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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 9.1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.35082#0010
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den Entwürfen und unter Leitung von Professor Friedrich
Thiersch ausgeführt von Architekt C. Dülfer daselbst.
Zu den bedeutsamsten künstlerischen Erscheinungen unter
den jüngsten Bauwerken Münchens zählt das neuerbaute Palais
des Kommerzienrates Herrn Bernheimer, welches die Stelle des
früheren englischen Cafe's am Maximiliansplatze zu München
einnimmt und zu jenen Bauten gehört, welche der Isarstadt das
Gepräge der Grossstadt zu verleihen berufen erscheinen.
Es handelte sich bei der Lösung der Aufgabe in erster
Linie um die Schaffung gewaltiger Parterre- und Souterrain-Ge-
schäftsräumlichkeiten, mithin umfangreicher Lichtquellen.
DieFassade hatte
also starke Durchbre¬
chungen aufzuweisen,
zu denen ein Gegen¬
gewicht durch die üb¬
rigen Formen geschaf¬
fen werden musste, um
das Stelzenhafte zu
vermeiden, das vielen
modernen Bauten mit
Eisenarchitektur im
Parterre und darüber
befindlicher Stein¬
architektur der übri¬
gen Stockwerke eigen
ist. Die Lösung muss
als eine in allen Punk¬
ten ausserordentlich
glückliche bezeichnet
werden, denn der
kräftig durchgebildete
Mittelbau, sowie die
beiden Eckpavillons
fassen das Ganze in
kraftvoller Weise zu¬
sammen und geben
dem Auge des Be¬
schauers einen ge¬
wissen Halt, sie rufen
das Gefühl eines fest
gegliederten, in allen
Teilen nach dem Be¬
griffe derFestigkeit ge¬
bildeten Ganzen her¬
vor. Ohne auf die
konstruktiven Details
des Parterre und Sou¬
terrains näher hier
einzugehen (das Sy¬
stem von Träger und
Getragenem nicht
maskiert, sondern im
vollen Umfange er¬
sichtlich und durch
Bemalung dekorativ
gestaltet), sei auf den Grundriss des Erdgeschosses hingewiesen,
welcher die wenigen, aber massiv ausgebildeten Mauerteile in
ihrer Verbindung mit den mächtigen Eisenkonstruktionen zur
Genüge gibt. Eine vortreffliche Lösung zeigt die im Innern
der Geschäftsräume plazierte, unten ein-, oben zweiarmige, sich
selbst frei tragende und doppelt gewundene Treppe, welche vom
Parterre zum Entresol (dieses noch in die Eisenarchitektur der
Parterrefenster durch schön ausgebildete Träger mit einbezogen)
führt. Drei Stockwerke mithin, das geräumige und durchaus
tageshelle Souterrain, das Parterre und Entresol bilden kon-
struktiv genommen ein Ganzes für sich, auf welchem sich erst
der zweite Teil, die Wohnungsräumlichkeiten der übrigen Stock-
werke, aufbauen, deren Einteilung eine ebenso raumausnützende
als klar angelegte und den Bedingungen der Stützen entsprechende
ist (siehe Grundriss des ersten Wohnungsgeschosses).
Die Fassade, aus Donau-Kalkstein (Steinbrüche bei Welten-
burg von Kester und Hasselmann) und Eisen hergestellt, zerfällt
zunächst in jene zwei Teile, die vielleicht am einfachsten als
Rahmen und als Umrahmtes bezeichnet werden. Zum ersten
zählt die Stein-, zum zweiten die Eisenarchitektur, deren Aus.
bildung eine durchaus der Natur des Stoffes angepasste, nicht

fälschlich in die Formenwelt anderen Materiales hineingezwängte
ist. Daher denn auch der sprechende Gegensatz zwischen der
Ausbildung der Steinarchitektur und der mächtigen Eisenteile.
Dem mit einem mächtigen Eingangsportale versehenen
Mittelbau entsprechen die beiden sozusagen als Widerlager aus-
gebildeten, hauptsächlich im vertikalen Sinne entwickelten Pa-
villons, deren kräftige Quaderarchitektur unten ein treffliches
Gegengewicht zu den grossen Mauerdurchbrechungen bildet,
während die von den oberen Stockwerken je zwei zusammen-
fassenden Pilaster wesentlich dazu beitragen, den Eindruck
einer gewissen graziösen Schlankheit hervorzurufen. Die Fenster-
architektur zwischen
diesen drei pronon-
cierten Stützen ist wohl
reich, jedoch durch-
aus nur im Sinne ei-
nes vielfach verkröpf-
ten Rahmenwerkes ge-
halten, das in keiner-
lei Beziehung den
Eindruck eines Zu-
sammenhanges zwi-
schen Stütze und Ge-
tragenem in den
Hauptlinien des Auf-
baues wachruft, viel-
mehr lediglich als
Flächenfüllung wirkt.
Wie aus dem Profil
des Mittelbaues er-
sichtlich, treten die
Obergeschosse gegen-
über dem Parterre zu-
rück. Das letztere
springt 1,15 m über
die eigentliche Bau-
flucht vor. Ein noch-
maliges Zurücktreten
findet bei dem graziös
entwickelten Turme
über dem mächtigen
Bogen-Tympanon des
Mittelbaues statt; der
Turm selbst ist keines-
wegs als solcher, als
selbständig wirkendes
Glied gedacht, viel-
mehr soll in ihm die
Fassade ausklingen.
Die ganze Er-
scheinung des ebenso
pompös und geistreich
gedachten, künstle-
risch und praktisch
gleich wertvollen
Baues hat für München
insofern eine grosse Bedeutung, als sie darthut, wie auch am
Profanbau die monumentale Erscheinung zur Geltung gebracht
werden kann bei aller Erfüllung praktischer Erfordernisse. Dass
der Bau nicht ohne sichtliche Einwirkung bleiben würde, lässt
sich schon heute deutlich beobachten. H. E. v. B. u. Fr. W.
Tafel 6. Wohnhaus in Chicago; erbaut von Architekt
F. M. Whitehouse daselbst.
Mit Genehmigung des Herausgebers aus „The American
Architect and Building News“, Boston.
Tafel 7. Wohnzimmer des Architekten Professor Gabriel
Seidl in München; von ihm selbst entworfen.
Tafel 8. Wohnhaus in der Avenue de Wagram in Paris;
erbaut von Architekt S. Sauvestre daselbst.
Das Erdgeschoss dieses Einzel Wohnhauses, dessen Fassade
mit bemerkenswerter Feinheit entworfen ist, enthält die Em-
pfangs- und Repräsentationsräume, der erste Stock die Wohn-
und Schlafzimmer. Küche und Nebemäume sind im Souterrain
untergebracht.



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Konkurrenzentwurf einer evangelischen Kirche für Heilbronn von Zaar & Vahl,
Architekten in Berlin. Erster Preis.

Ansicht des Chors.

Für die Redaktion verantwortlich Baurat Carl Weigle in Stuttgart.
 
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