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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 15.1892

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Gurlitt, Wilhelm: Der 4. Mimiambos des Herodas
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https://doi.org/10.11588/diglit.12272#0186

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in die Höhe blickt. Daran schließt sich die Erwähnung der Gruppe
eines Knaben, welcher eine Grans würgt, gleichfalls aus Marmor (30
bis 34) und der Statue der Batale, der Frau oder Tochter des Myttes
(35—38). „Folge mir," sagt darauf Kynno (39—40), „und ich werde
dir etwas Schönes zeigen, wie du es noch nicht gesehen hast, seit
du lebst." Damit treten sie in das Innere des Tempels. Ihr Auge
überfliegt rasch eine Reihe plastischer Werke (56—58) und verweilt
um so länger auf einem Gemälde des Ephesiers Apelles (59—71): ein
Knabe mit einer Feuerzange, ein Stier von einem Manne geführt, eine
Frau und ein Mann, welche folgen. In ein begeistertes Lob des großen
Künstlers, welches Kynno in den Mund gelegt wird, klingt dann der
Theil des Gedichtes aus, welcher uns hier interessiert (72—78).

Wir fragen zunächst: wo waren die hier erwähnten Werke auf-
gestellt? Darauf antworten alle, welche diese Frage berührt haben,
vom ersten Herausgeber an, der zwar Zweifel andeutet (Kenyon S. 4. 10):
in dem berühmten Asklepieion zu Kos. Für diese Behauptung
sind bisher die folgenden Gründe geltend gemacht worden. Schon vor
dem Bekanntwerden des ägyptischen Papyrus hatte man Herodas zu
Philetas von Kos und zu Theokritos gestellt, welcher bekanntlich in
Kos weilte und dichtete3) und aus den spärlich erhaltenen Bruchstücken
geschlossen, dass Herodas ein Dorer gewesen sein müsse.4) Die jetzt
vorliegenden Gedichte bestätigen diese Ansicht durchaus. Die jonische
Grundlage des gewählten Dialektes erklärt sich aus der bei den
Griechen stets festgehaltenen Tradition für die einzelnen Dichtungsarten,
hier für den Choliambos: die dorische Beimischung stammt aus der
Schule oder Heimat des Dichters und stimmt durchaus zu dem, was
uns die Ko'ischen Inschriften bieten.5) In der That spielt der 2. Mimi-
ambos in Kos, wie v. 95 beweist,6) und von den übrigen deutet nur
etwa der 7. auf ein anderes Local.7)

3j Vgl. Paton S. 358 ff.

4) F. Susemihl, Geschichte der griech. Literatur in der Alexandrinerzeit I

S. 229.

5) Paton bei Kenyon S. 4. Vgl. F. Bechtel „Jonismen auf Kos", Nachrichten
der Goett. Ges. der Wiss. 1890, S. 31 f.

6) Hicks introd. S. LH, 2 führt zum Beweis auch die Ko'ische Magistratur
der nqoöxätai an vv. 10. 15. 40.

7) Kyzikos wegen des Monatsnamens Taureon v. 8ß und des nom. propr.:'AQtaxtjvfj
vv. 87. 92. Kaibel bemerkt richtig, dass aus Mim. VII auf das Local von VI nichts zu
schließen ist. Was Rutherford sonst anführt, wie die Worte rjiuai&ov III, 45, ^xqhiov
V, 32, die TsQ^via V, 80 (s. unten) und die sprichwörtliche Redensart rfj 3A/.iöeo)
ösXrjvalrj III, 60 zwingen uns nicht einen anderen Ort der Handlung anzunehmen.
Die Wendung in demselben Gedichte v. 10 tä Navväxov ulavöw scheint geradezu
auf Kos zu weisen, da sich der Name Nävvaxos in Ko'ischen Inschriften findet (s. unten).
 
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