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ADONIS
nach der Gürtung und dem Faltenwurfe des Chitons für
weiblich halten und mit der Amme aus der ersten Scene
identificieren, wenn nicht nach Eichlers Versicherung der
bärtige Kopf und der einen Speer tragende linke Arm antik
wären. So wird man in ihr den bärtigen Gefährten aus
der ersten Scene erkennen müssen. Dann weiter rechts zwei
Jäger, von denen der eine den Kopf nach Venus hinzu-
wenden und den rechten Arm nach ihr auszustrecken scheint.
Alles Uebrige ist modern, daher von Eichler weggelassen.
Auf der rechten Hälfte der Vorderseite ist die Ver-
wundungsscene in die Mitte, also an die vierte Stelle,
gesetzt. Der noch tief in seiner Höhle steckende Eber wird
von vorn von einem einzigen Hunde angegriffen. Adonis
sitzt am Boden, die linke Hand ähnlich wie auf 3. 5. 12 vor-
streckend. Die rechte Hand hält keinen Speer, sondern
ist, wie auf 3, auf den Boden gestützt. Ein unbärtiger
Jäger im runden Hut scheint Adonis von hinten zu stützen
(vgl. 14), obgleich die linke Hand nicht sichtbar ist. Die
rechts neben und über dem Kopf erscheinenden Gewand-
reste kann ich nur mit v. Duhn für die um den linken
Arm gewickelte Chlamys halten, mit der der Jäger den
Gefallenen zu schützen sucht. Doch scheint der Sarkophag
an dieser Stelle überarbeitet zu sein. Rechts von Adonis
dringt ein bloss mit der Chlamys bekleideter Jüngling mit
gefälltem Speer auf den Eber ein (vgl. 14. 20. 21). Die
Haltung ist die des Meleager auf den Sarkophagen mit der
kalydonischen Jagd. Ueber der Höhle erscheint ein gleichfalls
mit der Chlamys bekleideter bärtiger Jäger; die Linke hält
einen Speer; in die erhobene Rechte hat ihm der Ergänzer
gewiss richtig einen Stein gegeben (vgl. 4. 9. 12. 14). Ein
weiterer Jäger in Tunica und Mantel ist ganz links über
Adonis bis zur Brust erhalten. Er hält in der Linken einen
Speer und zeigt mit der Rechten auf den Eber. Irrthüm-
lich meinte Matz, dass er dem angreifenden Jäger in den
Arm fallen wolle.
Zwei kleinere Scenen fassen diese Hauptscene zu
beiden Seiten ein. In der linken, also der Reihenfolge nach
dritten, wird Adonis verbunden. Ein bärtiger Arzt kniet
neben ihm und scheint mit beiden Armen (der linke ist
gebrochen, aber mit Sicherheit zu ergänzen) den Verband um
seinen linken Oberschenkel zu legen; vgl. das pompejanische
Bild mit dem verwundeten Aeneas (Helbig Wandgemälde
Nr. 1383; abgeb. Giorn. degli seavi di Pompei 1862 tav. VIII).
Adonis stützt sich mit der Linken auf das Haupt des
Knienden. Ob der links erhaltene Speer zu ihm oder zu
dem Adonis der zweiten Scene gehört, lässt sich, wie wir
oben sahen, nicht entscheiden. Von einer dritten Figur im
Hintergrund ist nur der vom Gewand bedeckte Unter-
körper erhalten. Gewiss war sie, wie der Ergänzer an-
genommen hat, bemüht, den verwundeten Adonis zu
unterstützen, aber weiblich durfte er sie nicht bilden.
Auf diese Figuren scheint die Scene beschränkt gewesen
zu sein, während der Ergänzer im oberen Thcil willkürlich
die beiden Köpfe aus der rechten Scene wiederholt hat.
Die rechte Nebenscene, die fünfte der ganzen Reihe,
die die Vorderseite an der rechten Ecke abschliesst, stellt, wie
auf 14, die den verwundeten Adonis pflegende Venus dar.
Doch ist der Typus stark umgestaltet. Venus mit Diadem
und in blossem Chiton — den Mantel hat sie, um die
Arme frei zu haben, abgelegt — steht neben Adonis, der
wie in beginnender Ohnmacht zurückzusinken scheint, mit
der Linken sich mühsam auf den Felssitz stützt und die
Rechte nach der Göttin ausstreckt, die, wie auf 9. 12. 14, die
Hand an sein Kinn legt. Am Boden sitzt ein Amor, der
mit erhobenen Händchen den Verband am linken Schenkel
festdrückt. Eine ähnliche Gruppe findet sich auf einem
Stuckrelief aus dem Grabe der Gens Manilia (abgeb. Me-
morie enciclopedkhe romane sullc belle arti V, 1805, p. 56.
Museo Chiaramonti I tav. agg. A 9) und auf einem von
Heydemann in den vaticanischen Gärten gesehenen an-
geblichen Puteal (Berichte der Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften XXVIII, 1876, S. 120 Nr. 6). Ueber Adonis
wird der Kopf seines bärtigen Gefährten sichtbar. Noch
höher schwebt mit erhobener Rechten ein Amor. Links
von diesem sitzt, unzweifelhaft zu dieser und nicht zur
Mittelscene gehörig, auf einem Felsen ein bärtiger Berg-
gott, mit einem Rehfell bekleidet und mit einem Pedum in
der Rechten. Das Haupt auf die linke Hand gestützt,
blickt er theilnahmvoll auf die Scene zu seinen Füssen. Er
ist der Repräsentant der um Adonis trauernden Natur.
Gute Arbeit des zweiten Jahrhunderts.
16) F. Rom, Lateran, im dreizehnten Zimmer an
der Westwand. Fig. 16. L. 0,53. H. 0,67. Zeichnung von
Eichler 1876".
Früher in den Magazinen des Vatican.
Abbildungen: Raoul Rochette Cboix de Peintures de Pom-
peji 1846 p. 109 zu pl. VII. — Garrucci Monumenti del Museo
Lateranense 1861 tav. XLIV 1.
Litteratur: Raoul Rochette a. a. O. p. 129; Garrucci
a. a. O. p. 84; Petersen a. a. O. p. 161 (L); Hirzel a. a. O.
p. 68 (L). p. 76; Benndorf und Schöne Antike Bildwerke des
Laterancnsischcn Museums 1867 S. 313 Nr. 446.
Rechte Ecke eines Adonis-Sarkophags, der dieselbe
Scenenanordnung wie 14 gehabt haben muss. Erhalten ist
die Pflegescene. Die Gruppe ähnlich wie auf 14. Nur
setzt Adonis das verwundete rechte Bein, an dem der Ver-
band angegeben ist, auf den Boden, und ein Amor ist be-
schäftigt, mit einem Schwamm das unter der Binde hervor-
sickernde Blut abzuwaschen. Zu seinen Füssen steht ein
Waschbecken. Vgl. das ähnliche Motiv auf dem pompejani-
schen Bilde aus Casa d' Adonide ferito (Helbig, Wandgemälde
Nr. 340; Raoul Rochette Choix de Peintures pl. IX). Statt
des stützenden Gefährten von 14 ist über dem Arme des
ADONIS
nach der Gürtung und dem Faltenwurfe des Chitons für
weiblich halten und mit der Amme aus der ersten Scene
identificieren, wenn nicht nach Eichlers Versicherung der
bärtige Kopf und der einen Speer tragende linke Arm antik
wären. So wird man in ihr den bärtigen Gefährten aus
der ersten Scene erkennen müssen. Dann weiter rechts zwei
Jäger, von denen der eine den Kopf nach Venus hinzu-
wenden und den rechten Arm nach ihr auszustrecken scheint.
Alles Uebrige ist modern, daher von Eichler weggelassen.
Auf der rechten Hälfte der Vorderseite ist die Ver-
wundungsscene in die Mitte, also an die vierte Stelle,
gesetzt. Der noch tief in seiner Höhle steckende Eber wird
von vorn von einem einzigen Hunde angegriffen. Adonis
sitzt am Boden, die linke Hand ähnlich wie auf 3. 5. 12 vor-
streckend. Die rechte Hand hält keinen Speer, sondern
ist, wie auf 3, auf den Boden gestützt. Ein unbärtiger
Jäger im runden Hut scheint Adonis von hinten zu stützen
(vgl. 14), obgleich die linke Hand nicht sichtbar ist. Die
rechts neben und über dem Kopf erscheinenden Gewand-
reste kann ich nur mit v. Duhn für die um den linken
Arm gewickelte Chlamys halten, mit der der Jäger den
Gefallenen zu schützen sucht. Doch scheint der Sarkophag
an dieser Stelle überarbeitet zu sein. Rechts von Adonis
dringt ein bloss mit der Chlamys bekleideter Jüngling mit
gefälltem Speer auf den Eber ein (vgl. 14. 20. 21). Die
Haltung ist die des Meleager auf den Sarkophagen mit der
kalydonischen Jagd. Ueber der Höhle erscheint ein gleichfalls
mit der Chlamys bekleideter bärtiger Jäger; die Linke hält
einen Speer; in die erhobene Rechte hat ihm der Ergänzer
gewiss richtig einen Stein gegeben (vgl. 4. 9. 12. 14). Ein
weiterer Jäger in Tunica und Mantel ist ganz links über
Adonis bis zur Brust erhalten. Er hält in der Linken einen
Speer und zeigt mit der Rechten auf den Eber. Irrthüm-
lich meinte Matz, dass er dem angreifenden Jäger in den
Arm fallen wolle.
Zwei kleinere Scenen fassen diese Hauptscene zu
beiden Seiten ein. In der linken, also der Reihenfolge nach
dritten, wird Adonis verbunden. Ein bärtiger Arzt kniet
neben ihm und scheint mit beiden Armen (der linke ist
gebrochen, aber mit Sicherheit zu ergänzen) den Verband um
seinen linken Oberschenkel zu legen; vgl. das pompejanische
Bild mit dem verwundeten Aeneas (Helbig Wandgemälde
Nr. 1383; abgeb. Giorn. degli seavi di Pompei 1862 tav. VIII).
Adonis stützt sich mit der Linken auf das Haupt des
Knienden. Ob der links erhaltene Speer zu ihm oder zu
dem Adonis der zweiten Scene gehört, lässt sich, wie wir
oben sahen, nicht entscheiden. Von einer dritten Figur im
Hintergrund ist nur der vom Gewand bedeckte Unter-
körper erhalten. Gewiss war sie, wie der Ergänzer an-
genommen hat, bemüht, den verwundeten Adonis zu
unterstützen, aber weiblich durfte er sie nicht bilden.
Auf diese Figuren scheint die Scene beschränkt gewesen
zu sein, während der Ergänzer im oberen Thcil willkürlich
die beiden Köpfe aus der rechten Scene wiederholt hat.
Die rechte Nebenscene, die fünfte der ganzen Reihe,
die die Vorderseite an der rechten Ecke abschliesst, stellt, wie
auf 14, die den verwundeten Adonis pflegende Venus dar.
Doch ist der Typus stark umgestaltet. Venus mit Diadem
und in blossem Chiton — den Mantel hat sie, um die
Arme frei zu haben, abgelegt — steht neben Adonis, der
wie in beginnender Ohnmacht zurückzusinken scheint, mit
der Linken sich mühsam auf den Felssitz stützt und die
Rechte nach der Göttin ausstreckt, die, wie auf 9. 12. 14, die
Hand an sein Kinn legt. Am Boden sitzt ein Amor, der
mit erhobenen Händchen den Verband am linken Schenkel
festdrückt. Eine ähnliche Gruppe findet sich auf einem
Stuckrelief aus dem Grabe der Gens Manilia (abgeb. Me-
morie enciclopedkhe romane sullc belle arti V, 1805, p. 56.
Museo Chiaramonti I tav. agg. A 9) und auf einem von
Heydemann in den vaticanischen Gärten gesehenen an-
geblichen Puteal (Berichte der Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften XXVIII, 1876, S. 120 Nr. 6). Ueber Adonis
wird der Kopf seines bärtigen Gefährten sichtbar. Noch
höher schwebt mit erhobener Rechten ein Amor. Links
von diesem sitzt, unzweifelhaft zu dieser und nicht zur
Mittelscene gehörig, auf einem Felsen ein bärtiger Berg-
gott, mit einem Rehfell bekleidet und mit einem Pedum in
der Rechten. Das Haupt auf die linke Hand gestützt,
blickt er theilnahmvoll auf die Scene zu seinen Füssen. Er
ist der Repräsentant der um Adonis trauernden Natur.
Gute Arbeit des zweiten Jahrhunderts.
16) F. Rom, Lateran, im dreizehnten Zimmer an
der Westwand. Fig. 16. L. 0,53. H. 0,67. Zeichnung von
Eichler 1876".
Früher in den Magazinen des Vatican.
Abbildungen: Raoul Rochette Cboix de Peintures de Pom-
peji 1846 p. 109 zu pl. VII. — Garrucci Monumenti del Museo
Lateranense 1861 tav. XLIV 1.
Litteratur: Raoul Rochette a. a. O. p. 129; Garrucci
a. a. O. p. 84; Petersen a. a. O. p. 161 (L); Hirzel a. a. O.
p. 68 (L). p. 76; Benndorf und Schöne Antike Bildwerke des
Laterancnsischcn Museums 1867 S. 313 Nr. 446.
Rechte Ecke eines Adonis-Sarkophags, der dieselbe
Scenenanordnung wie 14 gehabt haben muss. Erhalten ist
die Pflegescene. Die Gruppe ähnlich wie auf 14. Nur
setzt Adonis das verwundete rechte Bein, an dem der Ver-
band angegeben ist, auf den Boden, und ein Amor ist be-
schäftigt, mit einem Schwamm das unter der Binde hervor-
sickernde Blut abzuwaschen. Zu seinen Füssen steht ein
Waschbecken. Vgl. das ähnliche Motiv auf dem pompejani-
schen Bilde aus Casa d' Adonide ferito (Helbig, Wandgemälde
Nr. 340; Raoul Rochette Choix de Peintures pl. IX). Statt
des stützenden Gefährten von 14 ist über dem Arme des