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Dietrich, Dagmar; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Der Kirchenbau und seine Ausstattung: Hinweise für Pfarrer, Kirchenvorsteher, Kirchenpfleger und Mesner — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 13: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.67314#0047
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Originale alte Fassungen besitzen für das bemalte Kunst-
werk einen wesentlichen Aussagewert, der leider vielfach
nicht richtig eingeschätzt und oft gedankenlos zerstört wur-
de; auch heute kommt es leider manchmal noch vor, daß
Kunstwerke aus Holz neu bemalt und alte, schadhafte Fas-
sungen rücksichtslos beseitigt werden (Abb. 57).
Die verhältnismäßig wenigen Kunstwerke aus Holz, die
noch ihre originale Fassung behalten haben, sollten daher
mit ganz besonderer Sorgfalt beobachtet werden. Treten
auch nur geringfügige Schäden auf, so verständige man
das Bayer. Landesamt für Denkmalpflege umgehend, damit
es die notwendigen Restaurierungsmaßnahmen beraten
kann. Keinesfalls dürfen Altarteile oder Figuren mit schad-
hafter Fassung ohne vorherige Transportsicherung durch
einen erfahrenen Restaurator von ihrem Standort entfernt
werden. Durch die Erschütterungen könnte die gelockerte
Fassung abplatzen und damit verloren sein.
Altes, matt glänzendes Gold hat einen Schimmer, der un-
nachahmlich ist. Historische Vergoldungen sollten daher
unbedingt erhalten und geschützt werden. Man sollte sich
vom harten Glitzern einer neuen Vergoldung nicht blenden
lassen! Trüb gewordene oder abblätternde Vergoldungen
können vom Restaurator wieder in Ordnung gebracht wer-
den, sie müssen nicht unbedingt erneuert werden.
Ausbesserungen mit handelsüblicher Gold- oder Silber-
bronze führen zu völlig unbrauchbaren Ergebnissen und
sollten daher gar nicht erst in Erwägung gezogen werden.
Daß man schwarzem oxydiertem Silber auf Holz nicht mit
einem Silberputzmittel wieder zu Glanz verhelfen kann,
dürfte wohl allgemein bekannt sein.
Wie bereits erwähnt, reinige man hölzerne, gefaßte Altäre,
Ornamente und Figuren sehr vorsichtig trocken mit einem
Haarpinsel, nie aber feucht oder naß.
Abgebrochene Teile (z. B. Ornamentstücke. Finger oder At-
tribute von Figuren) sollten unbedingt sofort an einem ei-
gens bestimmten Ort (z. B. Schachtel in der Sakristei) si-
chergestellt und von einem Restaurator baldmöglichst wie-
der angeleimt werden.
Werden Holzfiguren oder andere Gegenstände aus Holz
vorübergehend aus der Kirche ausgelagert, so muß dafür
gesorgt werden, daß sie nicht in gänzlich andersgeartete
klimatische Verhältnisse kommen.
Auch eine nur kurzfristige Auslagerung auf Speichern oder
in beheizten, trockenen Räumen oder Gebäuden kann zu
verheerenden Schäden führen. Ein Lagerraum sollte ähn-
lich wie der Kirchenraum möglichst kühl und mäßig feucht
sein (z.B. ungeheizte Nordzimmer, trockene Kellerräume)
und zudem eine ausreichende Sicherung gegen Diebstahl
besitzen.
Sind umfangreichere Instandsetzungsmaßnahmen in der
Kirche vorgesehen, so suche man rechtzeitig einen geeig-
neten Lagerraum für das aus der Kirche auszulagernde
Ausstattungsgut. Bei wertvollen Ausstattungsstücken
müßten zudem Feuchtigkeitsmessungen und -vergleiche
vorgenommen werden.
Sollen Holzfiguren mechanisch, z.B. durch Verschrauben,
gegen Diebstahl gesichert werden, so ist diese Maßnahme
zunächst mit dem Bayer. Landesamt für Denkmalpflege
vorzubesprechen. Das Bayer. Landesamt für Denkmalpfle-
ge legt Umfang und Art der Eingriffe zusammen mit einem
Kirchenmaler oder Restaurator fest (siehe S. 28 ff.).

58 Die Elektroinstallationen am Hauptaltar sind nicht nur
häßlich, sondern auch wegen Überalterung ausgespro-
chen gefährlich und unzulässig.


Die Oberflächen von hölzernen Kunstwerken sollten auch
sonst nicht verkratzt oder verletzt werden, z.B. indem man
Leitungen, Blumenuntersetzer oder -halter oder Girlanden
an den Altar nagelt (s. Abb. 58).
Angelehnte Leitern verursachen im weichen Kreidegrund
der Fassungen Druckspuren und Kratzer. Wenn Arbeiten
oben an Altären notwendig sind, nehme man möglichst ei-
ne freistehende Bockleiter. Notfalls kann eine dick mit
Schaumgummi gepolsterte Leiter auch angelehnt werden.
Flügelaltäre sind zwar zum Öffnen und Schließen gedacht.
Doch bewegt man die Flügel zu oft — z. B. bei ständigen
Touristenführungen — leiden die oft Jahrhunderte alten
Mechanismen und können brechen oder ausreißen. Sind
die Scharniere brüchig, sollte man schwere Altarflügel im
geöffneten Zustand stabilisierend mit dünnen Stäben un-
terstützen. Bei Führungen und Erklärungen dürfen die Altä-
re, die Figuren oder Bilder nicht mit dem Zeigestock berührt
werden.
Heute finden wir nur noch selten vollständig intakte Wan-
delaltäre. Das sind Altäre, bei denen das Mittelbild entspre-
chend den kirchlichen Festzeiten ausgewechselt werden
kann. Auch wenn die Verwandlungen heute häufig nicht
mehr vorgenommen werden, sollten die zur Verwandlung
vorgesehenen Bilder, Figuren, Leuchter, Glaskugeln und
dergleichen auf jeden Fall sorgfältig aufbewahrt und vor
Schäden geschützt werden. Vielleicht lebt der alte religiöse
Brauch wieder einmal auf (siehe auch S. 64).
Hinter dem Altar entsteht leicht ein Abstellplatz für alle
möglichen Geräte. Diese Dinge können in einem Schrank,
evtl, auf dem Dachboden oder in der Sakristei ordentlich
und sicher aufbewahrt werden. Wenn die Rückseite des Al-
tars bemalt ist, muß die Malerei besonders beobachtet und
gegen Sonneneinstrahlung geschützt werden. Denn Sonne
bleicht aus, Sonne entwickelt Wärme. Durch Hitzeeinwir-
kung blättern Farben ab, bilden sich Blasen auf bemalten
Oberflächen. Das Holz schrumpft, es entstehen Schwund-
risse. Farben können auch verblassen oder sich verändern
(Abb. 59).

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