GIACOMO DELLA QUERCIA
GENANNT
JACOPO DE LA FONTE DI SIENA
BILDHAUER UND ARCHITEKT
GEB. 1371; GEST. 1438.
ACOPO della Quercia1) ist einer der
Urheroen der Renaissance. Grösse und
Verschiedenheiten seines Genies erfüllen
stets mit neuem Staunen. Seine Werke
der Dekoration verdienen ebenfalls die
grösste Beachtung. Statt als Frucht einer
stufenweisen Entwicklung scheint bei ihm der Grad der Stilreife
wie eine aus der Aufgabe entsprungene Inspiration. Die Fonte
Gaja (1409 n. S. bis 14192), welcher er seinen Namen Jacopo
de la Fonte di Siena verdankt, und das Portal von S. Petronio
(1425), die Loggia di S. Paolo? (1417) gehören zum Übergangs-
stil. Das Grabmal der Ilaria (1406 oder 1413) und der Kuppel-
bau des Taufbrunnens (1427) zeigen die geklärte Renaissance.
Jacopo war auch in Lucca tätig. Sein Wunderwerk, das
Grabmal der Ilaria, ist im Gesamtüberblick besprochen. Am Altar
in S. Frediano in Lucca zeigt der obere Teil die Zeit jener der
Fonte Gaia und des Baptisteriums in Siena; die Predella den an-
tiken kraftvollen Zug der Thüren von S. Petronio in Bologna. Jacopo
scheint mir auch der eigentliche Schöpfer der Loggia di S. Paolo
in Siena zu sein, wie man im Gesamtüberblick sehen wird. Siena
machte ihn 1436 zum Ritter und zu einem Operarius des Doms.
Hauptportal von s. petronio in Bologna
Am 28. März 1425 verpflichtet sich Jacopo, das Hauptportal der
Fassade von S. Petronio in Bologna nach der von ihm ent-
worfenen eigenhändigen Zeichnung anzufertigen. Nur der vor-
handene Sockel der Kirche war für ihn bindend. Die Verhält-
nisse des Rundbogenportals sind schön. Die Laibung ist mittel-
alterlich, deren einfassende Pilaster in Renaissanceformen gedacht3).
Der TAUFBRUNNEN IN S. GIOVANNI ZU SIENA •
Dieses berühmte, Bl. 1 dargestellte Kunstwerk, ist wegen der
Komposition des Kuppelbaues des Mittelpfeilers besonders inter-
essant. Hervorzuheben ist das vom Florentiner Baptisterium
übernommene System der Eckenbildung mit zwei Pilastern, statt
eines gebrochenen, die Giebel über den Seiten des Tambours,
die bekrönenden Eckfiguren der zurücktretenden Attika die das
untere Drittel des bloss halbkreisförmigen Doms bilden. Sie geben
diesem den Schein einer Flachkuppel, welche von einem besonders
hoch emporgeführten Laternenbau mit der Figur des Täufers abge-
schlossen wird. Für die Geschichte des Kuppelbaues in Toscana
ist sehr wichtig festzustellen, ob diese Komposition 1416 oder
1427 entstand. Das Denkmal und die Akten weisen auf zwei
Entwürfe und lehren, dass Jacopo ebenfalls den zweiten verfasste.
Der Kuppelbau zeigt ein fühlbares Übergewicht. Der Mass-
stab der Motive ist grösser und antiker als am Becken. Reifere
Formen beginnen mit dem vortretenden Unterbau des Tempiettos4).
Dass der Kuppelbau ein Zusatz war, zeigt folgendes. Der
Maler Stefano di Giovanni erhält 1427 per un disegno fece nella
chiesa di san Giovanni nostro, della forma del Battesimo si die
fare5) 44 Lire und 1428 abermals 20 Lire6).
Warum auf einmal diese teure, an vornehmer Stelle aus-
geführte Zeichnung eines 11 Jahre früher bestellten in der Aus-
führung begriffenen Denkmals, wenn nicht um diese Zeit eine
bedeutende Veränderung des Entwurfs und Gipsmodells vor-
genommen worden wäre?7) In der Aufzählung der Teile in der
Bestellung von 1416 entspricht keines dem Mittelbau. Die taber-
nacoli sind die Nischen an den Ecken des Beckens (S. 76).
1432 werden den Meistern Nanni de Pietro und Pietro del
Minella Ausgaben zurückbezahlt, die sie 1427 für den Taufbrunnen
gemacht hatten. Darunter 40 Lire für die Pila di sopra,
64 Lire für die Pila di sotto, ferner 6 Lire für deren Versetzen8).
Der Kuppelbau und seine Formen entstanden also erst 14279).
Am 8. Februar 1428 (n. S.) (II, 140), 7. Juli und 18. August
wird Jacopo geschrieben, zur Vollendung der Arbeiten und wegen
ausgebrochener Streitigkeiten zu kommen (II, S. 146). Am
23. August verspricht er zu erscheinen.
1) Diese Arbeit ist von H. von Geymüller 1905 verfasst worden.
In den Akten steht oft Jacobus filius magistri Pieri della Quercia oder
Jacobus Pieri Angelis de Senis sculptor (Milanesi G. Doc. per la stör, dell’ arte
Senese II, 69 u. 76). Die im Texte in Klammern gesetzten Seiten beziehen sich
alle auf dies Werk.
2) Ebenda II, S. 99.
3) Am 24. Oktober 1429 macht Jacopo einen neuen Vertrag für die
Innenseite der porta magna la quäle per me Jacopo sopradetto si costruisce e
questo lavoro . . . dev’ essere fatto, composto, e formato secondo il disegno
fatto in papiro, e designato per me Jacopo . . . Am 26. März 1436 nennt
Jacopo diese Arbeit il mio difizio (Doc. Art. Sen. II, 125, 153 u. 168—169).
4) Für das Figürliche war 1427 noch der Vertrag vom 16. April 1417
massgebend, und das damals an Jacopo bestellte Relief wurde erst 1430 ge-
gossen. Aber in der Bestellung vom Mai 1416 war die Möglichkeit von alcuno
crescimento und die Anstellung eines Capomaestro vorbehalten (Milanesi, G. Doc.
per la stör, dell’ arte sen. II, S. 88 u. 74).
5) Doc. per la stör, dell’ arte sen. II, S. 244.
6) Ebenda S. 388.
7) Die Akten vom I. Januar und 13. Mai 1428 behandeln den Transport
von 27 Stück Marmor mit der pila von Pisa nach Siena, die Feststellung des
Preises für den Transport letzterer wird dem Urteile der Operarii überlassen,
wohl weil es sich um eine Zuthat zum älteren Entwurf und Vertrag handelte
(Milanesi, Doc. per la St. dell’ Arte Sen. II, S. 140).
8) S. Borghesi e L. Banchi, nuovi Documenti per la storia dell’ arte senese.
1898, S. 102.
9) Die Ausführung wurde 1416 an Maestro Sano del Maestro Mateio,
Jachomo di Corso detto Papi da Firenze und Maestro Nanni del Maestro Jachomo
übergeben (II, 74). Zwischen dem 18. Juli und 1. September 1416 erhält Meister
Sano di Matteo lire 4 für das Gipsmodell (Doc. per la stör, dell’ Arte sen. II, S. 24).
GENANNT
JACOPO DE LA FONTE DI SIENA
BILDHAUER UND ARCHITEKT
GEB. 1371; GEST. 1438.
ACOPO della Quercia1) ist einer der
Urheroen der Renaissance. Grösse und
Verschiedenheiten seines Genies erfüllen
stets mit neuem Staunen. Seine Werke
der Dekoration verdienen ebenfalls die
grösste Beachtung. Statt als Frucht einer
stufenweisen Entwicklung scheint bei ihm der Grad der Stilreife
wie eine aus der Aufgabe entsprungene Inspiration. Die Fonte
Gaja (1409 n. S. bis 14192), welcher er seinen Namen Jacopo
de la Fonte di Siena verdankt, und das Portal von S. Petronio
(1425), die Loggia di S. Paolo? (1417) gehören zum Übergangs-
stil. Das Grabmal der Ilaria (1406 oder 1413) und der Kuppel-
bau des Taufbrunnens (1427) zeigen die geklärte Renaissance.
Jacopo war auch in Lucca tätig. Sein Wunderwerk, das
Grabmal der Ilaria, ist im Gesamtüberblick besprochen. Am Altar
in S. Frediano in Lucca zeigt der obere Teil die Zeit jener der
Fonte Gaia und des Baptisteriums in Siena; die Predella den an-
tiken kraftvollen Zug der Thüren von S. Petronio in Bologna. Jacopo
scheint mir auch der eigentliche Schöpfer der Loggia di S. Paolo
in Siena zu sein, wie man im Gesamtüberblick sehen wird. Siena
machte ihn 1436 zum Ritter und zu einem Operarius des Doms.
Hauptportal von s. petronio in Bologna
Am 28. März 1425 verpflichtet sich Jacopo, das Hauptportal der
Fassade von S. Petronio in Bologna nach der von ihm ent-
worfenen eigenhändigen Zeichnung anzufertigen. Nur der vor-
handene Sockel der Kirche war für ihn bindend. Die Verhält-
nisse des Rundbogenportals sind schön. Die Laibung ist mittel-
alterlich, deren einfassende Pilaster in Renaissanceformen gedacht3).
Der TAUFBRUNNEN IN S. GIOVANNI ZU SIENA •
Dieses berühmte, Bl. 1 dargestellte Kunstwerk, ist wegen der
Komposition des Kuppelbaues des Mittelpfeilers besonders inter-
essant. Hervorzuheben ist das vom Florentiner Baptisterium
übernommene System der Eckenbildung mit zwei Pilastern, statt
eines gebrochenen, die Giebel über den Seiten des Tambours,
die bekrönenden Eckfiguren der zurücktretenden Attika die das
untere Drittel des bloss halbkreisförmigen Doms bilden. Sie geben
diesem den Schein einer Flachkuppel, welche von einem besonders
hoch emporgeführten Laternenbau mit der Figur des Täufers abge-
schlossen wird. Für die Geschichte des Kuppelbaues in Toscana
ist sehr wichtig festzustellen, ob diese Komposition 1416 oder
1427 entstand. Das Denkmal und die Akten weisen auf zwei
Entwürfe und lehren, dass Jacopo ebenfalls den zweiten verfasste.
Der Kuppelbau zeigt ein fühlbares Übergewicht. Der Mass-
stab der Motive ist grösser und antiker als am Becken. Reifere
Formen beginnen mit dem vortretenden Unterbau des Tempiettos4).
Dass der Kuppelbau ein Zusatz war, zeigt folgendes. Der
Maler Stefano di Giovanni erhält 1427 per un disegno fece nella
chiesa di san Giovanni nostro, della forma del Battesimo si die
fare5) 44 Lire und 1428 abermals 20 Lire6).
Warum auf einmal diese teure, an vornehmer Stelle aus-
geführte Zeichnung eines 11 Jahre früher bestellten in der Aus-
führung begriffenen Denkmals, wenn nicht um diese Zeit eine
bedeutende Veränderung des Entwurfs und Gipsmodells vor-
genommen worden wäre?7) In der Aufzählung der Teile in der
Bestellung von 1416 entspricht keines dem Mittelbau. Die taber-
nacoli sind die Nischen an den Ecken des Beckens (S. 76).
1432 werden den Meistern Nanni de Pietro und Pietro del
Minella Ausgaben zurückbezahlt, die sie 1427 für den Taufbrunnen
gemacht hatten. Darunter 40 Lire für die Pila di sopra,
64 Lire für die Pila di sotto, ferner 6 Lire für deren Versetzen8).
Der Kuppelbau und seine Formen entstanden also erst 14279).
Am 8. Februar 1428 (n. S.) (II, 140), 7. Juli und 18. August
wird Jacopo geschrieben, zur Vollendung der Arbeiten und wegen
ausgebrochener Streitigkeiten zu kommen (II, S. 146). Am
23. August verspricht er zu erscheinen.
1) Diese Arbeit ist von H. von Geymüller 1905 verfasst worden.
In den Akten steht oft Jacobus filius magistri Pieri della Quercia oder
Jacobus Pieri Angelis de Senis sculptor (Milanesi G. Doc. per la stör, dell’ arte
Senese II, 69 u. 76). Die im Texte in Klammern gesetzten Seiten beziehen sich
alle auf dies Werk.
2) Ebenda II, S. 99.
3) Am 24. Oktober 1429 macht Jacopo einen neuen Vertrag für die
Innenseite der porta magna la quäle per me Jacopo sopradetto si costruisce e
questo lavoro . . . dev’ essere fatto, composto, e formato secondo il disegno
fatto in papiro, e designato per me Jacopo . . . Am 26. März 1436 nennt
Jacopo diese Arbeit il mio difizio (Doc. Art. Sen. II, 125, 153 u. 168—169).
4) Für das Figürliche war 1427 noch der Vertrag vom 16. April 1417
massgebend, und das damals an Jacopo bestellte Relief wurde erst 1430 ge-
gossen. Aber in der Bestellung vom Mai 1416 war die Möglichkeit von alcuno
crescimento und die Anstellung eines Capomaestro vorbehalten (Milanesi, G. Doc.
per la stör, dell’ arte sen. II, S. 88 u. 74).
5) Doc. per la stör, dell’ arte sen. II, S. 244.
6) Ebenda S. 388.
7) Die Akten vom I. Januar und 13. Mai 1428 behandeln den Transport
von 27 Stück Marmor mit der pila von Pisa nach Siena, die Feststellung des
Preises für den Transport letzterer wird dem Urteile der Operarii überlassen,
wohl weil es sich um eine Zuthat zum älteren Entwurf und Vertrag handelte
(Milanesi, Doc. per la St. dell’ Arte Sen. II, S. 140).
8) S. Borghesi e L. Banchi, nuovi Documenti per la storia dell’ arte senese.
1898, S. 102.
9) Die Ausführung wurde 1416 an Maestro Sano del Maestro Mateio,
Jachomo di Corso detto Papi da Firenze und Maestro Nanni del Maestro Jachomo
übergeben (II, 74). Zwischen dem 18. Juli und 1. September 1416 erhält Meister
Sano di Matteo lire 4 für das Gipsmodell (Doc. per la stör, dell’ Arte sen. II, S. 24).