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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 1
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Kempfle, M.: Architekturbilder aus Bayrisch-Schwaben
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Villa Stollwerck in Köln a. Rh.
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0016
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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

Seine schöne Lage auf einem Hügel, besonders aber die alle
Häuser stolz überragende Burg muß jeden entzücken, der nicht
nur für prächtige Paläste, großartige Monumentalbauten und
herrliche Dome, sondern auch für ländlich schöne, aus alter
Zeit stammende Bauten ein Auge hat. Und solche finden wir
in Leipheim. — Zunächst einiges über dessen Geschichte!
»Auf dem Berge Conus, auf welchem ehemals ein als
Beobachtungsturm mit anderen korrespondierendes römisches
Monopyrgium stand, entstand frühzeitig eine feste Ritterburg,
von welcher die Burgmannen den Namen derer von Leipheim
führten.« Lange Zeit im Besitze der Güssen von Güssenberg
im Brenzthale, kam die Stadt im Jahre 1374 an den Grafen
Eberhard von Württemberg, sodann in den Besitz der freien
Reichsstadt Ulm (1453), bis sie mit der Mediatisierung derselben
dem Königreich Bayern einverleibt wurde.
Schauen wir uns nun das Städtchen in seiner jetzigen
Gestalt an! Rings um dasselbe führt noch mit wenig Unter-
brechungen eine mit ein paar stark verwitterten Türmen ge-
krönte Befestigungsmauer, die am Schlosse endigt. — Von
den Bauten sind neben der Burg die wichtigsten: das 1368
erbaute Spital und die als Abschluß an der Hauptstraße ge-
legene evangelische Pfarrkirche mit einem Sattelturm.
Das Schloß mit seinen mächtig ansteigenden Giebeln,
seinen Erkern, der teilweise um dasselbe herumführenden, mit
Zinnen und Türmchen versehenen Burgmauer mahnt an längst
vergangene Zeiten, an die Blüte des Rittertums im Mittelalter.
Besonders eindrucksvoll ist das Bild, wenn wir die Burg von
Nord- und Südwesten aus betrachten. Wahrlich, stolz und ge-
bieterisch erhebt sie sich auf dem Berge, schön in ihrer Gesamt-
wirkung, reich aber auch an malerischen Einzelheiten. Wie
reizend ist der Turmaufbau an der Südwest- und der Erker an
der Nordwestecke, beide mit steilem Übergang in den Mauerleib;
wie anmutig das an der Westseite vorspringende Treppenhaus
mit Zinnenbekrönung! Auch die an verschiedenen Stellen des
Abhanges vom jetzigen Besitzer, Baron von Schilling, erbauten
Schanzen, Tore, Türme u. s.w. sind in ihrer Bauweise dem Alten
geschickt angepaßt, so daß sie den Eindruck des Ganzen ver-
stärken und dem Gesamtbilde einen erhöhten Reiz verleihen.
Ichenhausen.
Wir verlassen das liebliche Donautal und machen noch
einen kleinen Ausflug an der Günz aufwärts.
Zwei Stunden von Günzburg entfernt sehen wir auf der
Höhe den stattlichen Markt Ichenhausen, über dessen lang-
gestreckte Häuserreihen die große Pfarrkirche und das nicht
weit davon entfernte »untere« Schloß weit hinausragen.
Ichenhausen, das nahezu 3000 Einwohner zählt, wird von
langen und breiten Straßen durchzogen, hat große und schöne
Plätze und besitzt eine im romanischen Stile 1392 erbaute ka-
tholische Pfarrkirche, sowie eine Synagoge. Außerdem befinden
sich dort zwei Schlösser, interessante Bauwerke, die wir im
Bilde wiedergeben.

Oberes Schloß in Ichenhausen.


Unteres Schloß in Ichenhausen.


Das sogenannte »untere« Schloß, das zum Teil noch mit
Graben umgeben ist, ist auf einem Hügel von Marquard Frei-
herrn von Stain im Jahre 1697 erbaut. Wie aus der kunstvoll
eingemeißelten lateinischen Wappeninschrift über dem Portal
ersichtlich ist, wurde es an Stelle einer größtenteils verfallenen
Ritterburg in edlem Renaissancestil erbaut. Bis zum Jahre 1857
war das Schloß die Residenz der Freiherren von Stain, der
Besitzer von Ichenhausen; nach der Allodifizierung des ganzen
Rittergutes wurde es an den Marktflecken verkauft. Jetzt be-
finden sich darin die Schulen, sowie einzelne Wohnungen.
Das »obere« Schloß ist ebenfalls ein altes Gebäude und
liegt inmitten des Marktes an der Hauptstrasse. Seine Fassade
mit den beiden flankierenden Erkern wirkt sehr vornehm; doch
scheint es nach seinem ziemlich beschränkten Umfange, sowie
den großen Gartenanlagen eher als Lustsitz denn als Schloß
gedient zu haben. Als den »Stainschen« Besitz in Ichenhausen
ein Ende erreichte, wurde auch das »obere« Schloß im Stei-
gerungswege veräußert und als Wirtschaft eingerichtet.
So bietet auch Günzburg und seine Umgebung Ausbeute
in Fülle für das Skizzenbuch; auch hier finden sich anmutige
Straßenbilder und geschichtlich interessante Gebäude, die manche
nur in Nürnberg, Rothenburg etc. zu suchen gewohnt sind.

Villa Stollwerck in Köln a. Rh.

n der Kreuzung der Hardefust- und Volksgartenstraße in Köln a. Rh.,
gegenüber dem Volksgarten, hat Professor Bruno Schmitz für
Herrn Generalkonsul C. Stollwerck, einender Inhaberderbekannten
Weltfirma, eine stattliche Villa erbaut, in deren vornehmer und
kraftvoller Entwicklung des Äußern, wie in der prunkvollen Ausstattung des
Innern der Reichtum und die Kunst- und Prachtliebe des Bauherrn trefflich
zum Ausdruck gebracht sind.
Die reiche, lebensvolle Gruppierung der Bauteile, die schwungvollen
Formen eines frei behandelten, von modernen Motiven durchsetzten Barocks,
der über dem Vestibül aufsteigende kräftige Turm mit geschweiftem Dach
und Laterne und das vornehme Sandsteinmaterial verleihen dem Äußern
einen stolzen, schloßartigen Charakter, dessen Eindruck noch gewaltiger
sein würde, wenn das Gebäude allein inmitten eines großen Parkes stände.
So beeinträchtigt auch hier bis zu einem gewissen Grade die nahe Nach-
barschaft andrer Gebäude und die Kleinheit des Gartens, in dem außer-
dem noch ein umfangreiches Stallgebäude steht, die Gesamtwirkung, so
daß das Gebäude fast kleiner erscheint als es ist.
Desto überraschender ist die großartige Raumwirkung des Innern.
Durch den von geschwungenem Kupferdach geschützten Eingang gelangen
wir in den Vorraum, dessen Wände mit weißem Marmor bekleidet und mit
Spiegeln geschmückt sind. Aus silbernen Zweigen entwickeln sich die
Haken der Kleiderablage.
Von hier aus öffnet sich der Blick in die durch beide Geschosse
reichende Diele, um die sich im Erdgeschoß die Gesellschaftsräume
gruppieren: zwei Salons, Musiksaal, Speisesaal, Billardzimmer und offene
Hallen. Die Wände der Diele sind auf Stockwerkshöhe mit hellbrauner
Eichenholztäfelung bekleidet, der obere Teil der Wände und die Decke
sind weiß und mit Stuck geschmückt. Aus der reichen Deckenrosette hängt
eine mächtige achteckige, von Türmchen umgebene Bronzelaterne mit ge-
schliffenen Gläsern herab. Die Füllungen der Holztäfelung sind glatt, so
daß die Masken auf den Rahmenhölzern und die reichen Kartuschen-
füllungen über den Türen um so prächtiger wirken. Das Geländer der
schöngeschwungenen Treppe besteht aus breiten geschnitzten Füllungen,
die mit Reihen von je fünf gedrehten Säulchen abwechseln.

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