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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0048

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2.1.3. DER SARKOPHAG MATTEI II

Wenn damit auch nur ein Terminus ante quem gegeben ist, so wird doch aus einem Vergleich mit dem
Löwenjagdsarkophag Rospigliosi (Kat. 131, Taf. 12,1) klar, daß der kapitolinische (Kat. 104, Taf. 12,2) später
entstanden ist. Durch sein vorzüglich ausgearbeitetes Porträt wird der Sarkophag Rospigliosi (Kat. 131,
Taf. 12,1) in die Zeit des Philippus Arabs bis spätestens Decius188, also eher in die vierziger Jahre als
um die Jahrhundertmitte datiert. Der kapitolinische (Kat. 104, Taf. 12,2) könnte dann noch unmittelbar
vor der Jahrhundertmitte entstanden sein und sein eindeutig aus einer Bosse herausgearbeitetes Porträt
erst unter Gallien nach 253 n.Chr. erhalten haben189, obgleich man natürlich den Sarkophag als ganzes
auch 10 Jahre später als den anderen datieren kann. Allerdings kündigen sich um die Mitte des Jahrhunderts
schon neue Stiltendenzen an, die in gallienischer Zeit voll zum Durchbruch kommen und eine bewußte
Abkehr von der Erregtheit und dissonanten Bewegung der Sarkophagdarstellungen der vierziger Jahre
erkennen lassen.

2.1.3. Der Sarkophag Mattei II

Ein deutliches Beispiel der neuen Richtung, in der gleichwohl die begonnene Entwicklung fortgesetzt wird,
ist die große Sarkophagplatte, die in die Wand auf dem oberen Treppenabsatz des Palazzo Mattei in Rom
eingemauert ist und kurz der Sarkophag Mattei II genannt wird (Kat. 128, Taf. 13,1). Die Fortsetzung
der Entwicklung zeigt sich rein äußerlich schon in den Maßen: Im Verhältnis zu seiner Länge ist es
der höchste Sarkophag überhaupt, den wir kennen. Auch wenn man in Rechnung stellt, daß am linken
Rande noch der Torbogen zu ergänzen ist, so kommt man doch zu einem Verhältnis von Höhe zu Länge
von fast zwei Drittel, während man zunächst nur etwa ein Drittel und bei den späteren monumentalen
Sarkophagen ein Halb oder wenig mehr mißt. Diese Höhe des Sarkophagreliefs bei annähernd gleicher
Figurenzahl wird nicht nur durch eine enge Zusammendrängung der Figuren erreicht, wodurch die für
gallienische Sarkophage so charakteristische Figurenmauer entsteht, sondern auch durch einen ruhigen, weni-
ger ausgreifenden Stand des Grabinhabers in der Aufbruchszene und der neben ihm stehenden nicht mehr
ausschreitenden oder nach rechts eilenden Virtus. Die Anregung zum Motiv dieser Figuren holten sich
die Sarkophagsteinmetzen wahrscheinlich von Staatsreliefs wie dem großen Fries vom Konstantinsbogen,
zumal die Sarkophagreliefs im Verlauf des 3. Jahrhunderts »entsprechend der Verlagerung der tatsächlichen
Machtverhältnisse auf eine größere Schicht einflußreicher Bürger, die zu den höchsten Staatsämtern aufstiegen,
an die Stelle der Staatsreliefs traten.«190

Zwischen dem Grabinhaber im Panzer und der neben ihm stehenden Virtus, die dem Grabinhaber zu
Pferde nachblickt, vermittelt eine am Boden kniende kleine Gestalt offenbar weiblichen Geschlechts. Der
Unterkörper mit knielangem Gewand ist zwar mitsamt dem ganzen unteren Reliefstreifen ergänzt, aber
die Form der vom Chiton heteromaschalos, wie ihn auch die Virtus trägt, freigelassenen rechten
Brust, die vollen, runden Arme und die Melonenfrisur lassen keinen Zweifel daran, daß die Figur weib-
lich ist. Die Binnenzeichnung des wulstartigen Reliefrestes in ihrer Hand gleicht den Halbrundkerben,
mit denen der Helmbusch der Virtus geformt ist. Die kleine Figur scheint also einen großen Helm gehalten
zu haben, der nur als derjenige des bis auf den Helm vollgerüsteten Mannes verstanden werden kann.
Die kleine weibliche Figur dürfte dann als eine Personifikation zu deuten sein, die Virtus nicht unähnlich
ist, vielleicht Victoria, obwohl man bei dieser Flügel erwarten würde. Hinter dieser kleinen Figur liegt
ein in flachem Relief ausgearbeitetes Jagdtier am Boden. Wie das erhaltene Horn und der glatte Hinterleib
zeigen, ist es ein auch vom Sarkophag in Kopenhagen (Kat. 41, Taf. 22,1; 24,2) bekannter Mähnenbüffel ,
so daß die Ergänzung mit dem charakteristischen Flotzmaul der Rinder das Richtige getroffen hat. Daneben
liegt ein Bär, der an den zu Schneckenlocken aufgedrehten Fellhaaren zu erkennen ist. Neben dem linken
Bein der Virtus kommt ein Hund aus dem Grund hervor.

Virtus steht nun, wie schon bemerkt, in ruhiger Haltung zwischen den beiden Hypostasen des Grabinhabers
und kann daher ohne Schwierigkeit auf beide bezogen werden. Dieser Haltung wird auch der neben ihr

188 Vgl. die Charakterisierung der Porträtkunst dieser Zeit bei Berg- kehrter Reihenfolge, auf dem großen Fries vom Konstantinsbogen
mann (1977) 54—43. abgebildet bei Andreae (1973) Abb. 421. - Letzte Zusammenstel-

189 Vgl. Andreae (1972) 431. lung der Literatur zum großen Fries bei W. Gauer, Ein Siegesmal

190 Vgl. B. Andreae, Processus Consularis in: Opus Nobile, Festschrift Domitians, Jdl 88, 1973, 320 Anm. 10, zur Roma ebda.
Ulf Jantzen (1969) 13. - Der Feldherr und die Roma im Motiv 327 Anm. 28.

des Grabherrn und der Virtus der Sarkophage, jedoch in umge- 191 Vgl. Anm. 166.

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