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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0178

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feine Rokoko der Innenräume hat nichts mehr
zu tun mit der schweren Ausstattung und Über-
ladenheit etwa einmal von Brühl und zum an-
deren der Amalienburg.

Das wichtigste Kapitel ist das dritte, in dem der
Park von Schwetzingen dargestellt wird. An den
Enteignungsplänen bekommen wir einen Ein-
blick in damaligen Grundbuchverhältnisse. Die
erste Anlage des Parkes stammt von J ohann Lud-
wig Petri, die dieser gemeinsam mit Rabaliatti
berät. Hier erkennen wir deutlich die Schule des
älteren Lenotre, in der das Hauptaugenmerk auf
die Ausgestaltung der Parterreanlagen gelegt
wird (Jardin des Tuileries). Pipage, unter dem
Einfluß des jüngeren Lenotre, bringt die große
Diagonalplanung (Sternallee) und die Auswei-
tung des Parks in die freie Landschaft. Die Dia-
gonalplanung, die Lenotre in Frankreich in
größtem Stile verwirklicht (Vaux le Vicomte,
Versailles), besteht aber schon im ausgehenden
16. Jahrhundert in Italien bei der Neuanlage
von Städten. 1666 wird nach diesem Schema der
Bebauungsplan von London aufgestellt.
Die ost-westliche Achsenrichtung der großen
barocken Parkanlagen, ich denke nur an Ver-
sailles, Grand Trianon, Wilhelmshöhe, Bruchsal,
Dresden-Großer Garten, Nymphenburg, Pots-
dam, zeigt auch unser Schwetzingen. Die Garten-
gestalter haben die Beleuchtungsfrage ihrer
„äußeren Räume" eingehend studiert und an-
gewendet. Dieses Gebiet in der Geschichte der
Gartenkunst bedarf noch einer besonderen Be-
arbeitung, wozu hiermit angeregt sein soll.
Von besonderem Wert sind auch in Schwetzin-
gen für die architektonische Verankerung der
äußeren Räume die Plastiken und Wasserkünste
(Hirschgruppe), denen im Barockgarten kein
Einzelwert zukommt. Die plastische Gliederung
des Parks ist italienisch, wenn sie auch über
Paris nach Schwetzingen kommt. Die italieni-
schen Renaissancebaumeister arbeiten bereits
bewußt mit diesen Elementen (Villa d'Este).
Den Höhepunkt erreicht sie dann in Italien 1756
in der Villa Caserta.

Schon in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts
erfährt Schwetzingen den ersten Anstoß zur
Wandlung in den englischen Park. Der damals
aus London zurückkehrende Sckell ummantelt
den Garten mit einer Landschaftsanlage, in der
alle die vielen Baulichkeiten entstehen, die uns
schon in die Romantik führen. Dieser Prozeß
hat im Parke von Chiswick bei London schon
40 Jahre früher eingesetzt. Ähnlich wie Schwet-
zingen ging es fast zu gleicher Zeit den Parks
von Potsdam und Wilhelmshöhe. Der barocke
Schloßgarten Petris und Pipages erfährt Gott sei
Dank keine zu große Einbuße durch die Um-

gestaltungen Sckells. Der Barockgarten war ja
auch niemals ganz abgesondert von der Natur
wie der Renaissancegarten. Der französische Gar-
ten verlangte sogar die Aussicht auf die freie
Natur.

Stärker als Sckell greift zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts J. M. Zeyher in das Bild des Gartens
ein. Er schafft den typischen Landschaftsgarten
und baut das große querliegende Bassin zu
einem Weiher um. 30 Jahre vor Zeyher waren
solche Weiher schon in Wörlitz entstanden.
Im vierten Abschnitt zeigt M. die Parkgebäude.
Der Apollotempel (1776) ist das früheste klassi-
zistische Bauwerk im Park. Er ist ein ionisieren-
der Rundtempel, wie er ähnlich in allen Ordnun-
gen damals aller Orten entsteht und das be-
redtste Zeichen eines Zeitwandels ist. Ruppin
um 1740, Pillnitz 1789, Wilhelmshöhe 1782,
Nymphenburg, Potsdam usw.). Als Bildhauer
der Plastiken am Apollotempel lernen wir P. A.
V. Verschaffelt kennen, von dem neben Konrad
Link und Nicolas Guibal die Mehrzahl der Pla-
stiken im Park herrühren (fünfter Abschnitt).
Dem Apollotempel folgt zeitlich der Tempel der
Minerva (1770). 1773 ersteht das Badhaus
mit seinen zahlreichen Plastiken und den Ge-
mälden von Nicolas Guibal und Ferdinand Ko-
bell. 1776 wird der strenge Tempel der Botanik
gebaut. Und 3—4 Jahre später hält die Romantik
endgültig ihren Einzug in Schwetzingen (1779).
Die Ruine des römischen Wasserkastells ent-
steht, dann folgt 1784 die Moschee und 1795 die
Ruine des Merkurtempels. Mit ihrem Erscheinen
bricht die überaus eifrige Bautätigkeit von Park-
häusern in Schwetzingen ab. In etwa nur 50 J ah-
ren erlebt der Park von Schwetzingen an sich
selbst die Zeitfolge vom reifsten Barock bis zur
Romantik.

Im letzten Abschnitt werden die wenigen Bauten
der kleinen Stadt vor den Toren des Schlosses
behandelt.

In emsigem Fleiße hat in diesem Werke die
Denkmalinventarisation von Baden in dankens-
werter Weise ein Material vorgelegt, das, noch
gehoben durch die Übersichtlichkeit der Be-
richterstattung und durch das vorzügliche Bild-
material, eine weite Verbreitung beanspruchen
kann. G. M.

SCHMIDT, Otto Eduard: Die Schlösser Schön-
wölkau und Lichtenwalde und die Grafen
Vitzthum, von Eckstädt. In den Mitteilungen
des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz,
Dresden, Bd. XXII, H. 1/3, 1933.

BIEHL, Dr.: Schloß Nedaschütz in der Ober-
lausitz — ein angebliches Jagdschloß August
des Starken. In den Mitteilungen des Landes-

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