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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0086

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3.5.1. DER SARKOPHAG DES VALERINUS VASATULUS

Fondamenta (Kat. 241, Taf. 44,3) noch erweitert werden, um die ganze Länge des Frontreliefs zu füllen.
Aus dem gleichen Grund müssen überhaupt alle Formen auf diesen Sarkophagen, deren Proportionen wieder
an der im Sargkasten liegenden menschlichen Figur orientiert sind, eigentümlich gedehnt und in die Breite
gezogen werden. Besonders auffällig ist dies beim Löwen, aber es macht sich bei allen Formen bis in
die breiten Gesichter hinein bemerkbar.

Beachtenswert ist, daß der Eberjäger einen in der Bosse belassenen, offenbar für die Ausarbeitung als Porträt
bestimmten Kopf hat und der Sarkophag daher offenbar zur Grablege einer weiteren, zur Zeit der Erstbelegung
des Sarkophages noch lebenden Person bestimmt war.

Es ist nicht schwer, eine zeitliche Abfolge der Sarkophage mit dieser Komposition festzustellen, zu denen
vielleicht auch ein in die Rückwand eines Brunnens an der Via dell'Acqua Felix eingemauertes Fragment vom
Mittelteil eines erheblich größeren Sarkophages zu zählen ist (Kat. 179, Taf. 44,1).

Die Sarkophage in der Vatikannekropole (Kat. 240, Taf. 44,2) und in der Via delle Fondamenta (Kat. 241,
Taf. 44,3) verraten in allen Einzelheiten ihre Herkunft aus der gleichen Werkstatt. Der erstere ist bei etwa
gleicher Länge 12,5 cm höher und 20 cm breiter, also erheblich größer als der zweite und auch qualitätvoller.
Er ist aber auch früher, wie die Reste von Flammenhaaren, die relativ plastischen Wölbungen bei den
Falten, die stärker differenzierte Durchformung der Tierleiber und der Blätterbüschel an den Baumkronen
zeigen. Das Porträt dieses Sarkophags steht dem des Claudius Gothicus384 nahe. Die aus typologischen
Gründen naheliegende Datierung in die Zeit bald nach dem Ende Galliens wird dadurch bestätigt. Der
Sarkophag in der Via delle Fondamenta (Kat. 241, Taf. 44,3) ist demgegenüber schon in die Mitte der
70er Jahre zu rücken. Sein Porträt erinnert im Gesichtsschnitt an die Vierschrötigkeit des Münzporträts
Aurelians . Der letzte Sarkophag dieser Reihe ist der in der Villa Medici (Kat. 193, Taf. 45,3), der vor
allem mit der eigentümlich langen und prismatischen Kopfform seiner Figuren schon auf Sarkophage tetrar-
chischer Zeit wie den Hippolytos-Sarkophag im Museo Nazionale Romano386 vorausweist, dessen Erstarrungs-
form aber noch nicht erreicht. Er dürfte daher um oder bald nach 280 n.Chr. zu datieren sein. Ein Vergleich
der Entwicklung des Löwentypus (Taf. 121,4-6) auf diesen drei Sarkophagen erlaubt noch einmal, die Reihen-
folge nachzuvollziehen. Mit seiner viereckigen Schnauze, den zunächst in ornamentalen Kaskaden fallenden,
dann sich starr nach hinten sträubenden Mähnenhaaren und dem ungewöhnlich langgestreckten Leib ist
er von der gleichen Rasse, zeigt aber drei Stufen auf dem Weg der Kunst von Gallien zur Tetrarchie,
der in dieser Werkstatt auch der Weg eines gewissen Qualitätsverfalls ist.

In den frühen Abschnitt dieser Zeit und zumindest in den Umkreis dieser Werkstatt gehört auch der wegen
seines schlechten Erhaltungszustandes nur ungenau zu beurteilende Sarkophag in der Via dell'Acqua Felix
(Kat. 179, Taf. 44,1), der aber fast doppelt so groß war wie die anderen Exemplare. Er konnte daher in
den Gewändern weiter durchgeformt werden und wesentlich mehr Falten aufweisen. Auch die Löwenmähne
wurde lockenreicher gestaltet. Der Löwe zeigt aber wieder das eigentümlich viereckige Maul, welches ein
Merkmal der von dieser Werkstatt bevorzugten Rasse ist.

Lose angefügt werden kann hier noch die Platte eines Jagdsarkophags in der Villa Doria (Kat. 180, Taf. 45,8),
bei dem die Löwenjagd in der Mitte durch Tierhatzszenen rechts und links erweitert ist. M. Bonanno387
hat bereits die Schwierigkeit dargestellt, der man sich beim Versuch der Einordnung dieses Stücks gegenüber-
sieht. Wenn der schlechte Erhaltungszustand nicht täuscht, so glaubt man noch eine bemerkenswerte Stoff-
lichkeit der Gewänder und eine gewisse Lockerheit der Mähnenhaare bei Löwe und Pferden feststellen
zu können. Dieser Eindruck kann gleichwohl nicht über die zeitlich vorgerückte Stellung des Sarkophages
hinwegtäuschen, der nach seinen spätesten Elementen datiert werden muß. Diese bietet der einzige erhaltene
Kopf eines der Jagdteilnehmer am rechten Rand oben. Die harten, geschnitzten Züge dieses Mannes lassen
eine Datierung des Sarkophages vor den übrigen Tierhatzsarkophagen nicht zu. Die ganze Gruppe dieser
Sarkophage gehört demzufolge in nachgallienische Zeit und bezeichnet den allmählichen Ubergang von
den monumentalen Jagdsarkophagen, die eine gehobene, anspruchsvolle Gesellschaftsschicht repräsentieren,
zu den kleineren, wesentlich breiter gestreuten und volkstümlicheren Jagdsarkophagen tetrarchischer Zeit.

Andreae (1973) Abb. 132. - Bergmann (1977) 1046°. 108. 110. 115.
13 2f. 139 Taf. 3 2,1-3 •

Ebenda, Münztafel z, 9-12. Vgl. R. Delbrueck, Die Münzbildnisse
von Maximinus bis Carinus (1940) Taf. 23.

6 Reschke (1966) 3i7f. 335f. 346. 377 Abb. 26.55. - Heibig "III
Nr. 2119. - Andreae (1973) Abb. 616.

7 Calza (1977) 194.

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