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Argos, oder der Mann mit hundert Augen — 4.1793

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Nro. XXXIV
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https://doi.org/10.11588/diglit.47742#0272
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274
Har? Eben so ists mit der Tugend deL
Rechtschaffenen, mögen immerhin Verläum-
dungen ihr Epinneweb nm sie ziehen, sie
dringt endlich doch durch, und dringt allmäch-
tig durch. Der brave Mann nagt immer
seinen Gott in seinem Herzen, und ist unbe-
schreiblich ruhig, wenn die Sturme der Bos-
heit um seine Hütle herbrausen, wie ein schau-
mender Wcidsirom. Das Gewässer kann
ihn wohl eine Weile mit fortreissen , aber
stine Rechtschaffenheit schwimmt immer oben,
und Millionen Riesen, bewaffnet mit Hebeln
und Stangen, bemühen sich umsonst, sie zu
unterdrücken. Denn so hat es Gott gewollt,
die Tugend soll immer oben schwimmen, und
sei dieser Wille Gottes auch ein noch so schar-
fer Dorn in den Augen der Riesen und Bu-
ben , sie MÜssi'N ihn dulden; denn die Hand,
welche es wagen würde, ihn herauözureissen,
stößt ihn immer tiefer hinein.
Verfolgungen der Rechtschaffenen waren
zu allen Zeiten und in allen Landern Sitte,
und es macht dem Menschen wahrhaftig keine
Ehre, daß er die ächte, köstliche Menschheit
immer so blutgierig zu ersticken suchte. Alle
Welt weiß, daß Phocion, Sokrates, Jesus
und eine Menge andrer Gerechtem auf eine
barbarische Weise hingerichket wurden, weil
ihr gerader, männlicher Sinn unaufhörlich
Hegen die Lasier und Misbräuche ihres Zeit?
 
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