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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0366
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Architektonische Rundschau

2. Beilage zu Heft7.1909

Alleinige Inseratenannalime bei Rudolf Mosse, Annoncen-Expedition für sämtliche
Zeitungen Deutschlands und des Auslandes, Stuttgart, Berlin, Breslau, Dresden,
Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln, Leipzig, Magdeburg, München,
- Nürnberg, Prag, Strassburg, Wien, Zürich : ——

Insertionspreis 25 Pf. für die
viergespaltene Petitzeile

Alte Holztreppe im Hause Große Münzstraße 13 in Magdeburg.


Magdeburgische Treppenbauten aus dem 18. Jahrh.
Für die Baulichkeiten — Große Münzstraße 13 und Domplatz 9 —,
aus denen die von uns gebrachten Treppenanlagen stammen, sind die
Herstellungszeiten 1724 und 1725 verbürgt, von denen die der Treppen
selbst also nicht sonderlich entfernt liegen werden. Bei der Bebauung
hat es sich um die neuerliche Wohnbarmachung wüster Plätze gehandelt,
deren Magdeburg seit der Verheerung im Dreißigjährigen Kriege noch zu
Beginn des 18. Jahrhunderts eine Reihe aufwies.
Die Treppen beanspruchen zunächst volles Interesse in handwerklich-
künstlerischer Beziehung. Jene in der Großen Münzstraße, die sorgfältig
in Stand gehalten ist, zeigt eine peinlich saubere Überarbeitung, während
die am Domplatz die Spuren der Ausstemmung in rauher Arbeit sehen
läßt, als ob der Handwerker nicht mehr zur letzten Schlichtarbeit gekommen


Alte Holztreppe int Hause Große Munzstraße 13 in Magdeburg.
Details.


wäre. Die Ornamentik zeigt schweres, eklektisches Barock; bei der Treppe
in der Großen Münzstraße macht sich schon die komplizierte Blatt-
rollung, -zahnung und -fältelung geltend, die dem Rokoko eigen wird,
während das andere Beispiel noch die großzügigere Art in den Motiven
und Blattschwingungen bringt, wie sie die pathetische Spätrenaissance liebt.
Die ganze Art mag mit der Herstellung durch Werkleute Zusammenhängen,
die mit den in den Konfessionsstreitigkeiten vertriebenen Franzosen und
Wallonen in der Stadt angesiedelt worden waren, und denen die Magde-
burger Bautätigkeit jener Zeit zweifelsohne ein gut Teil ihres Gepräges
verdankt.
Darauf weist auch die nicht minder lehrreiche Art hin, wie der Treppen-
einbau in den Treppenraum erfolgt ist. In der Großen Münzstraße ist
gegenüber der Treppe, geschützt gegen den Zug vom Eingänge her, noch
der Kamin erhalten, der den biederen einheimischen Kachelofen zu Gunsten
fremdländischer Feuerungs- und Raumausgestaltungsweise verdrängt hat.
Man sieht es dem ganzen Treppenraume an, daß er in den Wohnverkehr
mit einbezogen war, vielleicht als Eßraum diente und in seiner Art die


heute wieder angestrebte Dielennutzung bot. Sicherlich diente ein solcher
Raum auch als Empfangsraum und war bei festlichen Gelegenheiten samt
der ganzen Treppenherrlichkeit in den Gebrauch mit einbezogen. Kostbare
Teppiche und Brokate mochten da wohl in bunter Zier von den Brüstungen

hängen; und nicht zuletzt aus
dieser Übung wird man im
allgemeinen den Übergang
der Stoffgehängemotive in
die Brüstungsornamentik her-
zuleiten haben. Die Treppe
in der Großen Münzstraße
gibt solche Motive in realisti-
scher Darstellung und buntem
Wechsel. ß Hatiftmcinn.
Anin. d. Red. Kohl (Denk-
male der Geschichte und Kunst in
Bremen) bemerkt über derartige Trep-
pen- und Umganggeländer in Bremen :
In der Mitte der Balustrade einiger
Galerien habe ich auch wohl rote, mit
goldenen Tressen besetzte, in Holz
nachgeahmte und ausgeschnitzte Tep-
piche gefunden und denke mir, daß
sie den Platz anzeigten, wo die Stadt-
trompeter und Musikanten plaziert
waren, um von da herabzublasen,
wenn unten in der Diele die Hoch-
zeitsgäste tanzten.« Solche geschnitzte
Teppichbehänge finden sich mehrfach
in den Resten des Galeriegeländers
des 1860 abgebrochenen Pundsack-
schen Hauses am Markt, die jetzt im
Oktogon des Künstlervereinshauses
als Friese angebracht sind.
 
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