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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0083

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3.4. TIERFANG UND TIERHATZ

eine Technik dargestellt ist, der sich die Wildfänger bedienten, um die Muttertiere abzulenken. Sie warfen
ihnen eine Glaskugel hin, in der das Raubtier sein verkleinertes Spiegelbild sah und für ein Junges hielt.
Was den Transport der Tiere in Käfigen angeht, die auf Schiffe verladen wurden, so ist mir eine genaue
bildliche Parallele nicht bekannt geworden. Der Sarkophagdeckel ist von herausragender Größe und Qualität.
Die Masken der Windgötter373 zeigen eine nahe Verwandtschaft zu denen vom Löwenjagdsarkophag im
Praetextatmuseum (Kat. 86, Taf. 23,1). Der Sarkophag, zu dem die Deckelfragmente der Villa Medici (Kat. 196,
Taf. 42,1.2) gehörten, stammt also aus einer der bedeutendsten Sarkophagwerkstätten in Rom. Gleichwohl
wird man nicht annehmen, daß der Steinmetz die Szene mit dem Transport der Löwenkäfige selbst entworfen
hat. Dazu ist sie zu akzessorisch.

Das Fangen von Tieren in käfigartigen Fallen wird auch auf Nebenseiten dargestellt, zu denen die Fronten
fehlen. Man kennt also auch hier den ikonologischen Zusammenhang nicht. Da bei den vollständig erhaltenen
Jagdsarkophagen Tierfangszenen auf den Nebenseiten nicht vorkommen, ist es gewagt anzunehmen, daß
die fragmentierten Nebenseiten im Vatikanmagazin (Kat. 222, Taf. 42,10) und in Cortona (Kat. 25, Taf. 42,11)
zu Jagdsarkophagen des üblichen Typus gehörten. Die Darstellungen auf den beiden Fragmenten können
einander möglicherweise ergänzen. Auf dem Fragment in Cortona (Kat. 25, Taf. 42,11) sieht man links noch die
Schilde von Jägern, die die Tiere in die Falle treiben, deren Falltür ein daraufstehender Mann bedient. Vielleicht
war etwas ähnliches auch auf dem Fragment im Vatikanmagazin (Kat. 222, Taf. 42,10) rechts dargestellt, wo man
links noch die Treiber mit Ovalschild sieht, die einen Büffel und eine Löwin gestellt haben. Solche Nebenseiten
könnten zu Sarkophagfronten gehört haben, von denen nur ein einziges Beispiel in ringsum beschnittenem
Zustand in der Villa Borghese erhalten blieb (Kat. 177, Taf. 42,7). Hier sind in dichtem Gedränge und
in zwei Reihen übereinander wilde Tiere dargestellt, die zu den bei Venationes im Amphitheater besonders
beliebten Arten zählen: Löwe, Hirsch, Strauß, Panther, ein weiterer Hirsch, Löwin, Buckelrind, Elefant,
dem ein Panther auf den Rücken gesprungen ist, und zu seinen Füßen ein kleineres Tier, das eine Wildkatzenart
oder ein Lux sein könnte. Seinem Stil nach, besonders wegen der Form der Augen und der Einfachheit
der plastischen Mittel gehört das Fragment in tetrarchische Zeit und gibt in bilderbogenhafter Streuung
die Tiere wieder, die in der Arena aufeinander gehetzt werden. Genauer und in bewußterer Komposition
war der Kampf zwischen Elefanten und Löwen, der sich auch an den abgerundeten Nebenseiten eines
neugefundenen noch unpublizierten Sarkophages in Ostia (Kat. 61) findet, auf zwei fragmentierten Sarkophag-
reliefs im Vatikan (Kat. 215, Taf. 42,5 und Kat. 223, Taf. 42,6) sowie auf einem großen, fragmentierten
Deckel in S. Sebastiano (Kat. 151, Taf. 42,3.4) gestaltet. Alle Darstellungen geben die Episode sehr ähnlich
wieder. Der Elefant spießt einen auf dem Rücken liegenden Löwen mit den Stoßzähnen auf Der Löwe
schlägt dem Elefanten die Pranken in Bug und Rüssel. Ein anderer Löwe ist dem Elefant auf den Rücken
gesprungen und beißt sich in seiner Kruppe fest. Auf dem Fragment im Vatikan (Kat. 223, Taf. 42,6) ist
nur die linke Pranke dieses Löwen erhalten, man erkennt aber, daß der gleiche Typus zugrundeliegt wie
auf dem Deckelfragment in San Sebastiano (Kat. 151, Taf. 42,3.4).

Auftritte von Elefanten in der Arena werden in der antiken Literatur über Circensische Spiele in Rom
häufig erwähnt374. Besonders beliebt war es offenbar, Elefanten gegen Stiere antreten zu lassen, wie zwei
Epigramme Martials375 und die Behandlung der Elefanten in der Naturalis Historia des Plinius376 lehren,
welche dieser mit einer Geschichte ihres Auftrittes bei Circusspielen in Rom seit den Punischen Kriegen
einleitet. Ein Kampf zwischen Elefanten und Löwen ist, wenn ich recht sehe, in der Literatur über die
Circusspiele nicht überliefert. Wegen der Bedeutung, die Löwen dabei hatten, und in Anbetracht der Phantasie,
welche die Organisatoren der Spiele in der Kombination immer neuer Kämpferpaare entwickelten, kann
man aber voraussetzen, daß ein solcher Kampf nichts absolut Außergewöhnliches war. Andererseits kann
man nicht mit völliger Sicherheit sagen, ob mit diesen Darstellungen unmißverständlich ein Tierkampf
in der Arena oder in einer idealen freien Natur gemeint war. Der Deckel im Museum von S. Sebastiano
(Kat. 151, Taf. 42,3.4) zeigt an beiden Seiten Dionysosköpfe mit Weinlaub und Trauben im Haar. Der
Deckel könnte also zu einem Dionysischen Sarkophag gehört haben. Bei den Sarkophagfragmenten im
Vatikan (Kat. 215, Taf. 42,5 und Kat. 223, Taf. 42,6) ist der Zusammenhang nicht mehr völlig klar, aber

373 Brennecke (1970) 155. 246 Nr. 253. 375 De Spectaculis 17. 19.

J.M.C. Toynbee, Animals in Roman Life and Art (1973) 46-49. 376 NH 8, j, 19.

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