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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 6
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Sommer, Kurt: Die konstruktiven Grundlagen des Bogens in Dach und Giebel der alt-indischen Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0225

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den Steinsäulen von Santschi, Barahat und
Amaravati erscheinen, die Höhlenkirchen glei-
cher Art, die sich im Bihar- und Godavari-
bezirk befinden, zur Seite und schließt mit
dem Rundtschaitja in Dschunnar, so kann man
den Entwicklungsgang dieses Bautyps in ziem-
licher Klarheit verfolgen. Bei dem Rund-
tschaitja von Dschunnar (Abb. 1) ist unter
einem kuppeiförmig abgeschlossenen Mittel-
raum eine Pfeilerstellung angeordnet, die durch
einen Umgang erweitert wird. Wie man sich die
äußere Begrenzung dieses Umganges, hier durch

Abb. 1. Rundbau von Dschunnar

die Felswand gebildet, bei einem Freibau zu
denken hätte, ist nicht mit Sicherheit zu ent-
scheiden. Irgendwelche Anhaltspunkte, die auf
eine äußere Pfostenstellung schließen ließen,
sind nicht vorhanden. Die viertelkreisförmige
Decke des Umganges kann ebenso als frei aus-
ladendes Vordach, als Tschhadscha — Schatten-
spender -— aufgefaßt werden.

Drei Reliefs ermöglichen es, die Gestaltung der
Außenseite einer Rundhalle vom Typ Dschun-
nar anschaulich zu machen. Das bekannte Relief
aus Bharabat (Taf. 43 c), dessen äußere Gliede-
rung der Bauteile in sinngemäßer Überti-agung
der inneren Gliederung der Grotte von Dschun-

nar entspricht, besteht aus einem runden
Mittelbau, der von einem Ring einzelner
Pfosten umgeben ist. Diese Pfostenstellung wird
durch ein rundes Dach, das Vordach, abgedeckt,
der Mittelbau hebt sich tambourartig darüber
hinaus und ist durch ein kuppeiförmiges Dach
abgeschlossen. Der vorgestellte Giebel mit Tür-
öffnung kann als Portal des Rundhauses auf-
gefaßt werden, oder kann einer dem Rundbau
vorgelagerten Halle angehören, die, in der Ver-
kürzung gesehen, als Giebelansicht wieder-
gegeben ist. Die beiden anderen Reliefs finden
sich in Amaravati. Das erste gleicht dem
vorigen in der Linienführung, zeigt aber nur
die Andeutung einer äußeren Pfostenstellung1).
Das letztere ist als zweistöckiger Rundbau be-
merkenswert, dessen Obergeschoß von einem
Geländer umschlossen wird.

Eine vergleichende Nebeneinanderstellung der
Schnittlinie der runden Felshalle von Dschun-
nar und der Umrißlinie der drei genannten
Reliefs überrascht durch Uebereinstimmung in
der Linienführung, die bereits von Fergusson
für das Barahatrelief hervorgehoben wurde.
Zweifellos ist auch sein Urteil über diesen
Rundbautyp berechtigt, von dem er sagt, daß
dieser „trotz der wenigen heute noch vorhande-
nen Beispiele dieser Art im Hausbau des alten
Indiens eine große Rolle spielte"2).

Einen Begriff von den Größenverhältnissen
geben die Masse der Höhlen. Der Gesamtdurch-
messer des Rundtschaitja von Dschunnar be-
trägt annähernd 7,70 m, der Durchmesser des
Mittelraumes zwischen den Säulen ca. 5 m.
Die Raumbreite der Guntupallehöhle, östlich
Haiderabad im Godaveribezirk (Abb. 2)3)
kommt diesen Maßen am nächsten, dagegen
bleibt ihre Höhe mit rund 4 m bis zum Scheitel
des Gewölbes beträchtlich hinter der von
Dschunnar, welche rund 7,45 m hoch ist, zu-
rück. Die Behandlung der Deckenkonstruktion
beider Grotten ist sehr ähnlich. In Guntupalle
ist sie noch erhalten und besteht aus 16 radial
und 4 horizontal liegenden, gebogenen Sparren
und Pfetten4). Bei einem Durchmesser von rund

1) Abb. b. Fergusson TSW. PI. LXV.

2) Siehe Fergusson, H. I. E. A., Bd. 1, S. 158.

3) Siehe Sewell, I. R. A. S. 1887, Bd. XIX, S. 508, und
Diez, Die Kunst Indiens, S. 35.

4) Bern.: Mit Sparren sind immer vertikal, mit Pfetten
horizontal liegende Konstruktionsteile bezeichnet. Die
Benennung stimmt mit der heute üblichen insofern nicht
ganz überein, als wir unter Sparren die getragenen,
unter Pfetten den tragenden Knnstruktionsteil verstehen.

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