LORD SHAFTESBURY UND DIE KUNSTLER
133
Dance, with the Fauns and Satyrs: an old one of this Kind with his young Strip-
ling sitting by and performing as Musicians to their Country-Dance. Every thing
is so serene and joyous that the separate Nymphs and Fauns instead of hunting,
play only with Deer and other Creatures which are not here represented as wild,
but tamę and gentle, suitably to the rest of the Scene92.
Diese Beschreibung beweist Shaftesburys Fahigkeit, ein Gemalde zu
sehen, damit die Geschichte, hier eine arkadische - nicht naturliche -
Landschaft zu erkennen, und sie anhand anschaulicher Begriffe zu schil-
dern. Trotz dieser freundlichen Beschreibung kam aber dieses Bild einer
idealen Landschaft vielmehr dem allgemeinen Geschmack nach ais Shaf-
tesburys eigenem. Daher ist anzunehmen, daB Lorrains Landschaftsbil-
der im Gegensatz zu denen von Salvator Rosa Shaftesburys Vorstellung
nicht entsprachen. Der Philosoph erwarb das Gemalde lediglich, um
seinem Freund, der bereits mit Rosas Bildern unzufrieden war, einen
Gefallen zu tun93.
Uber andere moderne Kunstler auBert sich Shaftesbury zwar kritisch,
yerurteilt die Entwicklung aber nicht ais hoffnungslos, sondern - beson-
ders in GroBbritannien, wo die neue Konstitution ein neues, freies sozio-
politisches System garantiert94 - ist er zuversichtlich, daB nichts die Ent-
wicklung der freien Kunste verhindern konne. Dabei betont er ebenso
das verstarkte Interesse an Grafik, Zeichnungen und Kopien wie das an
den ursprunglichen italienischen Schulen, welches uber das GenieBen zu
hoheren Formen der kunstlerischen Nachahmung fiihren werde -
bezogen auf Historie, menschliche Natur und die Ordnung des Schonen
gemaB solcher Maximen und Gesetze, wie er sie selbst in der „Notion”
formuliert hat95.
Shaftesbury differenziert also die Kunstler der friihen Neuzeit gemaB
seiner Kunsttheorie. In seinem Lob fur Raffnol und Nicolas Poussin und
seinem Tadel von Kiinstlern wie Rubens, Tizian oder Caravaggio spiegelt
sich zum Teil der theoretische Streit zwischen den „Poussinisten” und
den „Rubenisten”. Dies jedoch nur auf den ersten Blick, denn obwohl er
sich dem Lager der „Poussinisten” nahert, laBt der Philosoph den Streit
hinter sich, da er unter anderem die Problematik des „ut pictura poesis”
klart und verwirft und die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung eher
im Sinne von Roger de Piles begreift96.
92 Brief an John Cropley vom 8. November 1712, PRO 30/24/23/9, S. 65.
93 Ebd.: „If this be not found a Pleasant Piece. I can have no Idea of what is pleasant in
painting, my Taste (as You know) not running towards what they cali the pleasant
manner.”
94 Characteristicks, III, S. 403.
95 Characteristicks, III, S. 399.
96 Vgl. R. de Piles, L’Idee du Peintre parfciit: Pour seroir de regle aux jugements que
lon doit porter sur les ouorages des peintres, (Nachdruck d. Ausg. London 1707), Genua
1970, S. 22. Vgl. dazu auch Puttfarken 1985, S. 24 ff., 84, 107. Siehe oben S. 15.
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Dance, with the Fauns and Satyrs: an old one of this Kind with his young Strip-
ling sitting by and performing as Musicians to their Country-Dance. Every thing
is so serene and joyous that the separate Nymphs and Fauns instead of hunting,
play only with Deer and other Creatures which are not here represented as wild,
but tamę and gentle, suitably to the rest of the Scene92.
Diese Beschreibung beweist Shaftesburys Fahigkeit, ein Gemalde zu
sehen, damit die Geschichte, hier eine arkadische - nicht naturliche -
Landschaft zu erkennen, und sie anhand anschaulicher Begriffe zu schil-
dern. Trotz dieser freundlichen Beschreibung kam aber dieses Bild einer
idealen Landschaft vielmehr dem allgemeinen Geschmack nach ais Shaf-
tesburys eigenem. Daher ist anzunehmen, daB Lorrains Landschaftsbil-
der im Gegensatz zu denen von Salvator Rosa Shaftesburys Vorstellung
nicht entsprachen. Der Philosoph erwarb das Gemalde lediglich, um
seinem Freund, der bereits mit Rosas Bildern unzufrieden war, einen
Gefallen zu tun93.
Uber andere moderne Kunstler auBert sich Shaftesbury zwar kritisch,
yerurteilt die Entwicklung aber nicht ais hoffnungslos, sondern - beson-
ders in GroBbritannien, wo die neue Konstitution ein neues, freies sozio-
politisches System garantiert94 - ist er zuversichtlich, daB nichts die Ent-
wicklung der freien Kunste verhindern konne. Dabei betont er ebenso
das verstarkte Interesse an Grafik, Zeichnungen und Kopien wie das an
den ursprunglichen italienischen Schulen, welches uber das GenieBen zu
hoheren Formen der kunstlerischen Nachahmung fiihren werde -
bezogen auf Historie, menschliche Natur und die Ordnung des Schonen
gemaB solcher Maximen und Gesetze, wie er sie selbst in der „Notion”
formuliert hat95.
Shaftesbury differenziert also die Kunstler der friihen Neuzeit gemaB
seiner Kunsttheorie. In seinem Lob fur Raffnol und Nicolas Poussin und
seinem Tadel von Kiinstlern wie Rubens, Tizian oder Caravaggio spiegelt
sich zum Teil der theoretische Streit zwischen den „Poussinisten” und
den „Rubenisten”. Dies jedoch nur auf den ersten Blick, denn obwohl er
sich dem Lager der „Poussinisten” nahert, laBt der Philosoph den Streit
hinter sich, da er unter anderem die Problematik des „ut pictura poesis”
klart und verwirft und die Bedeutung der sinnlichen Wahrnehmung eher
im Sinne von Roger de Piles begreift96.
92 Brief an John Cropley vom 8. November 1712, PRO 30/24/23/9, S. 65.
93 Ebd.: „If this be not found a Pleasant Piece. I can have no Idea of what is pleasant in
painting, my Taste (as You know) not running towards what they cali the pleasant
manner.”
94 Characteristicks, III, S. 403.
95 Characteristicks, III, S. 399.
96 Vgl. R. de Piles, L’Idee du Peintre parfciit: Pour seroir de regle aux jugements que
lon doit porter sur les ouorages des peintres, (Nachdruck d. Ausg. London 1707), Genua
1970, S. 22. Vgl. dazu auch Puttfarken 1985, S. 24 ff., 84, 107. Siehe oben S. 15.