satz wie eine selbstgewählte Devise — entschieden mehr
als für manchen anderen Künstler seines Jahrhunderts.
Daß seine Bilder von starker, ganz persönlicher Gläu-
bigkeit geprägt seien, hat man immer wieder hervor-
gehoben. Tief versenkte er sich in das Leid der Passion.
Ernst, gesammelt blicken seine Menschen. Seine Kunst
hat etwas Asketisches, ein strenger Geist wird aus allen
Werken deutlich.
Rogiers Malerei, voller Natur in der Wiedergabe der
einzelnen Dinge und Lebewesen, stellt doch im ganzen
kein „realistisches" Bild der Welt vor uns hin. Die Ele-
mente der Wirklichkeit sind alle gegeben, aber der Zu-
sammenhang zwischen ihnen ist nicht der natürliche
Zusammenhang allen Lebens, sondern ein geistiger, ein
gedachter Zusammenhang, der ganz anderen Forderun-
gen als denen der Realität gehorcht. Das zeigen am deut-
lichsten die Farbgebung und die Form der Gegen-
stände in Licht und Luft. Der Maler beobachtete die
Schatten-Dämmerung unter dem Dach des Stalles (Abb.
8), im Gewölbe des Gemaches der Jungfrau (Abb. 2);
aber Atmosphäre zu schaffen, lag ihm doch ganz fern.
Noch die landschaftliche Tiefe erscheint in höchster Klar-
heit, zarter gegenüber den Farben des Vordergrundes,
aber vollkommen deutlich. Der Himmel, dunkel nach
oben zu, bietet kein bewegtes Schauspiel, und stilleben-
haft liegt auch das Land vor unserem Blick. Stadt und
Berg, Baum und Haus sind eingesetzt, um die Welt zu
zeigen und den Schauplatz zu bestimmen. Um ihrer
selbst willen sind sie nicht da.
Mit der Verkündigung an Maria auf dem linken Flü-
gel hebt das Programm des Altares an. Im Evangelium
des Lukas (1, 26ff.) ist dieses Geschehnis überliefert. Bei
der Jungfrau Maria, im Hause ihrer Eltern, erschien der
Erzengel Gabriel und überbrachte der erst Erschrocke-
nen, dann Demütigen die Botschaft, daß sie von Gott
erwählt worden sei, den Erlöser zur Welt zu brin-
gen. Die Begrüßungsworte des Engels „AVE GRATIA
PLENA DOMINUS TECUM“ (Sei gegrüßt, du Be-
gnadete, der Herr sei mit dir) hat Rogier vor des-
sen leise geöffnetem Mund aufgezeichnet. Während die
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als für manchen anderen Künstler seines Jahrhunderts.
Daß seine Bilder von starker, ganz persönlicher Gläu-
bigkeit geprägt seien, hat man immer wieder hervor-
gehoben. Tief versenkte er sich in das Leid der Passion.
Ernst, gesammelt blicken seine Menschen. Seine Kunst
hat etwas Asketisches, ein strenger Geist wird aus allen
Werken deutlich.
Rogiers Malerei, voller Natur in der Wiedergabe der
einzelnen Dinge und Lebewesen, stellt doch im ganzen
kein „realistisches" Bild der Welt vor uns hin. Die Ele-
mente der Wirklichkeit sind alle gegeben, aber der Zu-
sammenhang zwischen ihnen ist nicht der natürliche
Zusammenhang allen Lebens, sondern ein geistiger, ein
gedachter Zusammenhang, der ganz anderen Forderun-
gen als denen der Realität gehorcht. Das zeigen am deut-
lichsten die Farbgebung und die Form der Gegen-
stände in Licht und Luft. Der Maler beobachtete die
Schatten-Dämmerung unter dem Dach des Stalles (Abb.
8), im Gewölbe des Gemaches der Jungfrau (Abb. 2);
aber Atmosphäre zu schaffen, lag ihm doch ganz fern.
Noch die landschaftliche Tiefe erscheint in höchster Klar-
heit, zarter gegenüber den Farben des Vordergrundes,
aber vollkommen deutlich. Der Himmel, dunkel nach
oben zu, bietet kein bewegtes Schauspiel, und stilleben-
haft liegt auch das Land vor unserem Blick. Stadt und
Berg, Baum und Haus sind eingesetzt, um die Welt zu
zeigen und den Schauplatz zu bestimmen. Um ihrer
selbst willen sind sie nicht da.
Mit der Verkündigung an Maria auf dem linken Flü-
gel hebt das Programm des Altares an. Im Evangelium
des Lukas (1, 26ff.) ist dieses Geschehnis überliefert. Bei
der Jungfrau Maria, im Hause ihrer Eltern, erschien der
Erzengel Gabriel und überbrachte der erst Erschrocke-
nen, dann Demütigen die Botschaft, daß sie von Gott
erwählt worden sei, den Erlöser zur Welt zu brin-
gen. Die Begrüßungsworte des Engels „AVE GRATIA
PLENA DOMINUS TECUM“ (Sei gegrüßt, du Be-
gnadete, der Herr sei mit dir) hat Rogier vor des-
sen leise geöffnetem Mund aufgezeichnet. Während die
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