4. Marburg, Elisabethkirche, Ostchor mit Glasmalereien. Foto: Autor.
muliert in den Grenzen des verfügbaren Typenreper-
toires. Möglicherweise bildete ein solches Stilumfeld,
wie wir es in Marburg sehen, sogar den Grundstock zu
einer deutschen Sonderentwicklung der Glasmalerei.
Wie sieht der Kirchenbau im Einzelnen aus? Das
dreischiffige Hallenlanghaus und der Dreikonchen-
chor besitzen einen durchgehend doppelgeschossigen
Wandaufriss aus übereinandergestellten zweibahni-
5. Marburg, Elisabethkirche, Medaillon mit Geburt Christi aus einem
verlorenen Christusfenster. Flickstück in Elisabethfenster Chor süd II,
1b (ursprünglich Nordkonche nord VI), um 1240/50. Foto: Corpus
Vitrearum Freiburg im Breisgau.
gen Maßwerkfenstern, deren Form kurz zuvor in
Reims erfunden worden war. In den fast halbrunden
Chorpolygonen (1235 - ca. 1245) verdichtet sich der
Rhythmus von Wandflächen und Fensterfolien zu
einer Reihe eng zusammengedrängter Maßwerköf-
fnungen; die Architektur stellt hier, mehr noch als in
der etwa gleichzeitigen Trierer Eiebfrauenkirche, das
Gerüst für die Glasmalereien zur Verfügung.2
Den bedauernswerten Malern, die noch kurz zu-
vor in Kooperation mit den Glasmalern ausgedehnte
Apsisprogramme entworfen hatten, blieben bei einer
solch geringen Restfläche kaum mehr Gestaltungs-
möglichkeiten. Dagegen waren jetzt die Glasmaler
vermehrt gefordert, das strenge Rahmenraster sinn-
2 Aufgrund der jüngsten dendrochronologischen Untersuchun-
gen am originalen Dachwerk muss ein bedeutend rascherer
Baufortgang als bislang vermutet angenommen werden. Dem-
nach war der gesamte Ostbau einschließlich der westlichen
Vierungspfeiler bereits um 1243, also nach einer Bauzeit von
nur 9 Jahren, eingedeckt. FOWLER, Angus - KLEIN, Ul-
rich: Der Dachstuhl der Elisabethkirche — Ergebnisse der den-
drochronologischen Datierung. In: 700 Jahre Elisabethkirche
in Marburg. [Kat. Ausst.] Marburg 1983, S. 163-176; sowie
KLEIN, Ulrich - LANGENBRINCK, Max: Das Dachwerk
über dem Mittelschiff der Marburger Elisabethkirche. In: Zur
Bauforschung über Spätmittelalter und frühe Neuzeit. Berichte zur
Haus- und Bauforschung / Arbeitskreis für Hausforschung; 1.
Hrsg. G. Ulrich GROSSMANN. Marburg 1991, S. 139-154.
J. Michler hat diese Daten erstmals für die Baugeschichte aus-
gewertet: MICHLER, Jürgen: Die Elisabethkirche zu Marburg in
ihrer ursprünglichen Farbigkeit. Quellen und Studien zur Geschich-
te des Deutschen Ordens; 19- Marburg 1984, S. 29-37.
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