder ob eß allein
mit dem sontage gnug were, wie wirs darfurhalten. Man müste auch allein die reine
sequenz darinnen singen, denn etliche derselbigen, sonderlich uff der heiligen feste
sind abgöttisch und abergläubig. Es müsten auch die winkelmessen ganz und gar
abgeschaffet werden, denn darinnen wird wider die Ordnung und einsatzung des herrn
Christi ganz gehandlet, und für dieselbige'vielfältige messen eine publica, wie eß bei
den alten vettern gehalten ist worden, ahngerichtet. Doch soll das abendmal, so bei
den kranken in zeit der not gehalten wird, außgenommen sein, welches doch auch,
da eß müglich, mit mehr communicanten soll gehalten werden.
Vom salve regina.
Was von den horis de tempore gesagt ist, soll auch von den antiphonis und
salve verstanden werden, und dieweil das salve regina nicht rein ist, soll eß in ein
salve rex misericordiae verwandlet werden.
Von den vigiliis mortuorum.
Dieweil bißhero in den stiften viel vigiliae mortuorum gehalten worden, darinnen
grosser mißbrauch ist, sollen dieselbige widder uff iren Ursprung, daheren sie ent-
standen, reducirt werden. Warumb aber und wie dieselbige gehalten sind worden,
findet man bei dem h. Chrysostomo und Dionysio, nemlich zum troist der lebendigen
mit einer explication des Spruchs: Beati mortui qui in Domino moriuntur, welchen
man ahm ende der vigilien gesungen hat,
K. Pagenstecher
Da sich auch etwa ohnordnungen zutragen würden under den personen in den stiften,
sölte solches der obrikeit durch den dechan vermeldet und ahngezeiget werden und
mit rath derselbigen abgeschafft und gebessert. Es sollen auch die stifts personen
ohn allen außzug under der weltlichen obrikeit schütz und schirm sein und, wie landes
Ordnung und recht ist, recht nehmen und geben.
Von der Canonicen exercitiis.
Die horae canonicae mügen in stiften bei den canonicis, dieweil sie dieselbige
verstehen, in lateinischer sprachen gehalten werden, und dieweil die collecten uf die
sontage und de tempore (wie sie die nennen) gemeinglich rein sind, mage man solche
behalten und pleiben lassen. Aber die andern de sanctis, so gemeinglich ohnrein
und uff der heiligen ahnrufung gehen, müssen verbessert und waß der canonischen
schrift zuwidder außgethan werden. Es were auch nützlich und brechte den canonicis
grossen verstand, daß sie die capitula odder lectiones, die sie in iren horis lesen,
auß den capitibus, darauß sie genommen, ganz lesen mit einem kurzen summario,
denn also müssen sie daruff studieren und lesen mit vleiß und ahndacht. Man kündte
auch den ganzen psalter in die wuchen zu singen austeilen und den numerum psalmorum
kürzen, daß allein die fürnehmste für und für gesungen würden und bei jedem auch
ein summarium verlesen aus den summariis Viti Theodorici odder Doctoris Wenzelai
Linci, welche die canonici auß dem deutschen ins latein transferiren kündten propter
exercitium styli. Hierzu würde helfen das breviarium Clementis, darinnen alle malen
zu jeden gezeiten drei psalmi und drei lectiones, eine auß dem alten, die ander auß
dem newen testament, die dritte ex probatis ecclesiasticis scriptoribus zu singen und
zu lesen verordnet sind. Sunst sollen sie auch für sich ire privatas horas zu beten
haben, wie ein ieder Christ denn schuldig ist und sonderlich die so im geistlichen
ampt und kirchendienste sind, doch sine superstitione meriti et cultus.
Von der messe.
Solche mage bei den canonicis in lateinischer spräche gehalten werden, doch
ohn den impium canonem, welcher eine humana traditio ist, denen die apostel, wie
Gregorius schreibt, nicht gehabt, denn die haben allein des herren wort und des
herren gebot darzu gebrauchet. Deßgleichen soll sie auch ohn communicanten nicht
gehalten werden, und künden dieselbige wol haben, nach dem irer viel sind. Doch
were zu bedenken, wie oft in der wochen solches sölte geschehen, odder ob eß allein
mit dem sontage gnug were, wie wirs darfurhalten. Man müste auch allein die reine
sequenz darinnen singen, denn etliche derselbigen, sonderlich uff der heiligen feste
sind abgöttisch und abergläubig. Es müsten auch die winkelmessen ganz und gar
abgeschaffet werden, denn darinnen wird wider die Ordnung und einsatzung des herrn
Christi ganz gehandlet, und für dieselbige'vielfältige messen eine publica, wie eß bei
den alten vettern gehalten ist worden, ahngerichtet. Doch soll das abendmal, so bei
den kranken in zeit der not gehalten wird, außgenommen sein, welches doch auch,
da eß müglich, mit mehr communicanten soll gehalten werden.
Vom salve regina.
Was von den horis de tempore gesagt ist, soll auch von den antiphonis und
salve verstanden werden, und dieweil das salve regina nicht rein ist, soll eß in ein
salve rex misericordiae verwandlet werden.
Von den vigiliis mortuorum.
Dieweil bißhero in den stiften viel vigiliae mortuorum gehalten worden, darinnen
grosser mißbrauch ist, sollen dieselbige widder uff iren Ursprung, daheren sie ent-
standen, reducirt werden. Warumb aber und wie dieselbige gehalten sind worden,
findet man bei dem h. Chrysostomo und Dionysio, nemlich zum troist der lebendigen
mit einer explication des Spruchs: Beati mortui qui in Domino moriuntur, welchen
man ahm ende der vigilien gesungen hat,