DER STURZ
das Gemälde im Sinne zu haben, wenn er Met. II 314 s. con-
sternantur equi et saltu in contraria facto colla iugo eripiunt
abruptaque lora relinquunt sagt. Auf dem Cameo beschränkt
sich die Szene auf den vom Sonnenwagen stürzenden
Phaethon, den als Begleitreiter fungierenden Phosphoros,
den in einen Schwan verwandelten Kyknos und eine lie-
gende Urne mit ausströmendem Wasser zur Andeutung des
Eridanos. Dieser Darstellung steht am nächsten der die
zweite Gruppe der dritten Klasse repräsentierende Floren-
tiner Sarkophag 342. Nur erscheint dort statt der Urne
der personifizierte Eridanus selbst. Diesen haben wir
unbedingt auch für das benutzte Gemälde zu postulieren,
auf dem die Urne sein Attribut gewesen sein wird, da
diese allein zur Andeutung eines Flusses sonst der Kunst-
sprache fremd ist; offenbar hat hier der Steinschneider aus
Raummangel gekürzt. Allerdings fehlt die Urne neben
Eridanus gerade auf 342, sowie auf einem Sarkophage der
zweiten Klasse 336 und denen der dritten Gruppe der
dritten Klasse mit Ausnahme von 347, erscheint aber regel-
mäßig auf der ersten Gruppe dieser Klasse; s. 337. 338.
340. Eridanus ist auf 342 bärtig gebildet, wie ihn auch
Avien 786 senior und 795 senex nennt. Dagegen zeigen
ihn die Exemplare der ersten und dritten Gruppe, auf denen
sein Kopf nicht ergänzt ist wie 337. 344, stets jugendlich1).
Ferner weist der Florentiner Sarkophag 342 noch fol-
gende Figuren auf, die auf dem Cameo fehlen: hinter Phae-
thon dessen trauernden Pädagogen, über Eridanus einen
Berggott, und links die im Verwandlungsprozesse befind-
lichen Heliaden.
Der Pädagoge ist sonst regelmäßig neben den Schwan
gestellt, 336—338. 340. 341. 343. 344 und hierdurch
wie durch den Umstand getäuscht, daß er auf 338 nicht
wie sonst einen Stab in seiner Rechten hält, sondern den
Flügel des Schwanes anfaßt, wonach er auch auf 344
ergänzt ist, hat man den Alten selbst als Cycnus auf-
gefaßt und eine Verbildlichung seiner Metamorphose an-
genommen, wie sie nur in der archaischen Kunst, z. B. bei
den Verwandlungen der Thetis gebräuchlich, in der ent-
wickelten Kunst, und vollends der römischen, ohne jede
Becher des C. Popilius, Hartwig Rom. Mitt. XIII 1898 Taf. XI S. 399 fr.),
sondern schon bei homerischen Bechern häufig vorkommt, s. Robert
Arch. Jahrb. XXIII 1908 S. 185 A. 3, Oidipus I 508. II 173 A.36. Zwar
sind die Figuren des Sol und der Aurora bei dieser Szene auch auf jün-
geren Sarkophagen zugegen, scheinen aber dem im Texte besprochenen
Gemälde fremd zu sein; die das eine Rad des Sonnenwagens rettende
Tethys ist durch Valerius Flaccus V 432 ss. literarisch bezeugt. Aber
die hier ganz deplacierte Diana und der blitzschleudernde Jupiter neben
ihr gehören doch wohl in eine Gigantomachie. K. Hähnle Arretinische
Reliefkeramik (Tüb. Diss. 1915) s- 7°f- scheint mir die Bedeutung der
Darstellung für die Mythologie weit zu überschätzen.
l) Dasselbe Schwanken zeigen die Sternkarten. Auf dem Globus des
Neapler Atlas ist er unbärtig, Thiele Antike Himmelsbilder Taf. VI, in
der Leidener Germanicushandschrift bärtig und dem Typus der ersten und
dritten Gruppe der dritten Klasse sehr ähnlich, Thiele a. a. O. S. 125
Fig- S°-
Analogie ist. Um dies zu können, mußte man eine Sagen-
form postulieren, in der der Ligurerfürst Cycnus, seit
Phanokles Phaethons Liebhaber2), ein Greis gewesen sei,
wofür man sich auf Claudian de VI. cons. Honorii 170: mu-
tatumque senem plumis et fronde sorores berufen zu können
glaubte. Indessen widerspricht Claudian dem selbst, wenn
er gleich darauf 173 Cycnique sodalis schreibt, jener frü-
here Vers ist offenbar folgender Stelle aus Vergils Aeneis
nachgeahmt X 189 fr.:
namque ferunt luctu Cycnum Phaethontis amati,
populeas inter frondes timbramque sororum,
dum canit et maestum Musa solatur amorem,
canentem molli phima duxisse senectam
linquentem terras et sidera voce sequentem.
Den letzten Vers hat Claudian mißverstanden, denn er
besagt nicht, daß Cycnus bei der Verwandlung ein Greis
aus der casa farnesina.
gewesen sei, sondern daß die Verwandlung in einen
Schwan ihm das Aussehen eines Greises gegeben habe:
canentem senectam pro albo colore neoterice dictum p7itant be-
merkt Servius ampl. Für die Sarkophage ist die Identität
des Alten mit dem Schwan dadurch ausgeschlossen, daß er
auf dem ältesten Exemplar 342 durch die Mittelgruppe von
ihm getrennt ist, die Benennung Cycnus dadurch, daß er
durchaus nichts Königliches an sich hat, vielmehr in dem
landläufigen Typus des Pädagogen erscheint. In der Lite-
ratur wird allerdings ein Pädagoge des Phaethon nicht er-
wähnt, wohl aber findet er sich auf einem Stuckrelief der
Casa Farnesina, das mit der oben S. 407 erwähnten An-
schirrungsszene zusammengehört und die Bitte des Phae-
thon darstellt; Mon. d. Inst. a. a. O. (danach unsere Abbild.),
Petersen a. a. O., Helbig a. a. O. Nr. 1332.
Ob nun dieser Pädagoge schon auf dem als Vorbild
erkannten Gemälde vorhanden war oder erst in den Sarko-
2) S. Knaack Quaestiones Phaethonteae 63.
das Gemälde im Sinne zu haben, wenn er Met. II 314 s. con-
sternantur equi et saltu in contraria facto colla iugo eripiunt
abruptaque lora relinquunt sagt. Auf dem Cameo beschränkt
sich die Szene auf den vom Sonnenwagen stürzenden
Phaethon, den als Begleitreiter fungierenden Phosphoros,
den in einen Schwan verwandelten Kyknos und eine lie-
gende Urne mit ausströmendem Wasser zur Andeutung des
Eridanos. Dieser Darstellung steht am nächsten der die
zweite Gruppe der dritten Klasse repräsentierende Floren-
tiner Sarkophag 342. Nur erscheint dort statt der Urne
der personifizierte Eridanus selbst. Diesen haben wir
unbedingt auch für das benutzte Gemälde zu postulieren,
auf dem die Urne sein Attribut gewesen sein wird, da
diese allein zur Andeutung eines Flusses sonst der Kunst-
sprache fremd ist; offenbar hat hier der Steinschneider aus
Raummangel gekürzt. Allerdings fehlt die Urne neben
Eridanus gerade auf 342, sowie auf einem Sarkophage der
zweiten Klasse 336 und denen der dritten Gruppe der
dritten Klasse mit Ausnahme von 347, erscheint aber regel-
mäßig auf der ersten Gruppe dieser Klasse; s. 337. 338.
340. Eridanus ist auf 342 bärtig gebildet, wie ihn auch
Avien 786 senior und 795 senex nennt. Dagegen zeigen
ihn die Exemplare der ersten und dritten Gruppe, auf denen
sein Kopf nicht ergänzt ist wie 337. 344, stets jugendlich1).
Ferner weist der Florentiner Sarkophag 342 noch fol-
gende Figuren auf, die auf dem Cameo fehlen: hinter Phae-
thon dessen trauernden Pädagogen, über Eridanus einen
Berggott, und links die im Verwandlungsprozesse befind-
lichen Heliaden.
Der Pädagoge ist sonst regelmäßig neben den Schwan
gestellt, 336—338. 340. 341. 343. 344 und hierdurch
wie durch den Umstand getäuscht, daß er auf 338 nicht
wie sonst einen Stab in seiner Rechten hält, sondern den
Flügel des Schwanes anfaßt, wonach er auch auf 344
ergänzt ist, hat man den Alten selbst als Cycnus auf-
gefaßt und eine Verbildlichung seiner Metamorphose an-
genommen, wie sie nur in der archaischen Kunst, z. B. bei
den Verwandlungen der Thetis gebräuchlich, in der ent-
wickelten Kunst, und vollends der römischen, ohne jede
Becher des C. Popilius, Hartwig Rom. Mitt. XIII 1898 Taf. XI S. 399 fr.),
sondern schon bei homerischen Bechern häufig vorkommt, s. Robert
Arch. Jahrb. XXIII 1908 S. 185 A. 3, Oidipus I 508. II 173 A.36. Zwar
sind die Figuren des Sol und der Aurora bei dieser Szene auch auf jün-
geren Sarkophagen zugegen, scheinen aber dem im Texte besprochenen
Gemälde fremd zu sein; die das eine Rad des Sonnenwagens rettende
Tethys ist durch Valerius Flaccus V 432 ss. literarisch bezeugt. Aber
die hier ganz deplacierte Diana und der blitzschleudernde Jupiter neben
ihr gehören doch wohl in eine Gigantomachie. K. Hähnle Arretinische
Reliefkeramik (Tüb. Diss. 1915) s- 7°f- scheint mir die Bedeutung der
Darstellung für die Mythologie weit zu überschätzen.
l) Dasselbe Schwanken zeigen die Sternkarten. Auf dem Globus des
Neapler Atlas ist er unbärtig, Thiele Antike Himmelsbilder Taf. VI, in
der Leidener Germanicushandschrift bärtig und dem Typus der ersten und
dritten Gruppe der dritten Klasse sehr ähnlich, Thiele a. a. O. S. 125
Fig- S°-
Analogie ist. Um dies zu können, mußte man eine Sagen-
form postulieren, in der der Ligurerfürst Cycnus, seit
Phanokles Phaethons Liebhaber2), ein Greis gewesen sei,
wofür man sich auf Claudian de VI. cons. Honorii 170: mu-
tatumque senem plumis et fronde sorores berufen zu können
glaubte. Indessen widerspricht Claudian dem selbst, wenn
er gleich darauf 173 Cycnique sodalis schreibt, jener frü-
here Vers ist offenbar folgender Stelle aus Vergils Aeneis
nachgeahmt X 189 fr.:
namque ferunt luctu Cycnum Phaethontis amati,
populeas inter frondes timbramque sororum,
dum canit et maestum Musa solatur amorem,
canentem molli phima duxisse senectam
linquentem terras et sidera voce sequentem.
Den letzten Vers hat Claudian mißverstanden, denn er
besagt nicht, daß Cycnus bei der Verwandlung ein Greis
aus der casa farnesina.
gewesen sei, sondern daß die Verwandlung in einen
Schwan ihm das Aussehen eines Greises gegeben habe:
canentem senectam pro albo colore neoterice dictum p7itant be-
merkt Servius ampl. Für die Sarkophage ist die Identität
des Alten mit dem Schwan dadurch ausgeschlossen, daß er
auf dem ältesten Exemplar 342 durch die Mittelgruppe von
ihm getrennt ist, die Benennung Cycnus dadurch, daß er
durchaus nichts Königliches an sich hat, vielmehr in dem
landläufigen Typus des Pädagogen erscheint. In der Lite-
ratur wird allerdings ein Pädagoge des Phaethon nicht er-
wähnt, wohl aber findet er sich auf einem Stuckrelief der
Casa Farnesina, das mit der oben S. 407 erwähnten An-
schirrungsszene zusammengehört und die Bitte des Phae-
thon darstellt; Mon. d. Inst. a. a. O. (danach unsere Abbild.),
Petersen a. a. O., Helbig a. a. O. Nr. 1332.
Ob nun dieser Pädagoge schon auf dem als Vorbild
erkannten Gemälde vorhanden war oder erst in den Sarko-
2) S. Knaack Quaestiones Phaethonteae 63.