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Arndt, Karl; Goes, Hugo van der
Hugo van der Goes, der Portinari-Altar: [(Florenz, Uffizien)] — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 105: Stuttgart: Reclam, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.65780#0035
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weil er für seine mächtigen, durch die Gewänder ge-
steigerten Figuren diesen Raum brauchte. An Ernst und
Ausdrucksgewalt ist weniges seiner Verkündigung an
die Seite zu setzen. Maria, eben noch mit frommer Lek-
türe beschäftigt, hat sich zum Engel umgewendet und
neigt demütig das Haupt. Die linke Hand drückt die
Ergebung in Gottes Willen aus (Lukas 1, 38). Über
ihrem Haupt schwebt die Taube des hl. Geistes (Lukas
1, 35). Unvergeßlich ist der Erzengel Gabriel. Seine ge-
beugten Knie und die bewegten Gewänder lassen ihn
schwebend erscheinen und deuten auf seinen Flug, auf
die himmlische Abkunft. Zugleich zeigt sich in ihm
Ergebenheit vor der „Mutter des Herrn“. Der Verkün-
digungsgestus der Rechten kann ergreifender nicht ge-
dacht werden. Was zur Lichtmalerei des Goes gesagt
wurde, bewahrheitet sich auch hier. Verstand man zuvor
die Grisaille als Nachahmung von Steinskulptur, so hat
der Genter Meister sie im Sinne seiner alles belebenden
Kunst verwandelt. An Einzelheiten wie dem Buch der
Maria oder den Gewandsäumen ist zwar auch bei ihm
die Schwere des Steins sichtbar; aber die Gestalten haben
Bewegung, Atem und Seele nicht anders als im Haupt-
bild.

DER MALER
Die Quellen zum Leben des Hugo van der Goes sind
lückenhaft. Das erste sichere Datum ist das Jahr
1467. Damals erwarb Goes in Gent den Meistertitel. In
dieser Stadt war er auch zur Welt gekommen; das be-
zeugt eine Urkunde von 1480. Doch können wir das
Jahr der Geburt nur ungefähr vom Datum der Meister-
schaft her erschließen. Unter der unbewiesenen, aber
nächstliegenden Voraussetzung, daß Goes eine normale
Ausbildung durchlief und nicht vor 1467 bereits andern-
orts selbständig tätig war, kommen wir auf den Zeit-
raum 1440/45.

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