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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Engemann, Friedrich: Vom schöpferischen Kern der Bauhaus-Idee
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0317
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Der praktischen Arbeit am Werk, dem Versuch
und der Entwicklung wurde besondere Bedeutung
zugemessen.
Pazitnow bezeichnet diese Bauhauswerkstätten
als
,,die ersten Ateliers für Formgestaltung",
,,Vorbilder solcher Laboratorien der modernen
industriellen Formgestaltung, in denen geistige
Arbeit und Arbeit mit dem Werkzeug zu einer
neuen schöpferischen Einheit verschmelzen!"
Dr. Wingler zitierte in seinen Ausführungen
Mies van der Rohe, den letzten Direktor des
Bauhauses, der in einer Würdigung des Werkes
von Walter Gropius rückblickend die Wirksamkeit
des Bauhauses aus der Tatsache erklärte, daß es
,,eine Idee" war, die die Kraft hatte, sich so weit
zu verbreiten!
Das Tragende und bis heute Lebendige an
dieser Idee beruhte wohl in erster Linie auf der
Wirksamkeit einer Gemeinschaft lehrender und
lernender schöpferischer Menschen, die sich —
vielfach jeder auf seine Art — bemühten, die
bestehende Isolierung des geistigkünstlerischen
Schaffens vom praktischen Leben zu überwinden,
ihre Kunst mit den Problemen des Lebens zu
verbinden und im Bereich der Umwelt des Men-
schen die alte Einheit von geistig-künstlerischer
und materieller Arbeit auf der Ebene der indus-
triellen Produktion neu erstehen zu lassen.
Den im wahren Sinne schöpferischen Kern der
Bauhaus-Idee herauszukristallisieren, ihn von Irr-
tümern, Verzerrungen, von falschen und über-
holten Zeiterscheinungen zu trennen und unserer
Entwicklung nutzbar zu machen, das erscheint
uns heute noch der Mühe wert.
Als Architekt und Formgestalter ist man allein
schon von seiner Aufgabe her Avantgardist der
gesellschaftlichen Entwicklung, des unaufhaltsa-
men Kampfes der Menschen um die Vermenschlich-
ung der Umwelt.
Viele namhaften Architekten der Vergangenheit
sind uns Beispiel dafür.
So manches was sie forderten und wofür sie
kämpften, kann erst heute im weltweiten Ringen
um die Veränderung der gesellschaftlichen Ver-
hältnisse, mit der Überwindung der mit der
kapitalistischen Produktionsweise entstandenen
Entfremdung des Menschen zu den von ihm pro-
duzierten Dingen, Wirklichkeit werden.
Im Bauhaus versuchte man — wohl zum ersten

Mal in dieser Form — die Erscheinungen des in
der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts
beginnenden Verfalls von der Ursache her zu
erfassen, sie in ihren sozialen Bedingungen zu
erkennen und das Suchen nach der Lösung mit
dem Kampf um die notwendigen Veränderungen
zu verbinden.
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wurden zum Zentralproblem aller Auseinander-
setzungen an dieser Hochschule. Dieser gesell-
schaftlich-politische Inhalt der Banhausarbeit kam
am stärksten zum Ausdruck unter Hannes Meyer
(1928-1930).
Es ist sicher kein Zufall, daß in vielen Berichten
und Veröffentlichungen über das Bauhaus, die
besonders in der westlichen Welt erschienen sind,
(mit Ausnahme des Buches von Claude Schnaidt)
und bei vielen Versuchen und Teilversuchen einer
Rekonstruktion des Gewesenen, diese Etappe der
Bauhausarbeit nur sehr zurückhaltend Erwähnung
findet.
Wer aber ernsthaft versucht, den progressiven
Inhalt der Bauhausarbeit unseren heutigen Auf-
gaben nutzbar zu machen, der muß diesem für die
Gesamtleistung des Bauhauses so bedeutsamen
Abschnitt, wie die uns damals Beteiligten so stark
in Erinnerung gebliebene ,,Ära Hannes Meyer",
die Beachtung schenken, die ihr zukommt.
Noch in Weimar begann die der
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Aus der ausführlichen und umfangreichen
Begründung, die Gropius für die, für die weitere
Arbeit der Institution so grundlegende Umstellung
bereits 1922 vorlegte, nachfolgend nur einige kurze
Sätze: (ich zitiere wörtlich!)
,,Wir sind uns darüber klar, . . . daß alle Dinge,
mit denen wir uns beschäftigen, nicht für sich
bestehen können, sondern in unserer sich
entwickelnden Weltanschauung verankert liegen.
Die Basis, auf der unsere Arbeit aufgebaut ist,
kann deshalb nicht breit genug sein ..."
,,Das Bauhaus hat den Anfang gemacht, mit
der bisher üblichen akademischen Erziehung
zum kleinen Raffael und zur Entwurfsarbeit
zu brechen und die aus dem gestaltenden
Werkleben des Volkes zu dessen und ihrem
Schaden entflohenen schöpferischen Begabungen
wieder dahin zurückzuleiten . . .!
,,Seine (des Bauhauses) Verantwortung besteht

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